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Die Kristallwelt der Robina Crux

Die Kristallwelt der Robina Crux

Titel: Die Kristallwelt der Robina Crux Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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beglückwünschte sie Willfart, und er war wieder ganz der alte, als er sagte: „Wenn du nichts Besseres vorhast: Ich bin beauftragt, dir zur Feier des Tages vier Wochen Sonderurlaub anzutragen.“ Und er setzte, als er Robinas überrascht-unschlüssiges Gesicht sah, hinzu: „Du brauchst dich jetzt nicht zu entschließen. Wenn du morgen früh nicht deine Territorialwoche antrittst, wissen wir, wie du dich entschieden hast. Es ist alles abgestimmt, also…“
    Stolz und mit einem Riesenbukett verließ Robina das Zimmer. Sie hörte noch – und es belustigte sie –, wie eine der Frauen zu Willfart sagte: „Na, weißt du, da habt ihr euch nicht gerade übernommen mit euren vier Wochen. Bei der Leistung…“
    Was Willfart darauf erwiderte, hörte Robina nicht mehr.
    Vor dem Tor wurde sie von einem infernalischen Freudengeheul empfangen. Ihre gesamte Lerngruppe hatte es sich nicht nehmen lassen, sie zu begrüßen und stürmisch zu beglückwünschen. Die Kollegen Lehrfreunde, die auch gekommen waren, wurden schier aus dem Konzept gebracht: Ihr Sprecher gab dann auch den Versuch einer wohlgesetzten Rede auf, schüttelte Robina lachend die Hand, und sie zogen sich winkend in das Gebäude zurück.
    Robina warf einen bedauernden Blick in den blauen Himmel und ließ sich von der Gruppe fortziehen.
    Spät am Abend, als sie mit Boris allein war, kamen ihr der Vormittag und die anschließende Feier unwirklich vor. Ihr war, als schwebe sie ständig.
    Boris' Zärtlichkeiten taten ebenso wohl wie das Gefühl, Höchstes erreicht zu haben.
    Und dann entschloß sie sich, Willfarts Angebot wenigstens zum Teil anzunehmen, obwohl es ihr – der Lerngruppe wegen – ein wenig leid tat. Den Ausschlag gab Boris, der im Zuge seiner Ausbildung drei Monate auf Tahiti, im dortigen A-Heliumkraftwerk, ein Praktikum abzuleisten hatte. Und Robina wollte mitfahren…
    Es wurden wundervolle Tage dort. Boris richtete seine Tätigkeit so ein, daß viel Freizeit entstand. Sie genossen das Nichtstun am Ozean so lange, wie es Genuß blieb, bestiegen Vulkane, durchdrangen Dschungel, besuchten umliegende Inseln auf Fischerkatamaranen und ließen sich von pseudofolkloristischen Veranstaltungen gefangennehmen.

    Robina seufzte, als sie wieder in die Bolidenwirklichkeit zurückfiel. Aber die Erinnerung an dieses Erleben hallte noch in ihr nach, und wieder spürte sie unbestimmtes Sehnen…
    Schluß! Robina straffte sich, und sie beendete, ohne sich weiteren Ablenkungen hinzugeben, Eds Unfallgeschichte. Dann las sie alles noch einmal durch, fand das Geschriebene miserabel und plagte sich mit Zweifeln über den Nutzen gerade dieser Geschichte. Sie stellte sich vor, wie ein Fremdling sie aufnehmen würde, und tröstete sich dann damit, daß er wohl einiges Allgemeingültige daraus werde entnehmen können. Zumindest wird der Familiensinn nochmals deutlich, sie erfahren einiges über Turmhäuser, daß wir seltene Tiere lebendig konservieren, Antigravmotoren noch nicht in jedem Falle gut beherrschen und Skeletteile bedingt regenerieren können – und noch einige Kleinigkeiten. Also soll die Geschichte bleiben!
    Und die nächsten Tage hing Robina in der Wand und gravierte Buchstaben für Buchstaben, und sie konnte trotz aller Anstrengung nicht verhindern, daß ihre Gedanken von der nur zum Teil auslastenden Arbeit fortglitten, in den Boliden hinein zu einem gewissen metallischen Klotz, der an seiner von ihr „vergifteten“ Nabelschnur hing und einen ewigen Schlaf schlief.
    Der Gedanke, daß der Birne – unbewußt wurde für Robina Birne zum Maskulinum – keinesfalls auf einen Einsatz wartete, denn der bedeutete für ihn stets einen nicht erstrebenswerten Zustand, einen De fekt der Anlage, kam Robina nicht. Und es erschreckte sie auch nicht mehr, daß sie diese Maschine personifizierte.
    Aber bei all diesem wirren Denken, diesem Undefinierbaren, das durch ihr Gehirn ging, den ungerichteten Sehnsüchten arbeitete Robina verbissen in der Wand. Sie hatte ohne Qualitätseinbuße die Effektivität gesteigert, indem sie die Buchstaben nach selbstgefertigten Schablonen schmolz.
    Noch immer glaubte sie, der Birne könne ihr nur helfen, wenn er schlief, wenn die S-Melodie ungehindert in den Raum zog. Deshalb ließ sie die Töne des Hackers nicht wieder in die Vergleichsspeicher des Roboters dringen.

    Nach Tagen, als etwa zwei Drittel des Rasters abgeschrieben waren, als neue, durch Buchstaben aufgerauhte Flächen von der Wand grüßten, schien es Robina, als habe sich

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