Die Kristallwelt der Robina Crux
tat es vorsätzlich, um die eben erlangte Auffassung über ihr Verhältnis zur Birne zu festigen.
Ja, damals war das, an einem siebenten Mai, einem herrlichen Tag, angetan, auf jedes Gesicht Lebensfreude zu zaubern, einem Tag, an dem es barbarisch erscheinen sollte, zu streiten oder finsteren Gedanken nachzuhängen.
Robina sah sich durch die Straßen schlendern, trödelnd, scheinbar ohne Ziel, ein müßiger Passant wie viele. Robina dachte überhaupt nicht oder zwang sich, so zu tun, als ob sie nicht dächte. Und so ziellos ihr Bummel schien, sooft sie auch in Nebenstraßen abbiegen mochte, sie kam dem Institut doch näher und näher. Nur, viel zu früh war sie aufgebrochen, viel zu früh aufgestanden, und die Zeit troff zäh wie Algenbrei.
Allmählich glomm Zorn in ihr auf, ohnmächtiger, nicht sehr aggressiver, weil durch eine gewisse Einsicht gedämpfter Zorn. Auf Donas und auf Willfart. Wie konnten sie ausgerechnet den Versuch auf einen solchen Tag legen, noch dazu, wo ich frei hätte und wo morgen die Territorialwoche für mich beginnt. Obwohl Robina die Zusammenhänge kannte, die zu dieser Terminfestlegung geführt hatten, fand sie, daß ihr einseitiger Hader mit den beiden Dozenten die Furcht überdecken half. Als sie vor dem hochausladenden Institutsgebäude stand, waren der Gedankenstreit und alle von den Freunden so mühsam in ihr errichteten Vorsätze zerronnen. Was blieb, war Angst, unentrinnbare, sie gleichsam magnetisch anziehende Angst.
Sie meinte, daß jedermann das Beben ihres Körpers bemerken müßte, und mehrmals sah sie sich nach Leuten um, von denen sie meinte, daß sie sie mehr als zufällig gemustert hätten.
Sie zog sich, so empfand sie wenigstens, die Stufen hoch, als klebten die Füße mit der ganzen Sohle in Honig. Und in der Tat, so süß und zum Verweilen lockend erschienen ihr der Tag und jede Stufe, die noch zu ihm gehörte.
Und dann ging alles ruck, zuck. Robina wurde von Willfarts Mitarbeiterin empfangen, in die Halle begleitet, dort von Willfart begrüßt wie eine alte Bekannte, nicht wie eine Lernende, als sei sie eben mal so vorbeigekommen. „Na, Mädchen, hast du ein Glück. So ein herrlicher Tag heute. Und ab morgen die Territorialwoche. Seht zu, daß ihr draußen was machen müßt, so eine Baukontrolle oder, noch besser, nachsehen, ob die Badestrände in Ordnung sind. Der Boden ist feucht, da lassen sie es noch lange nicht regnen. Apropos: Weißt du, daß wir einen neuen Klimatechnologen haben? Vor drei Jahren von Willfart ausgebildet. Also, wenn du mal ein besonderes Wetterchen brauchst, der Junge ist nicht so, du kennst mich ja. Wer von Willfart kommt, ist in Ordnung, ob er nun das Wetter bändigt oder Felder. Und so ein Stündchen. Für seinen Rapport hat er dann gewiß ein kleines Defektchen bei der Hand. Das merkt keiner. Unlängst, da brauchte ich für einen Ausflug zu zweit Sonnenschein und dann – Regen, heftigen, du verstehst – verstehst nicht? Na, auch gut, mach erst mal das eine fertig…“
Robina lachte. Es war Willfart gelungen, sie eine Zeitlang abzulenken. „Na, dann mach mal schnell, da hast du den Tag noch vor dir“, forderte Willfart sie auf, ernster geworden, aber immer noch ein wenig verschmitzt.
Sie standen unvermittelt am Steuerpult, und Willfart machte mit beiden Händen eine einladende Bewegung. Und ebenso freundlich auffordernd hielt die Kollegin die Kopfsonden bereit. „Wie…?“ fragte Robina ein wenig verwirrt, „sofort?“
Willfart nickte lächelnd, und benommen ließ sich Robina die Fühler anbringen.
Sie legte beide Hände und den rechten Fuß auf die Steuermanipulatoren und schloß die Augen. Sie brauchte Sekunden der Sammlung. Dieser Willfart hat mich einfach überfahren, dachte sie. Und eigentlich habe ich mir einen derartigen Qualifizierungsnachweis anders vorgestellt, würdiger, feierlicher vielleicht. Schließlich handelt es sich um den höchsten Grad der Feldsteuerung.
Langsam begriff Robina. Und sie mußte dann doch anerkennen, daß es Willfart vortrefflich gelungen war, diesen häßlichen Angstdruck, der sich gewiß ins unerträgliche gesteigert hätte, von ihr zu nehmen. Alles verlief wie ein planmäßiges, gewöhnliches Experiment, nichts deutete auf die Sicherungsmaßnahmen hin, die ein heißer Test erforderte, niemand außer Willfart war bei ihr, der ihr auf die Finger gucken würde, auch die Assistentin nicht mehr, keins der sieben oder acht Mitglieder der Gutachterkommission ließ sich blicken. Vielleicht
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