Die Kunst, anders zu leben
Protest verließen die Manager geschlossen den Saal, aber erst, nachdem ihre Anwälte eine Beschwerde bei der Polizei von Salt Lake City und beim Generalstaatsanwalt von Utah eingereicht hatten. Als Collegestudent mit Teilzeitjob hatte Tim natürlich nicht zufällig 1,2 Millionen Euro in der Tasche; also wurde er festgenommen, weil er die Auktion gestört hatte – »ziviler Ungehorsam« lautete die offizielle Bezeichnung für sein Vergehen.
Und dann wurde die Geschichte richtig interessant. Die Auktion hatte nämlich in der elfwöchigen Übergangszeit zwischen der Bush- und der Obama-Administration stattgefunden. Die Regierungsbeamten von Bush befürchteten zu Recht, dass die Obama-Regierung ihre Entscheidung, das Land zum Verkauf anzubieten, rückgängig machen würde. Mit seiner Last-Minute-Auktion in der Übergangsphase zwischen den beiden Regierungen hatte Bush vor dem Machtwechsel schnell noch ein paar unwiderrufliche Fakten schaffen wollen. Durch seine Störung der Auktion war es Tim gelungen, die Entscheidung darüber, was mit dem Land geschehen sollte, in die Regierungszeit der neuen Obama-Administration zu verschieben – genau das Resultat, das er erhofft hatte.
Ein Kritiker ist ein Mensch, der den Weg kennt, aber nicht Auto fahren kann.
KENNETH TYNAN
Als im Januar dann die neue Regierung an die Macht kam, widerrief die Behörde für Landverwaltung die Entscheidung, das Land zu versteigern, und erklärte die durch die Auktion entstandenen Verträge für ungültig. Rund 9000 Hektar Land waren nun durch eine staatliche Verfügung geschützt, die man nicht so ohne Weiteres wieder rückgängig machen konnte. Jetzt gab es für Tim nur noch ein Problem: Der Generalstaatsanwalt von Utah war nicht zufrieden mit dem Ausgang der Angelegenheit. Der Staat Utah erhob Anklage wegen zweier Schwerverbrechen gegen Tim, um mögliche Trittbrettfahrer davon abzuhalten, Tims Beispiel zu folgen und ebenfalls ohne Geld als Bieter bei Auktionen aufzutreten. Tim hat fest vor, sich gegen diese beiden Anklagen zu wehren, ist aber notfalls auch bereit, ins Gefängnis zu gehen. »Wenn es nicht anders geht, büße ich meine Strafe eben ab«, erklärte er mir kürzlich vor einem bevorstehenden Gerichtsverfahren. »Es hat sich gelohnt, etwas gegen den illegalen Verkauf dieses Landes zu tun. Ich bereue nichts.« 8
Die Leute werden Sie stets davon abzuhalten versuchen, das Richtige zu tun, wenn es etwas Unkonventionelles ist.
WARREN BUFFETT
Fast alle Menschen, die sich für eine unkonventionelle berufliche Karriere oder Lebensweise entscheiden oder die bestehenden Konventionen auf andere Weise anzufechten versuchen, müssen mit Opposition vonseiten der Autoritäten und Verfechtern des Status quo rechnen. Ob Sie nun Aktivist werden oder einfach nur nach Ihren eigenen Vorstellungen leben möchten – in diesem Kapitel erfahren Sie, mit welchen Taktiken Nonkonformisten aller Art auf unserer Welt bekämpft werden.
Und ich werde Ihnen auch erklären, wie Sie sich mit einer Kombination aus direkten und indirekten Methoden dagegen wehren können. Was direkte Konfrontation bedeutet, hat Keith Richards mit folgenden Worten sehr gut veranschaulicht: »Wenn man der Autorität einen Tritt in den Hintern geben will, sollte man lieber beide Füße dazu nehmen.« Ein wahres Wort – denn wenn man die Autoritäten dieser Welt direkt angreift, schlagen sie normalerweise zurück.
Glücklicherweise sind Tritte und Schläge aber nicht die einzige Methode, um Autoritäten in ihre Schranken zu weisen. Man kann sie auch indirekt bekämpfen, indem man die Hindernisse, denen man begegnet, umschifft oder einfach die Spielregeln der Auseinandersetzung ändert. Doch zunächst einmal wollen wir ein paar Taktiken unter die Lupe nehmen, mit denen viele Leute ihre Mitmenschen davon abzubringen versuchen, eigene Entscheidungen zu treffen.
Ausgrenzung und die Abteilung der Neinsager
Warum tun so viele Menschen das, was andere von ihnen erwarten, und nicht das, was sie eigentlich möchten? Dafür gibt es verschiedene Gründe: zum Beispiel Trägheit, Angst vor Veränderungen und Unwissenheit – schließlich hat ihnen nie jemand gesagt, dass sie sich nicht nach den Erwartungen anderer Leute richten müssen. Aber es gibt auch noch einen weiteren Grund: Manche Menschen halten sich einfach deshalb an die geltenden Spielregeln, weil Autoritätspersonen es sehr gut verstehen, Leute einzuschüchtern. Viele dieser Autoritätspersonen sind sogenannte »Gatekeeper«,
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