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Die Kunst des Träumens

Die Kunst des Träumens

Titel: Die Kunst des Träumens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Castaneda
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»Und frage mich nie wieder. Ich habe dir gesagt, daß Träumer in diesem Fall auf sich allein angewiesen sind.«
    »Aber du weißt ja gar nicht, was ich dich fragen wollte.«
    »Oh. doch, ich weiß. Du möchtest, daß ich dir sage, es sei ganz in Ordnung, in einem dieser Tunnel zu leben, und sei es nur aus dem einen Grund, um zu erfahren, worüber die Stimme des Botschafters spricht.«
    Genau dies, musste ich zugeben, war mein Problem. Zumindest wollte ich wissen, was es mit der Aussage auf sich hatte, man könne in diesen Tunnels leben.
    »Auch ich habe diesen Konflikt durchgemacht«, fuhr Don Juan fort, »und niemand konnte mir helfen, weil dies eine ganz persönliche und endgültige Entscheidung ist - eine endgültige Entscheidung, die du in dem Augenblick triffst, da du den Wunsch aussprichst, in dieser Welt zu leben. Um dich so weit zu bringen, daß du dieses Verlangen aussprichst, werden die anorganischen Wesen auch deinen geheimsten Wünschen nachkommen.«
    »Das ist wahrhaft teuflisch. Don Juan.«
    »Das kann man wohl sagen. Aber nicht nur in dem Sinn, wie du es meinst. Für dich liegt das Teuflische darin, der Versuchung nachzugeben - besonders da es um so große Belohnungen geht. Für mich ist das Reich dieser anorganischen Wesen deshalb eine teuflische Sache, weil es womöglich die einzige Zuflucht sein könnte, die Träumer in einem feindseligen Universum haben.«
    »Ist es wirklich ein Asyl für Träumer, Don Juan?«
    »Eindeutig, jedenfalls für manche Träumer. Nicht für mich. Ich brauche keine Stützen oder Schutzgeländer. Ich weiß, was ich bin. Ich bin allein in einem feindseligen Universum, und ich habe gelernt zu sagen: Sei es drum!«
    Damit endete unser Gespräch. Er hatte nicht gesagt, was ich hören wollte, und doch wußte ich. daß schon das Verlangen, zu erfahren, wie es wäre, in solch einem Tunnel zu leben, beinah eine Entscheidung für diese Lebensform bedeutete. An so etwas war ich nicht interessiert. Und so entschloss ich mich, meine Traumübungen fortzusetzen, ohne mich auf weitere Konsequenzen einzulassen. Sofort berichtete ich Don Juan von meinem Entschluß. »Sage noch nichts«, riet er mir. »Aber begreife, daß deine Entscheidung, falls du bleiben willst, endgültig ist. Du wirst für immer dort bleiben.«
    Es ist mir unmöglich, objektiv zu beurteilen, was die unzähligen Male, die ich von dieser Welt träumte, eigentlich stattfand. Ich kann nur sagen, daß dies anscheinend eine Welt war, so real, wie ein Traum nur sein kann. Oder ich könnte sagen, daß sie so real zu sein schien wie unsere alltägliche Welt. Von dieser Welt träumend, wurde mir bewußt, was Don Juan so oft zu mir gesagt hatte: daß die Wirklichkeit unter dem Einfluss des Träumens eine Metamorphose durchmacht. Ich sah mich also vor zwei Alternativen gestellt, zwischen denen. Don Juan zufolge, alle Träumer sich entscheiden müssen: entweder strukturieren wir unser System zur Interpretation von Sinnesdaten sorgfältig um, oder wir geben es ganz auf.
    Unser Interpretationssystem umzustrukturieren hieß für Don Juan, dessen Erneuerung zu beabsichtigen. Und das bedeutete, daß man sich bewußt und sorgfältig bemühte, dessen Kapazitäten zu erweitern. Indem die Träumer in Übereinstimmung mit dem Weg der Zauberer leben, sparen und speichern sie die notwendige Energie, um ihr Urteil hintanzustellen und so die beabsichtigte Umstrukturierung zu ermöglichen. Wenn wir uns dafür entschieden, unser Interpretationssystem zu erneuern, erklärte er. gerate die Realität in Bewegung und die Bandbreite dessen, was real sein kann, werde erweitert, ohne die Integrität aller Realität zu gefährden. Das Träumen eröffnet also tatsächlich die Pforte zu anderen Aspekten von Realität.
    Falls wir uns dafür entscheiden, unser System aufzugeben, so erweitert sich die Bandbreite dessen, was ohne jede Interpretation wahrgenommen werden kann, ins Unermessliche. Unser Zuwachs an Wahrnehmung ist so gigantisch, daß uns nur noch sehr wenige Instrumente zur Interpretation unserer Sinnesdaten bleiben - und somit ein irreales Gefühl grenzenloser Realität oder einer unendlichen Irrealität, die sehr wohl real sein könnte, es aber nicht ist. Für mich war der einzig akzeptable Weg, mein Interpretationssystem zu erneuern und zu erweitern. Wenn ich vom Reich der anorganischen Wesen träumte, begegnete ich - von Traum zu Traum - immer wieder der Konsistenz dieser Welt, ob ich die Scouts isolierte, der Stimme des Traumbotschafters

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