Die Kunst des Sterbens: Thriller (German Edition)
starrte, bis dieser ein Stück zurücksetzte und ruckartig beschleunigte, sodass der Kies unter seinen Reifen wegspritzte, und davonraste.
»Schön, dass sie nicht in mich reingefahren sind«, mit einem Arm über dem Beifahrersitz warf Constance einen Blick hinter sich.
Webster ging darauf nicht ein und stieg in den Wagen. »Los. Wende.« Constance erwiderte nichts. »Fahren wir.«
Langsam schüttelte Constance den Kopf.
»Im ersten Wagen war Qazai.«
»Willst du ihnen noch mal Gelegenheit geben, dich zu töten?« Constance drehte sich mit ernstem Blick zu ihm um.
»Das hatten sie nicht vor.«
»Sicher doch.«
»Wende den Wagen. Fletcher.«
»N-n-nein. Du kannst seine Sünden nicht von ihm nehmen. Es liegt an ihm.«
»Sie werden ihn töten.«
»Vielleicht ist das genau das, was er braucht«, sagte Constance mit verschränkten Armen. In dem schummrigen Licht wirkte sein Kopf wie aus Marmor.
29
Als Webster von Qazais Tod erfuhr, schickte er alle Informationen, die er hatte, an Constance, mit der Anweisung, sie umgehend an seine Freunde weiterzuleiten; und weil er nicht restlos darauf vertraute, dass sie sie erreichen würden, schickte er über Hammer eine zweite Kopie an die CIA.
Immerhin war es schnell gegangen; so schnell, dass Webster annahm, Rad habe den Plan bereits vor seiner Ankunft in Dubai ausgeheckt. Vielleicht, vielleicht auch nicht. Er hatte es satt, sich den Kopf zu zermartern.
Wenn die Nachrichtenagenturen recht hatten, war Qazai von Dubai nach Syrien geflogen und gegen Mitternacht in Damaskus gelandet. Man nahm an, er sei alleine gereist, aber bisher hatte kein Journalist die Passagierliste überprüft. Man wusste, dass er im Vier Jahreszeiten eine Suite gebucht, am Sonntagmorgen dort alleine gefrühstückt hatte und mit dem Taxi nach Bab Tuma im Osten der Stadt gefahren war. Kurz nach zehn hatte man, laut der staatlichen Nachrichtenagentur, in einem Teppichladen in der Nähe der Franz-von-Assisi-Kirche Schüsse gehört, und als die Polizei eintraf, fand sie Qazai mit zwei Kopfschüssen in einem Sessel vor, die drei Tassen Tee auf dem Tisch neben ihm waren noch warm. Den Ladenbesitzer entdeckten sie im Obergeschoss, wo er sich versteckt hatte – ob vor den Schützen oder vor der Polizei, war nicht klar.
Webster hatte die Neuigkeiten im Zug nach Truro erfahren, durch einen Anruf von Hammer, den er auf seine Mailbox sprechen ließ. Dann kam eine E-Mail mit Links zu den ersten Agenturberichten. Er las sie einmal durch, bat Hammer, die Akte an die CIA zu schicken, schaltete das Handy aus und hockte mit geschlossenen Augen da, während er an den befremdlichen, verspäteten Mut dachte, den Qazai aufbringen musste, um wissentlich in den Tod zu gehen; vor sich sah er, wie man ihm Tee einschenkte, während er auf Rads Ankunft wartete, immer noch elegant gekleidet, äußerlich immer noch ein bedeutender Mann. Was ging in ihm vor? War er von Angst erfüllt? Von Reue? Oder von einem wachsenden Gefühl inneren Friedens?
Er dachte an Ava. Falls sie es noch nicht gehört hatte, würde sie es bald erfahren; es war nicht nötig, dass er sie erneut anrief. Während er auf seinen Flug gewartet hatte, hatte er versucht, sie von Constances Haus aus zu erreichen, aber es war nur ihre Mailbox angegangen, und für ein, zwei Stunden befürchtete er, Rad habe sie hintergangen und ihm sei noch jemand aus der Familie zum Opfer gefallen. Doch kurz vor Mitternacht hatte sie ihn dann angerufen, besorgt, aber gefasst, und wollte wissen, warum er und nicht ihr Vater sie so oft angerufen habe. Sie kannte die Antwort – ja, als man sie entführte, hatte sie bereits befürchtet, dass man sie austauschen wollte und dass ihre Freiheit nur zu diesem Preis zu haben war –, und sie hatte kaum etwas erwidert, sich mit der Nachricht abgefunden, auch wenn sie ihr noch nicht gewachsen war.
Ihr Vater hatte sich also geopfert. Webster dachte an die unzähligen praktischen Fragen, die Ava jetzt zu beantworten hatte. Wo sollte der Leichnam beigesetzt werden, falls sie es entscheiden durfte? Wie sollte sie mit den Journalisten umgehen, wenn sie bei ihr anriefen, und was sollte sie schließlich der Öffentlichkeit erzählen? Was mit dem verbliebenen Geld tun? Er hätte ihr gerne geholfen, aber das ging nicht. Letztlich war er nicht verantwortlich: weder für Qazai noch für dessen Tochter.
Es war schon spät, als er in Helford eintraf. Er bat George Black, seine Männer abzuziehen, und beobachtete, wie die vier anonymen Limousinen
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