Die Krieger 2 - Der Verrat der Königin
irgendwo beisammen sitzen und Pläne schmieden, um ihren Kindern zu Hilfe zu eilen. Aber das war natürlich nur ein frommer Wunsch.
***
Zejabel brannten immer noch tausend Fragen auf der Zunge, aber der Göttin schien nicht der Sinn danach zu stehen, ihre Neugier zu befriedigen. Sie hatten lange geredet, fast die ganze Nacht hindurch. Nachdem sie das Feuer mit Sand bedeckt hatten, glomm die Asche nur noch schwach vor sich hin. Ihr Gespräch endete abrupt, als Zuia zu meditieren begann, um sich in den Zustand der Entsinnung zu versetzen. Zejabel begriff, dass sie in dieser Nacht keine Antworten mehr erhalten würde. Sie stand auf und lief los. Ein Sprint am Strand entlang würde ihr helfen, ihre Gedanken zu ordnen.
Als sie Zui'a am Abend zuvor berichtet hatte, dass sich ein Schiff der Insel näherte, hatte sie nicht mit einer solchen Flut an Enthüllungen gerechnet. Die Göttin hatte bis zum letzten Moment gewartet, um ihr den Grund ihrer Reise zu offenbaren. Als sie endlich zu erzählen begonnen hatte, war Zejabel aus dem Staunen nicht mehr herausgekommen, und dabei wusste sie vermutlich immer noch nicht alles. Aber das war nicht einmal das Schlimmste.
Wie konnte es sein, dass ihr das alles jahrelang verheimlicht worden war? Die Kahati war dazu auserwählt, eines Tages das Erbe der Göttin anzutreten und Zui'a für die kommende Generation zu verkörpern. Sie hatte ihre Jugend geopfert, tausend Qualen auf sich genommen und zahlreiche Prüfungen bestanden, sie hatte an die hundert Rivalinnen besiegt – all das für die Ehre, Zui'a eines Tages ihren Leib zur Verfügung stellen zu dürfen. Und nun, da sie geglaubt hatte, endlich den ersten Abschnitt ihrer Ausbildung beendet zu haben, erfuhr sie plötzlich von den seltsamen Gesetzen, die in der Welt der Götter herrschten. Von den zwei Seiten des Jal. Den Bündnissen und dem ewigen Zwist der Unsterblichen. Das alles hatte nicht viel mit der einfachen Schönheit der Religion zu tun, die Zejabel seit ihrer frühsten Kindheit bewundert hatte und die sich in einem Satz zusammenfassen ließ:
Verdorbene Seelen werden einer gerechten Strafe zugeführt.
Denn Zui'a war eine Rachegöttin, die ehrenhafteste von allen Göttern. Selbst wenn manche ihrer Priester oder Boten ihren Namen befleckten, indem sie sich Gewaltexzessen hingaben oder ein Urteil voreilig vollstreckten, gab es für Zejabel kein höheres Ideal als das der Strafenden. Zumindest bis zu dieser Nacht. Als wollte sie vor ihren Zweifeln davonlaufen, rannte sie noch etwas schneller den Sandweg entlang, der im hellen Mondlicht lag. Sie hatte sich die Insel längst zu eigen gemacht und sprang von Fels zu Fels, um sich durch körperliche Anstrengung abzulenken. Ihre Welt war in den Grundfesten erschüttert worden. Sie, die dazu erzogen worden war, dem kleinsten Wink Zui'as blind zu gehorchen, hatte soeben herausgefunden, dass auch die Göttin Schwächen hatte. Und die größte dieser Schwächen war Angst.
Verwirrt von dem ungeheuerlichen Gedanken an eine Zukunft, die nicht allein in der Hand der Göttin lag, lief Zejabel unter dem Sternenhimmel zum Strand hinunter. Während der Sand unter ihren weichen Lederstiefeln knirschte, ihr die kalte Luft über das Gesicht strich und sie schneller atmete, versuchte sie sich an eine Welt zu klammern, die sie kannte und in der sich Götter nicht mit Dämonen verbünden mussten. Ihr Blick wandte sich unweigerlich dem Meer zu und fiel auf das Schiff, das in einigen hundert Schritt Entfernung vor Anker lag. Reglos stand sie bis zum Morgengrauen da und betrachtete die einsame Laterne, die das Deck der Gabiere beleuchtete, bevor sie sich geschmeidig wie eine Katze zur Mitte der Insel zurückzog.
Wer auch immer auf diesem Schiff war, würde bald zu ihnen kommen. Sie durfte sich nicht zu früh zeigen.
***
Im ersten Moment wusste Cael nicht, wo er sich befand, konnte nicht einmal sagen, ob es Tag oder Nacht war. Vage Angst stieg in ihm auf, als seine Verwirrung anhielt. Was war das für ein enges Zimmer, das er durch die halb geöffneten Lider sah? Wie war er hierher gekommen? Seit wann lag er schon so da?
Der stechende Schmerz in seinem Oberkörper weckte ihn endgültig. Unwillkürlich griff er sich an die Seite und stellte fest, dass ihm jemand einen Verband um die Brust gewickelt hatte. Gleich darauf erkannte er seine Kajüte auf der
Rubikant wieder
und nahm das fahle Morgenlicht wahr, das zu ihm hereinsickerte. Im nächsten Moment hörte er Nolans Stimme. »Bleib einfach still
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