Die Kugel und das Opium
dass sein Körper drei Schusswunden aufwies, eine Kugel hat den linken Arm durchschlagen, eine weitere steckte in der rechten Brust und die letzte in seinem rechten Hinterkopf. Im Verlauf des 5 . Juni wurde seinen Angehörigen mitgeteilt, dass von ihm »jede Spur« fehle. Nachdem sie ihn hatten identifizieren können, brachten sie seine sterblichen Überreste nach Hause und haben ihn anschließend einäschern lassen. Seine Urne steht heute bei ihnen zu Hause.
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Wu Guofeng,
männlich, 21 Jahre, Student des ’ 86 er Jahrgangs des Instituts für Industrieökonomie der Chinesischen Volksuniversität, während der Studentenunruhen Mitglied des Aufbaukomitees des Unabhängigen Zusammenschlusses der Studenten seiner Universität, fünftägige Teilnahme am kollektiven Hungerstreik auf dem Tiananmen
In der Nacht des 3 . Juni 1989 hat er ohne Rücksicht auf die mehrmaligen Ermahnungen der Universitätsleitung entschlossen seine Kamera gepackt und ist mit dem Fahrrad losgefahren, um »die Geschichte zu dokumentieren«. Doch er wurde von den Truppen grausam getötet, der Tatort ist nicht bekannt. Ein alter Mann, der seinen Namen nicht genannt wissen will, hat ihn zum Postkrankenhaus geschafft, wo die Untersuchung ergab, dass ihn die tödliche Kugel am Hinterkopf getroffen hatte, weitere Kugeln fanden sich in der Schulter, in den Rippen und Armen; außerdem hatte er eine zwei Zoll breite Stichverletzung im Unterleib, auch an seinen Händen fanden sich gut sichtbare Schnittverletzungen. Die Analyse ergab, dass er, nachdem die Kugeln ihn niedergestreckt hatten, sich weiter im Nahbereich des Feuers aufhielt und ihm anschließend ein Soldat von vorn ein Bajonett in den Leib gestoßen hat. Er muss das Bajonett noch umklammert haben, und es muss zu einem ungewöhnlich verzweifelten Kampf gekommen sein, der den Mörder in eine abnorme Wut versetzt haben muss.
Am frühen Morgen des 4 . Juni hat Professor Jiang Peikun von seiner Universität, der sich auf der Suche nach seinem Sohn Jiang Lianjie befand, im Postkrankenhaus die »Totenliste« entdeckt, auf der sich sein Name befand, und anschließend seine sterblichen Überreste von der Universität abholen lassen. Nach der Einäscherung wurde seine Asche von seinen aus dem fernen Sichuan herbeigeeilten Eltern in seine Heimat Xinjin gebracht, wo sie nach einigen Jahren schließlich beigesetzt wurde.
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Wang Zhao,
männlich, 30 Jahre, Angestellter der Firma Sitong in Zhongguancun, Beijing-Stadt
In der Nacht des 3 . Juni 1989 ermordet, Ort und genauer Ablauf unbekannt. Im Marinekrankenhaus registriert als »unbekannter Toter Nr. 3 «, wurde seine Asche auf dem Jinshan-Friedhof in der Nähe der Duftenden Berge beigesetzt.
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An Ji,
männlich, 31 Jahre, Redakteur der Zeitschrift
Aufbau der Dörfer
des Chinesischen Forschungszentrums für Bautechnik des Staatlichen Bauministeriums von Beijing-Stadt
Am 6 . Juni um Mitternacht haben sich sieben Jugendliche getroffen und sind auf ihrem gemeinsamen Weg nach Hause an der Einmündung der Nanlishi-Straße plötzlich von den Ausnahmetruppen angegriffen worden. Nach einer dichten Salve sind fünf der jungen Männer getroffen zu Boden gegangen, wurden von den Truppen umstellt und einzeln in die Notaufnahme des Fuxing-Krankenhauses und des Kinderkrankenhauses gebracht. Zwei junge Frauen sind vor Schreck auf die Knie gefallen und haben die Hände schützend über den Kopf gehalten; nachdem sie mehrfach laut um Gnade flehten, sind sie dem Tod entgangen. Die Untersuchung ergab, dass An Ji, der Älteste der jungen Männer, zwei Schusswunden hatte, tödlich war eine von hinten in den Körper eingedrungene und schräg wieder aus der Brust ausgetretene Kugel. Nach über vier Stunden ist er unter furchtbaren Qualen gestorben. Die Angehörigen haben die sterblichen Überreste beim Kinderkrankenhaus abgeholt und nach der Einäscherung in der Urnenhalle des Futian-Friedhofs in der westlichen Vorstadt von Beijing beigesetzt.
Die Namen der anderen sechs beteiligten jungen Leute lauten: Wang Zhengqiang, Wang Zhengsheng, Yang Ziming, Yang Ziping, Yang Yuemei und Zhang Xuemei.
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Wang Zhengsheng,
männlich, 20 Jahre, Mitarbeiter der Materialstelle Nordchina
In der Nacht des 6 . Juni wurde er zusammen mit An Ji und einigen anderen ermordet; nachdem ihn eine Kugel getroffen hatte, ist er zusammen mit seinem Bruder Wang Zhengqiang in das Fuxing-Krankenhaus gebracht worden, doch ihm konnte nicht mehr geholfen werden; sein Bruder kam trotz
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