Die Krone von Camelot
ganz ruhig. »Aber ich bin froh, daß du nicht länger dazugehörst. Ich bin froh, daß du wieder da bist. Und wenn du mit Gewalt entführt worden bist, wenn du gefangengehalten worden bist, dann ist es vielleicht nicht nötig, einen neuen Schuldspruch auszusprechen. Vielleicht könnte der alte geändert, ja, sogar ausgesetzt werden.« Er schwieg noch einen weiteren Augenblick und sagte dann: »Ich habe einen Brief von deinem Vetter bekommen, dem Oberhaupt deiner Sippe. Wenn Bedwyr ihn kannte, dann bin ich nicht überrascht darüber, daß er dich retten wollte. Ich glaube nicht, daß es gut wäre, wenn du dort hingingst.« Er starrte im Zimmer umher, ganz plötzlich in kaltem Zorn, aber sein Zorn galt nicht so sehr den Menschen, die im Zimmer waren, sondern seinem Königreich und dem Purpur. »Ich will nicht, daß sie stirbt!« schrie er laut. »Soll Bedwyr die Strafe zahlen!«
Gawain schaute mich seltsam an, sagte aber nichts. Cei grinste. »Na, sie hat ihre Strafe doch schon bezahlt! Sie ist von einem fremden König gefangengehalten worden. Ach, Herr, my Lady, es war eine mutige Tat, als Mann verkleidet aus Macsens Festung zu fliehen. Die Krieger werden ihr alles verzeihen nach solch einer Heldentat. Jahrelang wird man Lieder darüber singen.«
Ich wußte nicht, was ich sagen sollte. Solch ein Willkommen hatte ich nicht erwartet. Ich wurde empfangen, als ob ich von einer Botenreise zurückgekehrt wäre, und nicht als entflohener Verbrecher. Aber ich war eine Verbrecherin, und ich wollte nicht, daß Bedwyr die Strafe für ein Verbrechen zahlte, das ich genausogut wie er begangen hatte. Dennoch, mein Mann stand in meiner Nähe und betrachtete mich, und ich wußte nicht, was ich zu ihm sagen sollte.
Artus sah meine Verwirrung und schüttelte den Kopf. »Wir müssen morgen darüber reden. Im Augenblick, my Lady, ruh dich aus. Du siehst sehr müde aus.« Er ging zum Eingang seines Zeltes und gab ein paar Dienern den Befehl, für mich ein Zelt herzurichten. Dann rief er verschiedene Männer und gab Befehl für den Angriff in dieser Nacht. Ich lehnte mich in meinem Stuhl zurück und schaute die wohlbekannten Gesichter und Dinge an. Ich schloß die Augen und hörte den Stimmen zu: Ceis polterndes Geflüster mit Gawain, Artus’ starke Stimme, die draußen Befehle erteilte, Scherze, Gelächter, aufgeregtes Diskutieren unter den Männern. Es kam mir noch nicht wirklich vor. Einen Augenblick lang fürchtete ich, ich könnte aufwachen und mich wieder in diesem erstickend roten Zimmer in Car Aes finden. Ich öffnete schnell die Augen.
Artus kam wieder herein, ging zu seinem Schreibtisch und überprüfte einen Plan, den er von Macsens Verteidigungsanlagen gemacht hatte. Dann blickte er wieder zu mir auf und lächelte. Als ich ihn lächeln sah, glaubte ich, das Herz würde mir brechen. Er sah älter aus als vorher, abgenutzt zu einem ergrauenden Schatten, aber sein Lächeln war noch das gleiche, und auch die direkte, ehrliche Kraft seiner Augen. »Ich kann nicht glauben, daß du da bist«, sagte er mir. »Ich wünschte - aber du mußt dich ausruhen, und ich habe Arbeit zu erledigen. Hast du andere Kleidung? Dann will ich dir welche besorgen lassen - obwohl ich bezweifle, daß wir hier in unserem ganzen Lager etwas Schöneres haben als das Festkleid einer Bauernfrau.« Er half mir auf die Füße, führte mich zum Eingang des Zeltes und schnippte mit den Fingern. Ein Mann zu meinem Schutz erschien. Artus blieb stehen und hielt noch immer meinen Arm. »Wünsch mir Glück in dieser Nacht, my Lady.«
Ich drehte mich um und hielt ihn an den Armen fest. Ich blickte auf, schaute in sein Gesicht. Ich dachte an Bedwyr in dem dunklen Stall und an Artus, wie er in Camlann meinen Schuldspruch aussprach - Dinge, die wichtig gewesen waren, die noch immer wichtig waren. Aber neben dieser Rückkehr spielten sie keine Rolle mehr, und während ich ihn anschaute, war ich wieder zu Hause. »Gott soll dich verteidigen«, sagte ich. »Und viel Glück.«
Während ich zu meinem eigenen Zelt hinüberging, begleitet von einem Krieger, den ich kannte, betete ich, daß ich dort sterben könnte, unter Freunden, und nicht gedemütigt unter Fremden. Und ich betete auch, daß Bedwyr in dieser Nacht nicht gefangengenommen würde, daß man ihn nicht zurückbrachte und ihn die Strafe zahlen ließ, die ich hätte zahlen sollen, sondern daß Bedwyr, lebendig oder tot, irgendwie nach irgendwohin entkam.
10
Das Zelt, das Artus für mich bereitgestellt
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