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Die Kunst des Pirschens

Titel: Die Kunst des Pirschens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Castaneda
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werfen. Nach dem Hitzegefühl in meinem Kopf, meinem Hals zu urteilen, mußte ich hochrot im Gesicht sein. Ich war so wütend, daß ich fast die Beherrschung verlor. Ich hatte gute Lust, ihr den Schädel einzuschlagen.
    Die Frau, die bis dahin ruhig im Sessel gesessen hatte, stand plötzlich auf, packte die andere an den Haaren und zog sie anscheinend mühelos - mit einer einzigen Bewegung auf die Füße. Sie starrte mich aus halb geschlossenen Augen an. Sie kam bis auf ein paar Zentimeter an mein Gesicht heran. Sie roch überraschend frisch.
    Mit schriller Stimme sagte sie, wir sollten endlich zur Sache kommen. Beide Frauen drangen jetzt unter dem Licht der Glühbirne auf mich ein. Sie sahen einander nicht ähnlich. Die zweite Frau war älter oder wirkte jedenfalls älter. Ich bemerkte, daß ihr Gesicht mit einer dicken Puderschicht bedeckt war, was ihr das Aussehen eines Clowns gab. Ihr Haar war sauber zu einem Knoten zusammengefaßt. Sie wirkte ruhig, bis auf ein dauerndes Zittern ihrer Unterlippe und ihres Kinns.
    Beide Frauen waren gleich groß und wirkten gleich kräftig. Sie reckten sich bedrohlich vor mir auf. Lange starrten sie mich an. Don Juan tat nichts, um sie in ihrer erstarrten Haltung zu stören.
    In der Art, wie sie mich musterten, lag eine unleugbare Ähnlichkeit. Die ältere Frau nickte mit dem Kopf, und Don Juan sagte mir, sie heiße Zuleica und sei eine Träumerin. Die Frau, die uns die Tür geöffnet hatte, hieß Zoila, und sie war eine Pirscherin .
    Zuleica fuhr mich an und fragte mich mit papageienähnlicher Stimme, ob es wahr sei, daß ich noch nie im Leben eine Vagina gesehen hätte. Don Juan konnte sich nicht länger beherrschen und fing an zu lachen. Ich gab ihm mit einer Geste zu verstehen, ich wisse nicht recht, was ich darauf sagen sollte. Er flüsterte mir ins Ohr, es sei besser für mich, wenn ich sagte, daß ich noch keine gesehen hätte, sonst müsse ich darauf gefaßt sein, Zuleica eine Vagina zu beschreiben, denn dies würde sie als nächstes von mir verlangen.
    Ich gab also Zuleica die entsprechende Antwort, und sie sagte, ich täte ihr leid. Dann befahl sie Zoila, mir ihre Vagina zu zeigen. Zoila legte sich unter der Glühbirne auf den Rücken und spreizte die Beine.
    Don Juan lachte und keuchte. Ich flehte ihn an, mich aus diesem Irrenhaus fortzubringen. Er flüsterte mir wieder ins Ohr, ich solle lieber gut hinschauen und mir den Anschein von Aufmerksamkeit und Interesse geben, denn falls ich es nicht täte, müßten wir bis zum Jüngsten Tag in diesem Haus bleiben.
    Nachdem ich also genau und aufmerksam hingeschaut hatte, meinte Zuleica, von nun an dürfte ich mich rühmen, ein Kenner zu sein und Stielaugen zu machen, weil ich noch nie eine hosen stieße, brauchte ich nicht mehr so ungehobelt und gemein zu sein und Stielaugen machen, weil ich noch nie eine Vagina gesehen hätte.
    Zuleica führte uns schweigend zum Patio hinaus. Sie flüsterte mir zu, dort sei ein Mann, der mich erwarte. Im Patio herrschte pechschwarze Nacht. Ich konnte kaum die Umrisse der
    anderen erkennen. Dann sah ich die dunkle Silhouette eines Mannes, der ein paar Fuß von mir entfernt stand. Unwillkürlich fuhr ein Schock durch meinen Körper.
    Don Juan sprach mit dem Mann. Mit sehr leiser Stimme sagte er, daß er mich mitgebracht habe, damit ich ihn kennenlerne. Er nannte dem Mann meinen Namen. Nach kurzem Schweigen sagte Don Juan zu mir, der Mann heiße Silvio Manuel, und er sei der Krieger der Dunkelheit und der Führer des Kriegertrupps. Daraufhin sprach Silvio Manuel zu mir. Es schien mir, als müsse er einen Sprachfehler haben. Seine Stimme war gedämpft. Er brachte die Wörter wie leises Husten hervor.
    Er befahl mir Näherzukommen. Als ich versuchte, mich ihm zu nähern, wich er zurück, als ob er schwebte. Er führte mich in einen noch dunkleren Winkel der Halle. Mir kam es so vor, als ob er lautlos rückwärts ging. Er murmelte etwas, was ich nicht verstand. Ich wollte sprechen, meine Kehle juckte und war wie ausgedörrt. Er wiederholte irgend etwas mehrmals, bis es mir dämmerte, daß er mir befahl, mich auszuziehen. Seine Stimme und die Dunkelheit um ihn her hatte etwas Überwältigendes. Es war mir unmöglich, ihm nicht zu gehorchen. Also zog ich mich aus und stand splitternackt da, zitternd vor Angst und Kälte.
    Es war so dunkel, daß ich nicht erkennen konnte, ob Don Juan und die beiden Frauen noch da waren. Ich hörte ein leises gedehntes Zischen. Es kam von einer Stelle, ein paar Fuß

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