Die Krieger der Königin: Schattenmacht: Roman (Knaur TB) (German Edition)
war so schnell passiert, Hedu war am Boden zerstört; sie hatte noch keine Zeit gehabt, an Galways Familie zu denken oder an die Frau, die sich sowohl ihr als auch Hedu gegenüber bei Besuchen so mütterlich verhielt.
»Lass sie eintreten.« Sie schluckte schwer.
Ril nickte und wandte sich ab. Dillon trat neben Solie und setzte sich, als die Tür aufschwang und den Blick auf Galways Ehefrau und seinen ältesten Sohn freigab.
Iyalas Gesicht war bleich, aber sie wirkte gefasst, als sie sofort die Arme nach Solie ausstreckte. Die junge Königin warf sich schluchzend hinein. Die ältere Frau umarmte sie und flüsterte ihr beruhigende Worte zu. Es schien seltsam, dass die Witwe sie beruhigte. Eigentlich sollte es andersherum sein, aber Solie konnte einfach nicht aufhören zu schluchzen.
»Es ist in Ordnung, mein Entchen«, sagte Iyala. »Es ist in Ordnung.«
Während die zwei Frauen sich umarmten, ging Nelson mit bleichem Gesicht an ihnen vorbei ins Schlafzimmer. Beide Krieger beobachteten ihn, aber keiner bewegte sich.
»Hedu?«
Sein Stiefbruder und liebster Unruhestifter lag auf dem Bett, seine Uniform schmutzig und zerknittert. Nelson schluckte schwer, als er Blut auf dem Stoff entdeckte, trat aber trotzdem neben ihn. »Hedu?«, rief er wieder.
Hedu antwortete nicht, sein Kopf blieb unter dem Kissen begraben. Nelson war sich nicht sicher, wie er auf diese Art überhaupt atmen konnte. »Komm schon, Hedu, ich habe gerade meinen Vater verloren. Schließ mich nicht aus!«
Langsam drehte Hedu den Kopf, um ihn anzusehen. »Es tut mir leid«, flüsterte er.
Nelson sank auf die Bettkante. »Es ist nicht deine Schuld.«
»Ich hätte bei ihm sein müssen. Ich hätte ihn beschützen müssen.«
»Du kannst nicht überall sein.«
Hedu schloss die Augen. »Ich hätte dort sein müssen.«
Nelson stieß den Atem aus. Sein Herz tat weh, und er fühlte sich, als hätte ihm jemand in den Magen geschlagen. Sein Vater, der Mann, der ihn aufgenommen und ihm ein Zuhause und die Chance auf ein gutes Leben geschenkt hatte … Es war schwer zu glauben, dass er tot war. Aber zu sehen, wie Hedu sich selbst zerstörte, war noch schlimmer.
Seine Mutter war die Erste gewesen, die erkannt hatte, wie schwer der Krieger es nehmen würde. Nelson wusste nicht, wie sie mit der Trauer um ihren Ehemann umgehen und dabei noch an Hedu denken konnte, aber sie hatte heute mit ihm darüber geredet. Hedu gehörte zur Familie, daran hatte Mom ihn erinnert und daran, dass die Familie wichtiger als alles andere war.
»Hedu«, sagte er, »ähm, Hedu, ich bin hergekommen, um dir zu sagen, dass ich den Platz meines Vaters einnehmen will.«
Der Krieger schaute auf.
»Als dein Meister, damit du dich ernähren kannst und, ähm, um dich in der Familie zu behalten.«
Hedu starrte ihn an.
»Ich meine, ähm, Dad hat uns erklärt, was es bedeutet, ein Meister zu sein, und wie wichtig es ist, das nicht auszunutzen. Du weißt, dass Dad dir nie etwas befohlen hat.«
Hedu richtete sich langsam auf. »Nein. Allerdings hat er mir manchmal sehr eindringlich Dinge vorgeschlagen.«
»Mir hat er auch oft eindringlich etwas vorgeschlagen.« Nelson grinste. Hedu grinste zurück, dann waren sie beide plötzlich wieder ernst und dachten an Galway.
Schließlich warf Hedu Nelson einen fast scheuen Blick zu. »Du willst mein Meister sein?«
Nelson nickte. »Mom und ich haben darüber geredet. Wir vertrauen niemandem außerhalb der Familie genug, um dich herzugeben. Außer natürlich Solie, aber Dad hat immer gesagt, dass du dich von ihr nicht nähren sollst. Also haben wir uns für mich entschieden, da ich jünger bin als Mom und so.« Er errötete. »Ist das okay für dich?«
Hedu dachte einen Moment darüber nach, dann zuckte er mit den Schultern. »Sicher.«
Solie beobachtete die beiden von der Tür aus und seufzte. Sie war froh, dass Nelson dieses Angebot gemacht hatte. In gewisser Weise musste Hedu sie mit jeder Sylphe des Stockes teilen. Er liebte sie, das bezweifelte sie nicht, aber einen Meister zu haben, der ganz ihr gehört, war ein Grundbedürfnis jeder Sylphe.
Sie ging zurück ins Wohnzimmer, um den beiden Zeit zum Reden zu geben. Später wäre ihre Anwesenheit vonnöten, um sie aneinanderzubinden, aber für den Moment … Sie legte eine Hand auf ihren Bauch und ging zurück zu Iyala. Dillon saß am Fenster und ließ sie nicht aus den Augen.
»Wie geht es dem Baby?«, fragte Iyala.
»Gut. Dein Sohn wird der neue Meister von Hedu.«
Iyala lächelte.
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