Die Kunst des Träumens
schlafen siehst, und dieser andere bist du selbst«, sagte Don Juan.
Meine Energie war damals so hochtransformiert, daß ich gleich an der dritten Aufgabe zu arbeiten begann, auch wenn er mir keine weiteren Informationen darüber gab. Das erste, was ich bei meinen Traumübungen bemerkte, war, daß ein Energieschub sofort den Schwerpunkt meiner Traum-Aufmerksamkeit verlagerte. Ich konzentrierte mich nun auf das Erwachen im Traum, wobei ich mich selbst schlafen sah. Reisen ins Reich der anorganischen Wesen beschäftigten mich nicht mehr.
Bald danach sah ich mich schlafend in einem Traum. Sofort berichtete ich es Don Juan. Der Traum kam mir, während ich in seinem Haus war.
»Zwei Phasen gibt es bei jeder Traumpforte«, sagte er. »Die erste ist, wie du weißt, das Erreichen der Pforte. Die zweite ist das Hindurchschreiten. Indem du träumtest, was du geträumt hast, nämlich daß du dich schlafen sahst, erreichtest du die dritte Pforte. Die zweite Phase ist nun, umherzugehen, nachdem du dich im Schlaf gesehen hast.«
»Bei der dritten Traumpforte«, fuhr er fort, »beginnst du deine Traum-Wirklichkeit bewußt mit der alltäglichen Wirklichkeit zu verschmelzen. Dies ist der vorgesehene Ausbildungs-Drill, und die Zauberer bezeichnen es als Vervollständigung des Energiekörpers. Die Verschmelzung der beiden Realitäten soll so gründlich erfolgen, daß du beweglicher sein mußt denn je. An der dritten Pforte mußt du alles untersuchen, mit großer Vorsicht und Neugier.« Ich beschwerte mich, seine Empfehlungen seien mir zu rätselhaft und unbegreiflich. »Was verstehst du unier Vorsicht und Neugier?« fragte ich.
»Vor der dritten Pforte haben wir die Neigung, uns in Details zu verlieren«, antwortete er. »Alles mit großer Vorsicht und Neugier zu betrachten bedeutet, daß wir der beinah unwiderstehlichen Versuchung widerstehen, uns Hals über Kopf in Einzelheiten zu stürzen.
Der vorgeschriebene Drill bei der dritten Pforte ist, wie ich sagte, die Konsolidierung des Energiekörpers. Die Träumer bauen den Energiekörper allmählich auf. indem sie die Aufgaben der ersten und zweiten Pforte erfüllen. Wenn sie die dritte Pforte erreichen, ist der Energiekörper bereit herauszukommen - besser gesagt, er ist bereit zu handeln. Leider heißt dies auch, daß er bereit ist, sich von Einzelheiten hypnotisieren zu lassen.«
»Was heißt es, sich von Einzelheiten hypnotisieren zu lassen?«
»Der Energiekörper ist wie ein Kind, das sein Leben lang eingesperrt war. Sobald er nun frei wird, saugt er alles auf, was er finden kann, und ich meine buchstäblich alles. Jedes belanglose, winzige Detail absorbiert den Energiekörper gänzlich.« Es folgte ein verlegenes Schweigen. Ich wußte nicht, was ich sagen sollte. Ich hatte ihn genau verstanden, aber aus eigener Erfahrung konnte ich mir keine Vorstellung machen, was dies alles bedeuten mochte.
»Die dümmste Kleinigkeit kann für den Energiekörper zu einer eigenen Welt werden«, erklärte Don Juan. »Die Träumer müssen alles daransetzen, den Energiekörper zu steuern. Ich weiß, es ist eine unbeholfene Umschreibung, wenn ich dir rate, die Dinge mit Vorsicht und Neugier zu betrachten, aber es ist die beste Bezeichnung für das, was du tun solltest. An der dritten Pforte müssen die Träumer den unwiderstehlichen Drang vermeiden, sich einfach auf alles zu stürzen - und sie vermeiden ihn. indem sie so neugierig darauf brennen, auch alles andere kennenzulernen, daß sie sich nicht von einer Einzelheit gefangen nehmen lassen.« Er wisse wohl, fugte Don Juan hinzu, wie absurd seine Empfehlungen mir Vorkommen müßten; er ziele damit aber direkt auf meinen Energiekörper. Immer wieder betonte er, daß mein Energiekörper all seine Kräfte aufbieten müsse, um handeln zu können.
»Aber, handelt mein Energiekörper nicht schon die ganze Zeit?« fragte ich.
»Zum Teil, ja. Sonst hättest du nicht ins Reich der anorganischen Wesen reisen können«, antwortete er. »Jetzt aber muß dein gesamter Energiekörper sich daran beteiligen, die Aufgabe der dritten Pforte zu erfüllen. Um deinem Energiekörper die Sache zu erleichtern, solltest du deine Rationalität zurückhalten.«
»Ich fürchte, du verbellst den falschen Baum«, sagte ich. »Nach allen Erfahrungen, die du in mein Leben gebracht hast, ist bei mir nur noch wenig Rationalität übrig.«
»Ach, erzähle mir nichts. Unsere Rationalität ist es, die den Energiekörper an der dritten Pforte zwingt, sich so hartnäckig
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