Die Krone von Camelot
Zeit seine einzige Sorge gewesen war, »wie kann ich mich Rhuawn gegenüber entschuldigen, nach all seinen Verleumdungen?«
Aber mir tat der Junge jetzt leid. »Du bist zu alt, um noch Krieger zu werden«, sagte ich ihm sanft, und ich ignorierte einen Augenblick Cei und die Bauern. »Die meisten Jungen beginnen mit ihren Übungen im Alter von sieben bis neun.«
»Aber ich habe ja damals angefangen, edle Dame, auf eigene Faust!« schrie der Junge und glitt wieder ins Britisch zurück. »Und ein Mönch im Bruderhaus beim Konvent meiner Mutter, der hat mich auch gelehrt - siehst du, der war früher Krieger. Nur - ich muß noch mehr wissen.«
»Sei stille, Junge«, schnappte Cei, aber ich hob die Hand und gebot ihm zu warten.
»Kannst du lesen, Gwyn?« fragte ich.
Der Junge nickte eifrig. »Ja, edle Dame. Und ich kann schreiben, Buchschrift und auch Kursiv. Meine Mutter wollte, daß ich Priester werde, und hat dafür gesorgt, daß ich schreiben lerne. Sie hat es mir selbst beigebracht.«
Ich schaute Cei an und hob eine Augenbraue. »Selbst hier gibt es eine Knappheit an Dienern, die lesen können«, sagte ich. »Ich könnte einen Schreiber brauchen, der die Inventare niederschreibt und für mich Buch führt.«
Cei zuckte die Achseln. »Wie es dir gefällt, my Lady. Es ist Zeitverschwendung, irgendeinem kleinen Priester-Bastard aus einem Konvent die Kunst des Krieges beizubringen, aber wenn du einen Schreiber brauchst, dann behalte ihn um Gottes willen. Wirst du mit
Rhuawn sprechen?«
»Du magst bleiben«, sagte ich dem Jungen. »Geh in die Halle und frage nach Gweir, dem Haushofmeister. Der kümmert sich um dich. Und heute abend werde ich meinen Herrn Artus bitten, dir einen Platz als Diener zuzuweisen. Ja, Cei, ich werde mit Rhuawn sprechen, aber ich verspreche ihm, daß du dich auch entschuldigst, wenn er es tut. Ihr guten Leute«, sagte ich zu den Bauern, »wenn ihr mit mir kommen wollt, dann sorge ich dafür, daß ihr den Preis für euer Korn bekommt.«
Die Bauern waren zufrieden. Cei brummelte zustimmend, und Gwyn war überglücklich. Als nächstes mußte ich also mit Rhuawn sprechen - obwohl ich, solange ich noch in den Lagerräumen war, auch wegen der Wolle für die Weber nachsehen mußte. Und dann kam noch das Fest am Abend.
Ehe der Nachmittag halb vorüber war, sprach ich mit Rhuawn, und schließlich überredete ich ihn, sich bei Cei zu entschuldigen. Aber ich wußte, daß keiner der beiden Krieger damit zufrieden sein würde. Ihre Versöhnung würde sein, als ob man zwei Stücke von einer zerbrochenen Schüssel zusammenpreßte; sie hielten vielleicht, wenn man sie vorsichtig behandelte, eine Weile zusammen, aber der Bruch war noch immer so tief und ungeheilt wie zuvor. Am Anfang hatte Rhuawn mir gar nicht zugehört. Er hatte mich nur mit einer Art Mißtrauen gemustert und mir höfliche, bedeutungslose Antworten gegeben. Am Ende unserer Unterhaltung war er wärmer geworden und sagte mir, er bedaure seine harten Worte. Aber Ceis Beleidigung sei für einen ehrenhaften Mann zu schwer zu ertragen gewesen und so weiter, und so weiter.
Aber als ich wieder den Hügel hinauf zur Halle ging, erinnerte ich mich immer wieder daran, wie anfangs sein Blick von mir seitwärts abgeglitten war. Das Mißtrauen wuchs. Ich konnte jetzt kaum noch die Kluft zwischen den beiden Parteien überbrücken, und wenn alles so weiterging wie bisher, dann würden Rhuawn und seine Freunde mich bald als Feind betrachten. In der Tat - mir war bewußt, daß Gerüchte um mich kreisten, daß Unterhaltungen plötzlich verstummten, wenn ich herankam. Nur, bis jetzt waren keine Gerüchte über mich geglaubt worden.
Als ich mich den Küchen näherte, wo ich die Vorbereitungen zum Fest in der Nacht überprüfen wollte, rief jemand meinen Namen. Artus’ Zweiter im Kommando, der Feldherr und Führer der Reiterei, Bedwyr ap Brendan, eilte auf mich zu.
»My Lady Gwynhwyfar!« rief er noch einmal. »Mein Herr Artus schickt mich, dich zu suchen. Er will vor dem Fest heute nacht noch eine Besprechung führen über die Situation in Kleinbritannien.«
Ich blieb stehen und versuchte, meine Gedanken zu ordnen. Ich stieß meine Pläne für den Nachmittag über den Haufen. »Nun gut, Herr«, sagte ich nach einem Augenblick, »aber ich muß zuerst in der Küche noch ein paar Anordnungen treffen, oder es wird heute abend kein Fest geben.«
Er nickte und lächelte und paßte sich meinen Schritten neben mir an. Als Artus’ Feldherr war Bedwyr
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