Die Krieger der Königin: Falkenherz
Etwas lief schrecklich schief, und Loren bemerkte es einfach nicht.
»Natürlich nicht«, verkündete sie selbstgefällig. »Ich bevorzuge echte Männer.«
Er grinste. »Gut.«
Von ihnen allen bewegte sich Shore als Erste. Kreischend packte die kleine Sylphe ihre Meisterin und ließ ihre menschliche Form fallen. Sie umschlang ihre Herrin mit Seilen aus Wasser und riss sie rückwärts vom Rand des Kais. Lizzy sah die Überraschung auf Lorens Gesicht, kurz bevor die beiden mit einem lauten Platschen untergingen. Der Mann mit den Tätowierungen schloss seine Arme über der leeren Stelle, wo Loren gestanden hatte, dann wirbelte er wütend zu Lizzy und Justin herum.
»Packt sie!«, schrie er. »Ihr wisst, was sie wert sind!«
Justin floh. Er ließ Lizzys Hand los, drehte sich um und rannte hysterisch schreiend den Kai entlang. Überraschte Fischer beobachteten seine Flucht und blockierten so unabsichtlich seine Verfolger und auch Lizzys Fluchtweg. Wütend trat sie einen der Kumpanen des Tätowierten gegen das Knie, als er auf sie zusprang, dann duckte sie sich in die andere Richtung. Sie hatte keine Ahnung, ob sie schwimmen konnte, aber sie hatte vor, es herauszufinden.
Aber sie war nicht schnell genug. Einen Schritt vor dem Rand des Kais packte der Mann, mit dem Loren geflirtet hatte, sie um die Hüfte und drückte sie gegen seine breite Brust. Lizzy schrie, wand sich und trat aus, aber ihr Vater hatte ihr nie beigebracht, wie man richtig kämpfte. In Sylphental lebten so viele Krieger, dass es dafür keinen Grund gab. Aber keiner von ihnen konnte auf solche Entfernung ihre Schreie hören, und die Fischer in der Nähe starrten sie nur unsicher an. Ein paar wirkten, als wollten sie etwas sagen, aber dann zogen der Tätowierte und seine Kumpanen Messer und grinsten böse.
Der Seemann trug Lizzy zu seinem Boot und ignorierte ihre Bemühungen, sich zu befreien. Sie schaffte es, einen Arm freizubekommen, und schlug ihm gegen das Ohr, aber das brachte ihr nur einen bösen Blick ein, bevor er sie in das Boot warf. Sie knallte auf eine Sitzbank und konnte für einen Moment nicht atmen. Das Boot schaukelte, wegen des Aufpralls und der Männer, die einstiegen. Einer von ihnen setzte sich direkt neben Lizzy, packte sie am Nacken und drückte sie nach unten, während ihr Anführer ihnen zuschrie, abzulegen und den Rest der Ladung zu vergessen, weil das Mädchen wertvoller war. Lizzy hatte keine Ahnung, weswegen.
Panisch vor Angst und Schmerzen fing sie an zu schluchzen. Sie schrie um Hilfe, aber niemand hörte sie und niemand kam. Das Boot löste sich vom Kai und bewegte sich auf die offene See hinaus, wo die großen Schiffe aus einem Dutzend verschiedener Königreiche ankerten. Die Männer, die sie gefangen hatten, fingen an zu lachen. Lizzy konnte nur auf den Boden des Bootes starren, unfähig aufzuschauen und zu sehen, ob jemand ihre Entführung beobachtete.
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3
S eit sechs Jahren, seit dem ersten Tag, an dem sie von zu Hause weggelaufen war, um einer arrangierten Ehe zu entfliehen, hatte Solie ein außergewöhnliches Leben geführt. Das Abenteuer hatte sie in die Arme eines Kriegssylphen getrieben und fort von allem, was sie je gekannt hatte. Letztendlich war sie Königin geworden. Aber sie wusste, wie viel Glück sie gehabt hatte und dass alles hätte ganz anders kommen können. Schlimmer.
Ihr Kriegssylph, Hedu, fühlte diese Erkenntnis in ihr und auch ihr Entsetzen und ihre Wut. Er war bereit, den Boten wegen der Nachricht anzugreifen, die er brachte und den Gefühlen, die diese in seiner Königin auslöste.
Solie streckte die Hand aus, packte seinen Arm und hielt ihn fest, bis er sich dazu zwang, sich zu entspannen. »Weißt du, wo sie sie hingebracht haben?«, fragte Solie und beugte sich in dem großen, steinernen Sessel vor, den die Erdsylphen ihr als Thron gefertigt hatten. Sie hatten ihn mit aufwändigen Schnitzereien versehen, so dass er so zerbrechlich wirkte wie eine Schneeflocke, und Solie hatte Kissen darauf gestapelt, damit sie bequem saß. Eines der Kissen fiel auf den Boden, aber sie bemerkte es nicht, sondern starrte auf die Gruppe, die vor dem niedrigen Thronpodest stand. Solie wollte nicht, dass jemand sich vor ihr verbeugte.
Der Älteste der drei war ein Mann, den Hedu nicht besonders gut kannte. Er beobachtete ihn genau, als der Mensch mit niedergeschlagener Miene den Kopf schüttelte. Er war bestürzt – das konnte Hedu fühlen –, aber trotzdem war er ein fremder Mann. Hedu hatte
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