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Die Kristallsaengerin

Die Kristallsaengerin

Titel: Die Kristallsaengerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCaffrey
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Tränen. Obwohl sie halb wünschte und halb fürchte-te, einem Ihrer Kommilitonen zu begegnen, der sich nach dem Grund für ihre Tränen erkundigen und sie in ihrem Unglück bedauern würde, war sie überaus erleichtert, als sie endlich ihr Zimmer erreicht hatte, ohne jemandem über den Weg gelaufen zu sein. Dort angekommen, überließ sie sich ihrem Elend, ihr Schluchzen steigerte sich in Hysterie, bis sie schließlich, halb erstickt, nur noch erschöpft nach Atem ringen konnte.
    Wenn ihr Körper auch gegen den Gefühlsausbruch protestierte, so weidete sich ihr Geist doch daran. Denn sie war ge-täuscht und irregeführt worden — und wer wußte, wieviele ihrer Komilitonen insgeheim über ihre Träume von ruhmreichen Triumphen auf der Konzert-und Opernbühne gelacht hatten.
    Killashandra besaß ein ausgeprägtes Maß an jener Selbstgefälligkeit und jenem Selbstbewußtsein, das man für den von ihr erwählten Beruf haben mußte und bei dem es keine Beschei-denheit gab; sie war überzeugt gewesen, daß Erfolg und Ruhm nur eine Frage der Zeit seien.
    Jetzt hätte sie sich vor Scham verkriechen können bei der lebhaften Erinnerung an ihre Selbstsicherheit und Arroganz.
    Sie war mit einer solchen Zuversicht an das Vorsingen an diesem Morgen herangegangen und hatte die zur Fortsetzung ihres Studiums als Sängeraspirantin notwendige Empfehlung als selbstverständlich vorausgesetzt. Killashandra sah noch die freundlichen Gesichter der Prüfervor sich; einer von ihnen hatte sogar geistesabwesend zum Takt ihrer Probearien und -lieder genickt. Sie war fehlerlos in den Tempi gewesen; darin hatte sie eine sehr gute Bewertung bekommen. Wieso hatten sie nur so — so beeindruckt ausgesehen? So ermutigend?
    »Die Stimme ist für die Dynamik der Oper ungeeignet. Das unangenehme Schnarren ist allzu deutlich hörbar.«
    »Ein gutes Instrument, wenn von Orchester und Chor begleitet, wo der kratzende Unterton nicht auffällt.«
    »Ausgeprägte Chorleiterqualität: der Studentin sollte auf alle Fälle von Soloarbeit abgeraten werden.»
    Unfair! Es war einfach unfair! Wie hatte man sie nur so weit kommen lassen können, wie hatte man zulassen können, daß sie sich einer Selbsttäuschung hingab, nur um jetzt die Niederlage präsentiert zu bekommen? Und als Trost bot man ihr eine Chorleitung an! Wie erniedrigend und schmählich!
    In ihrer gequälten Erinnerung tauchten die Gesichter ihrer Geschwister auf, die sie mit ihrem, wie sie es nannten »Kreischen was das Zeug hält« gehänselt hatten. Sie hatten sie auf-gezogen, weil sie so viel Zeit mit Fingerübungen und mit dem Bestreben verbrachte, die Harmonien der seltsamen Außenwelt-musik zu »begreifen«. Ihre Eltern hatten sich mit Killashandras Berufswahl einverstanden erklärt, weil ihre Ausbildung erstens von Fuertes planetarischem Schulsystem finanziert wurde, dieser Beruf zweitens ihr eigenes Ansehen in der Gesellschaft erhöhen würde und ihre Tochter drittens von ihren früheren Musiklehrern zu dieser Wahl ermutigt worden war. Ihre Musiklehrer! Hatte sie den Fehler in ihrer Stimme möglicherweise der Ungeschicktheit einem dieser Dummköpfe zu verdanken?
    Killashandra wälzte sich in einem Anfall von Selbstmitleid auf ihrem Bett herum.
    Was hatte sich Valdi noch erdreistet, ihr vorzuschlagen? Eine verwandte Kunstrichtung? Eine Synthetikerin? Pah! Ihr Leben in Nervenkliniken zu verbringen und Leute mit einem geistigen Knacks zu befriedigen, nur weil ihre Stimme einen hatte?
    Oder Kristalle mit einem Knacks in Ordnung zu bringen, damit interplanetarischer Verkehr oder das Kraftwerk von irgend jemandem reibungslos weiterlaufen konnte?
    Mit einem mal wurde ihr bewußt, daß ihre Verzweiflung reines Selbstmitleid war; sie richtete sich auf und starrte in den Spiegel an der gegenüberliegenden Wand, der Spiegel, der diese ganzen langen Stunden des Studiums und der Selbstperfek-tion reflektiert hatte. Und alles war nur eine Selbsttäuschung gewesen!
    Abrupt machte sich Killashandra von ihrem Schwelgen in Selbstmitleid frei und sah sich in ihrem Zimmer um. Der Raum wurde vom Vidifax mit der vollen Adresstastatur beherrscht, die an das Musikarchiv angeschlossen war und ihr Zugang zu den musikalischen Daten einer ganzen Galaxis erlaubte. Ihr Blick glitt über die Reproduktionen von Probeaufführungen, bei denen sie immer eine Hauptrolle gehabt hatte, und sie begriff, daß es am besten für sie war, die ganze verdammte Sache einfach zu vergessen! Wenn sie schon nicht ganz oben sein konnte,

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