Die Kristallwelt der Robina Crux
saßen sie vor Schirmen irgendwo, möglicherweise gespannt, wie sich der bisher jüngste Feldoperator der höchsten Aufgabe gewachsen zeigen würde. Noch einmal nahm Robina die Hände von den Griffen, wischte über das Trikot, und dann fragte Willfart: „Fertig?“
Sie drehte steif den Kopf zu ihm hin. Er saß am Kopult, hatte ebenfalls die Fühler angelegt, die Hände hielt er jedoch vor dem Leib verschränkt, überhaupt hatte er sich hingefläzt, der Situation unwürdig – wie Robina empfand. Die Griffe an seinem Pult waren verplombt, wie es die Vorschrift erforderte. Vorsintflutlich. Hoffentlich lassen sich die Plomben auch schnell lösen, wenn er eingreifen muß. Großer äußerer Schaden würde bei der Fusion zwar nicht entstehen können, aber der entsprechende A-Heliumbunker wäre hin und damit die Arbeit – wie hatten sie es uns eingebleut – von siebenhundertdreißig Mannjahren, vom Material ganz zu schweigen.
Robina legte die Hände erneut auf die Griffe. Wenige Augenblicke später begann das bis dahin bewegungslose grüne Strichkreuz auf dem kleinen Schirm zu flattern, dann zu flackern und in gedämpfte, unregelmäßige Sinusschwingungen überzugehen. Irgend jemand aus der Gutachtergruppe verstellte die Haltefeldintensität.
„Na warte, Freund!“ Eine Art freundlichen Grimms bemächtigte sich Robinas.
Erst jetzt, bei den ersten Anzeichen der Unregelmäßigkeiten, hatte sie die Sehadaption zugeschaltet. Langsam verdeutlichte sich das Bild der rötlichen, träge rotierenden Kugel.
Hoppla, die gehen aber ran, dachte Robina noch, als sie die Deformationen und beulenartigen Auswüchse der Fangfeldnachbildung gewahrte, ehe sie sich voll konzentrierte.
Und ruhig, behutsam begannen ihre Finger und Füße an den Griffen und Pedalen zu spielen, keinen Augenblick Unsicherheit verratend, und im Gleichklang mit den Bewegungen glätteten sich die Beulen des Kugelbildes, dort, wo sie ihren Willen zum Glätten konzentrierte, nachdem sie die Kugel scheinbar entsprechend gedreht hatte.
Sie ließen Robina drei Stunden unter dem Gerät, eine Zeit, in der normalerweise die äußerste Grenze menschlichen Leistungsvermögens erreicht war und die für den Ernstfall nicht in Frage kam.
Robina hatte es nicht gemerkt, sie fühlte sich noch frisch, als das visuelle Bild erlosch. Es hatte ihr nachgerade eine wilde Freude bereitet, mit dem zu ringen, der das Haltefeld verstimmte.
Während der Arbeit war ihr auch die Gefahr nicht bewußt geworden, spielerisch souverän hatte sie den Ball beherrscht, nichts, nur er mit seinen Beulen und Deformationen hatte für sie existiert.
Als sie die Fühler abgenommen hatte, versank sie einen Augenblick
lang in eine glückliche Benommenheit, die langsam einer unwirklich
anmutenden Leere und Erschöpfung wich.
Beim Aufstehen zitterten Robina die Knie.
Dann traf sie Willfarts Blick. Und er sah sie an, ernst, und dann – zum erstenmal ohne seinen Unterton. „Ja, wenn ich, Willfart…“ – sagte er: „Einsame Klasse, Mädchen, wirklich. Ich gratuliere! Schätze, wir werden dich am längsten hier gesehen haben.“
Das letzte hatte Robina nicht gehört oder nicht aufgenommen. Langsam überkam sie Freude. Vorbei, es war geschafft! Und außerdem: So etwas Besonderes war es nun auch wieder nicht. Quatsch, sich vorher so viele Gedanken zu machen.
Es war eben das ewige Fühlen und Empfinden vor und nach Prüfungen, hundertmal durchlebt, hundertmal mit neuen guten Vorsätzen durchstanden, hundertmal in gleicher Weise heraufbeschworen. „Komm“, forderte Willfart sie auf.
Er führte Robina in die oberen Räume, klopfte an eine Tür, wartete keine Reaktion ab, sondern riß die Tür schwungvoll auf und ließ Robina eintreten.
Sie wurde einen Augenblick verlegen. Ja, das war sie, die illustre, keineswegs würdig aussehende Gutachterkommission: bekannte, sehr bekannte Feldphysiker, fünf Männer und drei Frauen. In einer erkannte Robina eine bedeutende Kosmobilistin, und sie wunderte sich über deren Anwesenheit.
Man schüttelte Robina die Hand – was ihr gar nicht so sehr gefiel –, murmelte allerhand Glückwünsche, zeigte sich also alles in allem sehr beeindruckt, und dann übergab ihr Phil Wals, der Nestor der Kommission, der einzige, der nicht leger wie eben mal vorbeigekommen wirkte, die Urkunde und verkündete, daß sie die höchste Qualifikationsstufe eines Feldoperators mit „Auszeichnung“ erklommen habe, ein überaus seltener Fall, in seiner Praxis erst der zweite!
Dann
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