Die Kristallwelt der Robina Crux
„Paß auf, daß sie deine Kurve nicht mal aufzeichnet, wenn ihr allein seid, und uns dann beibringt, wie man sie über dem Detektor glättet…“ Ich wollte, ich hätte jetzt eine Vielzahl solcher Bilder zur Verfügung, dachte Robina bedauernd. Und sie war sich darüber im klaren, daß es ihr keineswegs immer gelingen würde, eine beliebige Stimmung so nachzuempfinden, daß der Birne in der Lage wäre, sie zu analysieren und darauf einzugehen.
Aber, hier half kein Wenn und Aber. Nur der Versuch konnte Klarheit schaffen.
Zwei Dinge erfüllten Robina mit Besorgnis: Wird der Birne so viel Geduld aufbringen und mit sich derartige Experimente veranstalten lassen, oder wird er sich seines Hauptprogramms entsinnen und nicht mitspielen? Schließlich dürfte seine Speicherkapazität nicht grenzenlos sein.
Robinas zweite Befürchtung bedeutete Schlimmeres: Wie würde sie einen völligen Fehlschlag verkraften? Es war da eine ungeheure Hoffnung heraufbeschworen. Nicht nur, daß ein Pseudogefährte aus dem Birne erwachsen konnte, der die dreißig Jahre kurzweiliger gestalten konnte, Robina erwartete mehr: Wenn es gelänge, seinen Speicher zu erschließen, seine Fähigkeiten voll zu nutzen, ihn sich völlig hörig zu machen, dann konnte das, so weit ging Robina in ihren kühnen Spekulationen, Kommunikation und Verständigung mit den Anderen bedeuten und – gezielte Nutzung des Senders in Richtung Erde.
Und hatte sie sich auch fest vorgenommen, daß nichts sie würde aus der Bahn werfen können, so fühlte sie doch, ein totaler Mißerfolg könnte ein so schwerer Schlag sein, daß ein Vorsatz allein nicht helfen würde…
Diese Überlegungen brachten Robina dazu, den nächsten Kontakt mit dem Roboter noch sorgfältiger vorzubereiten und das Vorhaben wieder und wieder zu überprüfen.
Sie entwarf und verwarf Varianten, sorgte dafür, daß stark gegensätzliche Beeinflussungen auf die Maschine einwirken würden, damit dem Roboter eine Entscheidung leichter fallen könnte.
Robina probte. Zu diesem Zweck suchte sie die unterbolidischen Räume auf, stationierte ihre Verstärkeranlage in einem anderen Zimmer, in jenem mit den seltsamen Skaphandern, stellte die Apparatur so, als sei der Roboter bereits anwesend, und übte.
Sie speicherte die Kurven der Stromverläufe, verglich die Verläufe untereinander, baute die Unterschiede aus.
Dabei verausgabte sie sich. Nach vier bis fünf Gefühlssendungen war sie jedesmal so erschöpft, daß sie eine längere Pause einlegen mußte. Aber sie fand auch danach nicht mehr die nötige Konzentration, so daß sie sich vornahm, ihr Live-Programm ebenfalls auf diese Größenordnungen zu kürzen. Außerdem durfte der Birne nicht überfordert werden.
An den Abenden nach solchen Probetagen fühlte sich Robina zu keiner Tätigkeit mehr fähig. Sie schlief in dieser Zeit fest und traumlos, und das betrachtete sie als ein gutes Zeichen, als Ausdruck dafür, daß sie trotz der Anspannung mit ausgeruhten Nerven in das Duell gehen würde.
Sie kam nicht dazu, erneut den Signalhacker zu installieren.
Nach zwölf Tagen Vorbereitung stellte Robina fest, daß sie die entscheidende Begegnung wieder einmal hinauszögerte. Sie fühlte sich im Zweifel, ob sie auch wirklich genügend vorbereitet sei. Noch einmal, dachte sie, bringe ich die Kraft nicht auf, mir Neues auszudenken, was wohl auch? Robina war unentschlossen, obwohl die Testergebnisse zufriedenstellend schienen.
Bei diesem Stand der Dinge schob Robina einen Tag der Erholung und Sammlung, wie sie es nannte, ein, einen Tag, an dem sie nicht an das Vorhaben denken wollte. Einen Ausflug auf die schwarze Hälfte des Boliden wollte sie unternehmen, eine Expedition, die sie sich schon lange vorgenommen hatte.
Sie konnte sich erinnern, daß diese Seite bei dem einmaligen kurzen Aufenthalt dort mit Frank und Mandy unwirtlich und abstoßend auf sie gewirkt hatte, daß es dort aussah, als sei ein gewaltiger Steinbrecher am Werke gewesen: überall harte, rissige, schwärzliche und scharfkantige Bruchflächen. Aber das war nun schon über ein Jahr her und ein oberflächlicher Eindruck.
Robina frühstückte gut, lud das vorgeschriebene kleine Notgepäck auf und fuhr dann mit dem Eselchen in den äußersten Winkel der Ebene, von wo aus, wie sie annahm, die kürzeste Entfernung bis zur anderen Seite des Boliden zurückzulegen war.
Schon nach den ersten Kilometern wurde das Gelände fast unpassierbar. Sie durchdrang Kristalldschungel, Trümmerfelder, umging,
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