Die Krieger 4 - Das Geheimnis der Pforte
aber was konnte er anderes tun, als an ihrer Seite zu bleiben? Zumal es niemanden gab, den er um Hilfe bitten konnte. Es war zum Verzweifeln.
Das bange Warten auf dem Meer unweit der Insel Züia machte alles nur noch schlimmer. Vor mehreren Dezimen hatten sie Nolan, Amanon und Zejabel ein gutes Stück nördlich vom Hafen abgesetzt, wo die
Othenor II
vor Anker lag. Seither beteten sie um die Rückkehr der Feluke, die sie in Leidjill gekauft hatten. Vielleicht waren ihre Gefährten gefangen genommen oder gar getötet worden?
Nolan, der sich wieder als Zü verkleidet hatte, könnte enttarnt worden sein, da nur Zejabel die Sprache der Einheimischen beherrschte. Die Sonne stand schon tief am Himmel, aber sosehr die Erben auch die Augen zusammenkniffen, es zeichnete sich kein Segel am Horizont ab. Irgendwann würde ihr Boot unweigerlich von einem feindlichen Schiff entdeckt werden, und mit ihren zwei armseligen Rudern war an Flucht nicht zu denken.
Nun wurde es rasch dunkel. Nach einer weiteren Dezime stummen Wartens sprang Kebree so plötzlich auf, dass das Boot wild zu schaukeln begann. Eryne, Cael und Bowbaq blickten hoffnungsvoll gen Süden, aber seit die Nacht ihren Mantel über die Welt gebreitet hatte, konnten sie nicht mehr viel sehen. Alle wandten sich dem Wallatten zu, der sich lauernd über den Rand des Ruderboots gebeugt hatte.
»Da ist was im Wasser«, sagte er leise.
Während er seine Lowa zog, ließ sich Eryne von der Bank auf den Boden des Boots gleiten. Behutsam legte ihr Bowbaq Niss in die Arme. In diesen Gewässern trieben zahlreiche Meeresraubtiere ihr Unwesen, und keiner von ihnen hatte den riesigen Talantenhai vergessen, den die Züu-Fischer in den Hafen geschleppt hatten. Wenn es einem solchen Monstrum einfiel, sie anzugreifen, würde ihre Nussschale nicht lange standhalten.
Hastig stellten sich Keb, Cael und Bowbaq an den Längsseiten und am Bug auf. Etwa eine Dezille, nachdem Keb Alarm geschlagen hatte, hörte Bowbaq ein Rauschen, als schwimme dicht unter der Wasseroberfläche ein großer Körper auf sie zu.
Die anderen hatten das Geräusch ebenfalls vernommen. Eryne versuchte, eine der Öllampen zu entzünden, aber vor Anspannung zitterte ihre Hand so sehr, dass es eine Weile dauerte, bis sie den Docht in Brand gesteckt hatte. Entmutigt stellten die Erben fest, dass der Lichtschein nur wenige Schritte aufs Wasser hinausreichte, was ihnen noch mehr Angst einjagte, weil sie jetzt in jedem tanzenden Schatten eine Schwanz- oder Rückenflosse zu erkennen glaubten.
Das Rauschen kam immer näher. Mal schien es von steuerbord zu kommen, mal vom Heck, mal vom Bug und dann wieder aus allen Richtungen zugleich, so dass die Erben nicht einmal sagen konnten, ob es sich um ein Tier oder mehrere handelte.
Plötzlich fiel Bowbaq Reexyyl ein: Hatte der Leviathan sie wiedergefunden? Doch dann hätte er sie wohl schon längst angegriffen.
Nach einer Weile glättete sich die Wasseroberfläche wieder. Das Meerestier oder, was auch immer es gewesen war, schien weitergeschwommen zu sein. Aber noch bevor Bowbaq erleichtert aufzuatmen wagte, hörte er neben den Wellen, die gegen den Rumpf schwappten, ein sonderbares Klackern. Im selben Moment begann sich das Boot zur Seite zu neigen.
Keb packte die Lampe und beugte sich über Bord. Er stieß einen wüsten wallattischen Fluch aus und hieb mit der Lowa wie wild auf etwas an der Außenseite ein. Vor lauter Hast verlor er das Gleichgewicht, und Bowbaq konnte ihn gerade noch rechtzeitig am Gürtel packen, bevor er kopfüber ins Wasser fiel.
»Dieses Mistvieh hat sich am Boot festgeklammert!«, rief Keb. »Es sieht aus wie eine Raupe mit einem riesigen Maul!«
»Ein Dornhai«, sagte Eryne tonlos. »Bei Eurydis! Mit seinen giftigen Widerhaken lähmt er seine Beute. Wenn es ihm gelingt, sich an Bord zu ziehen …«
Mehr musste sie nicht sagen. Cael, Keb und Bowbaq hatten abermals Posten bezogen und überwachten jetzt den Rumpf des Ruderboots. Mittlerweile war es stockfinster, was die Sache nicht leichter machte. Als das Klackern kurz darauf von neuem ertönte, war klar, dass Keb den angriffswürdigen Dornhai nicht in die Flucht geschlagen hatte oder sie von mehreren Raubfischen attackiert wurden.
Erschrocken beobachtete Bowbaq, wie Cael mehrmals mit dem Rapier zustieß, aber es wirkte eher, als dresche er auf ein empfindungsloses Stoffbündel ein. Bowbaq machte einen großen Schritt über Eryne hinweg und beugte sich ebenfalls zu dem Dornhai hinunter. Bei seinem
Weitere Kostenlose Bücher