Die Krone von Camelot
uns von Anfang an getrieben hat. Aber der Traum war es wert, und auch, daß wir die Freude ein paar Jahre besessen haben, und ich kann nicht bedauern, daß wir uns darum mühten. Vielleicht, obwohl wir versagt haben, hat Gott nicht versagt. Vielleicht ist es nicht das Ende.
Im letzten Jahr ist auf einer Insel im Norden ein neues Kloster gegründet worden - ausgerechnet von den Iren. Daran ist nichts allzu Bemerkenswertes. Der Führer der Siedlung schickte ein paar Mönche hierher, die nach Büchern suchen sollten: Das ist bemerkenswert. Niemand reist in dieser Zeit meilenweit, um nach Büchern zu suchen; ich hatte schon angefangen zu befürchten, daß die Fähigkeit zu lesen aussterben würde und daß die Welt sich dann wahrhaftig nur noch auf die Gegenwart beschränkt. Aber dieser irische Abt ist wild auf Bücher - der Grund dafür, daß er nach Britannien gekommen ist, besteht darin, daß es ihm Kummer macht, weil er eins gestohlen hat. Und diese Mönche machen sich daran, die Sachsen zu bekehren; sie haben schon einen König bekehrt, und ihr Einfluß breitet sich schon jetzt aus wie Feuer im Gras. Artus und ich wollten immer, daß die Sachsen bekehrt werden, daß sie ins Reich geholt werden, aber die britische Kirche brachte es nie über sich, diese Aufgabe selbst zu übernehmen, und erlaubte es uns auch nicht, jemand anderen damit zu betreuen.
Eine Handvoll Mönche auf einer kleinen Insel namens Iona: Das ist nicht viel. Sie sind noch nicht einmal Römer, sie haben keine Ahnung, was Rom war oder welche Bedeutung es hatte. Dennoch sind sie versessen darauf, die Welt zu verändern, wie ich damals, als ich vor vielen Jahren nach Süden, nach Camlann, ritt. Vielleicht bin ich verrückt, wenn ich darauf hoffe, daß sie irgend etwas erreichen können und daß sie Erfolg haben, wo Artus und ich versagten. Dennoch, überall in Britannien gibt es noch die Sehnsucht, den Wunsch tief in der Seele, der darauf wartet, daß jemand ihn berührt und ihn neu formt. Es ist, wie Taliesin vorausgesagt hat: Britannien hat unser Reich nicht vergessen. Es sehnt sich danach, noch mehr Lieder davon zu hören, denn es ist verschwunden, und sein Verschwinden hinterläßt eine Lücke in der Welt, die selbst seine früheren Feinde spüren. Ich habe in letzter Zeit Geschichten gehört, daß Artus gar nicht gestorben ist, sondern unter irgendeinem Zauber schläft, und daß er eines Tages wieder erwacht. Als ich zum erstenmal diese Geschichten hörte, da haßte ich sie wegen ihrer blinden, verführerischen Hoffnung. Aber die Hoffnungen bleiben in diesem Land, und sie sind mächtiger als der Frühling, wenn die Sonne aus dem dunklen Winter ihren Kreis wieder emporzieht. Unsere Niederlage kann die Sonne nicht auslöschen. Wenn jemand gewillt wäre, denen Licht zu bieten, die in der Dunkelheit und im Schatten des Todes wandeln. Wenn, wenn, wenn.
Diese Mönche sind bereit dazu.
Habe ich mich geirrt, als ich mich so fest an die Erinnerung an Rom klammerte? Vielleicht schlägt der Blitz nicht aus dem Osten ein und aus dem Alten Reich, sondern aus dem Westen, von der Grenze der Welt. Wer weiß? Kann ich es wagen zu glauben, daß das Leben wirklich weitergeht, kann ich Gott und den menschlichen Wünschen vertrauen und in der Hoffnung sterben?
Heute ist Ostersonntag. Während ich schreibe, singen die Vögel laut vor meinem Fenster, und die Sonne schüttet sauberes Gold über die Ränder dieser Seite. Ihre Strahlen sehen aus wie die zarten, komplizierten Muster, die die Iren in ihre Evangelienbücher malen. Draußen stehen die frühen Apfelbäume und der Weißdorn schon in Blüte, und die Wälder haben Teppiche aus Primeln und Leberblümchen. Seltsam, wie die Erde sich erneuert - wie eine Schlange, die ihre steife, altersstaubige Haut abstreift und die ihre glänzenden neuen Spiralen auf dem sonnengewärmten Pfad poliert.
Es ist nicht das Ende. Es kann nicht das Ende sein. Der Baum, der vom letzten Herbststurm nacktgefegt worden war, steht jetzt grüngolden in seinen neuen Blättern da, und durch irgendein besonderes Wunder, einen unerwarteten Zauber, kehrt das Leben von den Toten zurück.
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