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Die Küsten der Vergangenheit

Die Küsten der Vergangenheit

Titel: Die Küsten der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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unheimlich.
     
    Die Heckreling wurde von einer Reihe Rungen gehalten. Auch die Rungen waren nicht am Deck festgenietet oder sonstwie verankert, sondern schienen wie der Rest aus einem Stück gegossen. Als am Tag vor Halloween ein Souvenirjäger beschloß, eine der Rungen zu stehlen, mußte er sie absägen. Niemand beobachtete den Vorfall. Lasker reagierte, indem er das Schiff jeden Abend nach Einbruch der Dunkelheit in die Scheune brachte und die Tür verriegelte.
    Mitte November sollte Tom Lasker die Avenger nach Oklahoma City fliegen, wo eine Flugschau stattfand. Normalerweise begleitete Ginny ihn bei diesen Gelegenheiten im Sitz des Bordschützen. Doch der Fund der Yacht war genug Aufregung für sie gewesen, und sie verkündete ihre Absicht, diesmal zu Hause zu bleiben. Außerdem wußte sie, daß die Yacht einiges an Wert besaß, und der Gedanke, sie unbewacht in der Scheune zurückzulassen, behagte ihr nicht. »Die ganze Welt weiß, daß das Schiff dort steht«, sagte sie zu ihrem Mann.
    Lasker lachte und wies darauf hin, daß überall auf der Welt Schiffe in Hauseinfahrten geparkt würden und niemand je eines gestohlen hätte. »Es ist nicht wie bei einem Auto, weißt du?«
    Sie sah ihm hinterher, als er Freitag nachmittag über die Farm flog. Er wackelte mit den Flügeln, und sie winkte zurück (obwohl sie wußte, daß er sie nicht sehen konnte). Dann ging sie nach drinnen, um die Wäsche in Angriff zu nehmen.
    Sechs Stunden später lag sie entspannt im Sessel und sah einen alten Columbo, während sie dem Wind lauschte, der um das Haus pfiff. Will war weggegangen, und Jerry spielte in seinem Zimmer mit dem Computer. Das gelegentliche Piepsen aus der Maschine und das Rascheln der Blätter wirkten beruhigend, ähnlich dem Geräusch schlafender Kinder oder dem des Mixers, wenn sie nach der Schule Milchshakes zubereitete.
    Während einer Werbeunterbrechung stand sie auf, um sich etwas Popcorn zu holen. Und warf einen Blick aus dem Fenster.
    Die Nacht war mondlos, doch in den Vorhängen schimmerte zuviel Licht. Sie trat näher zum Fenster, das wegen des Dakota-Klimas fest verschlossen war und niemals geöffnet wurde, nicht einmal während des kurzen Sommers. Die Scheune stand ein wenig unterhalb des Hauses.
    Ein sanftes grünes Leuchten drang durch die verwitterten Bretterwände nach draußen.
    Irgend jemand war in der Scheune.

 
2
     
     
    Sicher, Hedy Lamarr ist ein hübsches Mädchen
    Genau wie Madeleine Caroll
    Doch wenn du nachforschst, wirst du
    Bei jeder Bombercrew etwas ganz anderes hören.
    Denn das Lieblichste,
    Über das sie alle singen können
    Auf dieser Seite der Himmelstore
    Ist keine Blondine und keine Brünette
    Aus Hollywood
    Sondern eine Eskorte von P-38-Jägern.
    ›Blitze am Himmel‹
    Autor unbekannt
     
     
    Die Lockheed Lightning schimmerte in der späten Nachmittagssonne. Sie war ein lebendes Artefakt, Teil der gewaltigen Anstrengung gegen Hitler, und sie konnte noch immer in den Himmel steigen, sah noch immer tödlich aus. Der doppelte Rumpf, das schnittige Cockpit, die breiten, schlanken Schwingen – alles sprach von Kraft. Die Maschinengewehre und die Kanone in der Nase schossen direkt und genau. Das Feuer der Lightning war weitaus präziser als das der in den Flügeln untergebrachten Waffen anderer Flugzeuge jener Epoche. Es war höchst ungesund gewesen, in das Fadenkreuz einer P-38J zu geraten.
    »Die Maschine ist nicht leicht zu fliegen«, erklärte Max. Die P-38J besaß ihren eigenen Kopf; sie erforderte einen Piloten, der willens war, sich mit ihrer Geometrie auseinanderzusetzen. Einen Piloten wie Max vielleicht. Einen Piloten, dessen Sinne mit ihren Streben und Gelenken und Kabeln und Rudern verschmelzen konnten.
    »Spielt keine Rolle«, antwortete Kerr. Er zog sein Scheckbuch. »Ich habe nicht vor, mit ihr zu fliegen.« Die Bemerkung war nicht speziell an Max gerichtet.
    Kerr war groß und imposant. Er sah auf eine verlebte Art und Weise gut aus; genau wie Bronco Adams, der umherziehende Pilot und Held aus Kerrs Geschichten. Der fiktive Bronco flog mit seinem Markenzeichen, einer Lockheed Lightning, im China des Zweiten Weltkrieges, wo er eine Serie spannender, sexgeladener Abenteuer erlebte. Kerr schrieb in einem Stil, den er gerne als die Eine-verdammte-Sache-nach-der-anderen-Schule der Literatur bezeichnete. Es war nicht weiter überraschend, daß er eine der wenigen P-38 besitzen wollte, die es noch auf der Welt gab.
    »Sie wollen nicht damit fliegen?« erkundigte sich Max,

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