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Die Kunst des Pirschens

Titel: Die Kunst des Pirschens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Castaneda
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schob ihn mit einer kräftigen Bewegung beiseite. Sie fuchtelte mit dem Finger vor meinem Gesicht und schrie, ich benähme mich, als gehörte mir die ganze Welt, als gäbe es außer mir niemanden. Ich protestierte und meinte, ich hätte nur getan, was Don Juan mir aufgetragen hatte. Die Frau fragte immer wieder, ob mir vielleicht aufgetragen worden sei, die Tür einzuschlagen. Don Juan versuchte sich einzumischen, wurde aber wieder beiseite geschoben.

    Die Frau sah aus, als sei sie gerade aus dem Bett gestiegen. Sie war ganz in Unordnung. Unser Klopfen hatte sie vermutlich geweckt, und sie hatte wohl rasch ein Kleid aus ihrem Wäschekorb übergestreift. Sie war barfuß. Ihr Haar war ergraut und schrecklich zerzaust. Sie hatte rote Knopfaugen. Sie war eine hässliche Frau, aber irgendwie sehr eindrucksvoll. Sie war ziemlich groß, etwa 1,72 Meter, von dunklem Teint und enorm muskulös; ihre nackten Arme zeigten knotige harte Muskeln. Ich bemerkte, daß sie schön geformte Waden hatte.

    Sie maß mich von oben bis unten mit den Augen. Sie war eine große Frau. Sie überragte mich.
    Sie brüllte, sie habe von mir noch keine Entschuldigung vernommen. Don Juan flüsterte mir zu, ich solle mich laut und deutlich entschuldigen.
    Nachdem ich das getan hatte, lächelte die Frau, sie wandte sich Don Juan zu und umarmte ihn, als ob er ein Kind wäre. Sie brummelte, er hätte mich nicht klopfen lassen dürfen, weil mein Schlagen gegen die Tür zu unstet und störend gewesen sei. Sie hielt Don Juan am Arm und führte ihn ins Haus, wobei sie ihm über die hohe Schwelle hinweg half. Sie nannte ihn »mein liebes Alterchen«. Don Juan lachte. Ich fühlte mich abgestoßen, als ich sah, daß er so tat, als wäre er über das absurde Benehmen dieser schrecklichen Frau entzückt. Nachdem sie dem »lieben Alterchen« über die Schwelle geholfen hatte, wandte sie sich nach mir um und machte eine Handbewegung, als wolle sie mich wie einen Hund wegscheuchen. Sie lachte über mein überraschtes Gesicht; ihre Zähne waren groß, ungleichmäßig und verschmutzt. Dann schien sie sich anders zu besinnen und befahl mir einzutreten.
    Don Juan ging auf eine Tür zu, die ich am Ende einer dunklen Halle kaum erkennen konnte.
    Die Frau beschimpfte ihn, er wisse nicht, was er tue. Sie führte uns durch einen weiteren dunklen Flur. Das Haus wirkte riesig, und es gab darin keine einzige Lampe. Die Frau öffnete die Tür zu einem sehr großen Zimmer, beinah leer bis auf zwei alte Lehnsessel in der Mitte, unter der schwächsten Glühbirne, die ich je gesehen hatte. Es war eine altmodische, längliche Birne.
    In einem der Sessel saß eine andere Frau. Die erste Frau setzte sich auf eine kleine Strohmatte am Boden und stützte sich mit dem Rücken gegen den anderen Sessel. Sie zog die Schenkel gegen die Brust an und entblößte sich völlig; sie trug keine Unterhosen. Ich starrte sie verblüfft an.
    In häßlich barschem Ton fragte die Frau mich, warum ich ihre Vagina anstarre. Ich wußte nicht, was ich antworten sollte, und stritt die Tatsache einfach ab. Sie stand auf und schien im Begriff, mich zu schlagen. Sie verlangte, ich solle sagen, daß ich sie angegafft hatte, weil ich noch nie im Leben eine Vagina gesehen hätte. Ich fühlte mich schuldig. Ich war tief verlegen und ärgerte mich, weil ich mich so blödsinnig hatte ertappen lassen.
    Die Frau fragte Don Juan, was für ein Nagual ich eigentlich sei, wenn ich noch nie im Leben eine Vagina gesehen hätte. Dies wiederholte sie immer wieder, in höchster Lautstärke
    kreischend. Sie rannte im Zimmer umher und blieb dann neben dem Sessel stehen, wo die andere Frau saß. Sie rüttelte sie an den Schultern, zeigte auf mich und sagte, daß ich ein Mann sei, der noch nie im Leben eine Vagina gesehen habe. Sie lachte und verhöhnte mich.
    Ich fühlte mich gedemütigt. Ich fand, daß Don Juan etwas unternehmen sollte, um mir diese Demütigungen zu ersparen. Ich erinnerte mich daran, daß er mir gesagt hatte, diese Frauen seien toll und verrückt. Er hatte noch untertrieben; die eine war jedenfalls reif fürs Irrenhaus. Ich blickte Don Juan hilfe- und ratsuchend an. Er schaute weg.
    Anscheinend war er ebenso in Verlegenheit wie ich, obwohl es mir schien, als hätte ich ein boshaftes Lächeln um seinen Mund spielen sehen, das er rasch zu verbergen suchte, indem er den Kopf abwandte.
    Die Frau legte sich auf den Rücken, zog ihren Rock hoch und befahl mir, nach Herzenslust hinzusehen, statt verstohlene Blicke zu

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