Die Krieger von Gordolon (German Edition)
zu ermorden, bevor dieser überhaupt begriffen hatte, was mit ihm geschah. Ein leichter Anflug mit Misstrauen überkam ihn. Er entschied den König auch danach zu fragen und ging mit gedankenverlorener, aber strenger Mine weiter.
Endlich waren die Stufen zuende und er befand sich in einem Raum, von dem aus man die ganze Festung überblicken konnte, denn als er sich dem Buntglasfenster entgegen an den rauen Granitstein der Wand lehnte, erkannte er unter sich den Burghof, auf dem seine Kameraden immer noch geordnet auf ihren Rössern saßen, zwar leicht durch die Scheibe verzerrt und wie Schemen, dennoch gut erkennbar. Er sah Dario, den starken Hochländer, dann Rocan, den Elfen aus dem fernen Südwesten, und Kelt, den Zwerg. In diesem Moment wurde ihm klar, dass gerade die Leute, gegen deren Bündnis sie kämpften, in seiner Truppe Hand und Hand, Seite an Seite fochten. Hier waren die Rassen alle bunt zusammengewürfelt, einzig Gnome und Trolle fehlten zu diesem Paradebeispiel der Lächerlichkeit. Anscheinend waren sie alle nur wegen des Geldes schlechte Menschen - oder Elfen und Zwerge - geworden.
Auf einmal öffnete sich eine schmale Tür, dort, wo sich gar keine Tür befand. Und selbst jetzt sah Kajetan nichts, da war nur die Erinnerung ein Geräusch gehört zu haben. Nun erklang der kratzende Laut ein zweites Mal und diesmal erkannte der Truppführer und Feldherr, dass sich etwas hinter dem roten Wandteppich dort drüben regte, gleich einem Maulwurf unter der Erde, der nur erdige Hügel von sich hinterlässt. Mit der Hand auf dem Schwertgriff wartete er ab, bis der Teppich zur Seite gestoßen wurde und sich eine hagere Gestalt darunter hervorschob. Es war ein kleiner Mann mit verwitterten Zügen und einem grauen Bartansatz um den Mund. Gehüllt war er in Rot, Gold und Violett, alles Samt und Seide, ein echter, von Politik zerstreuter König eben. Um seinen Hals trug er eine goldene Kette, an deren Ende ein Medalliong mit dem Emblem der Königsfamilie: eine Krone, über die sich ein züngelnder Schlangendrache bewegte, zum Teil um das Metall gewickelt. In seinem Blick lag etwas hochnäsiges und Etwas Präsentierendes, als würde er sagen: „Schaut mich an, was ich für ein schlauer Kerl bin!“
„Man kann nicht vorsichtig genug sein in diesen Zeiten.“, sagte der König dann doch und schüttelte dem Mann, der ihn offenbar um zwei Köpfe überragte, die Hand. „Der Feind versucht mit allen Tricks hier in die Festung zu kommen, also gab ich meinem Festungstorwächter den Befehl: alle Lebewesen ohne triftigen Grund wieder fortzuschicken...“ Er räusperte sich. „Ganz sicher gehen kann man natürlich nie, Truppführer...“
„...Josias Kajetan...“, sagte der Krieger und schüttelte dem König die Hand. Dieser verzog dabei leicht das Gesicht, da Josias seine Hand wohl zu fest drückte.
„König Valbrecht, Herr von Krakenstein und den umliegenden Gefilden und so weiter...“ Er machte eine abfällige Geste und fragte dann nach dem Grund ihres Aufenthaltes hier.
„Wir haben eine Nachricht von dem hiesigen Hexenmeister erhalten.“, antwortete Kajetan und wippte etwas ungeduldig mit dem Fuß.
„Meister Timotheus?“ Sein blick war erstaunt. „Er hätte es mir gesagt, wenn er einen Boten losgeschickt hätte... Glaubt Ihr wirklich, dass er euch herberufen hat?“
„Da bin ich sicher!“, murmelte der Truppführer und zog ein eingerolltes Stück Pergament unter seinem Lederschutz hervor. Er hielt Valbrecht das Papier hin, der still zu lesen begann.
Als er fertig war, seufzte er und warf einen beurteilenden Blick zu seinem Gegenüber hinauf.
„Es scheint wirklich seine Schrift zu sein... Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er vergessen hat mich zu benachrichtigen...“ Er schwieg betrübt, hatte offensichtlich eine gute Freundschaft mit dem Hexenmeister gepflegt. „Nun denn,“ sagte er dann. „ich werde Euch in den Warteraum bringen. Ich benachrichtige ihn und dann wird er kommen. Euren Freunden gebe ich eine Unterkunft in der Wachstube...“
Er wollte sich gerade umdrehen und fortgehen, als Josias Arm hervorschnellte und seine Schulter packte. Sein Gesichtsausdruck war ernst.
„Wir brauchen keinen Schlaf und wollen auch nicht warten. Lieber möchten wir sofort zu Meister Timotheus gelangen!“
Valbrecht stutzte, zog die Augenbrauen nachdenklich hoch. Ein gefährlicher Moment entstand, in welchem sich die Beiden feindselig in die Augen starrten.
„Ich werde dafür sorge tragen, dass
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