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Die Kunst des Träumens

Die Kunst des Träumens

Titel: Die Kunst des Träumens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Castaneda
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was mit dem Energiekörper zusammenhängt, von der richtigen Position des Montagepunktes abhängig ist und weil Träumen nichts anderes ist, als diesen zu verschieben - folglich das geeignete Mittel sei. um den Montagepunkt in der richtigen Position verweilen zu lassen; in diesem Fall dort, wo der Energiekörper sich konsolidieren und von wo er schließlich hervorgehen kann. Nun glauben die Zauberer, sagte Don Juan, daß die optimale Position des Montagepunktes erreicht ist, sobald der Energiekörper sich von selbst bewegen kann. Der nächste Schritt ist dann, den Montagepunkt anzupirschen, das heißt ihn in dieser Position zu fixieren, um den Energiekörper zu komplettieren. Und er meinte, daß dieser Vorgang das Einfachste von der Welt sei: man braucht nur die Absicht, ihn anzupirschen. Schweigen und erwartungsvolle Blicke folgten auf diese Eröffnung. Ich erwartete, er würde noch mehr sagen. Und er erwartete, daß ich verstanden hätte, was er gesagt hatte. Das hatte ich nicht.
    »Du lässt deinen Energiekörper einfach beabsichtigen, die optimale Traumposition zu erreichen«, erklärte er. »Dann lässt du deinen Energiekörper beabsichtigen, in dieser Position zu bleiben, und schon pirschst du.«
    Er sah mich an und drängte mich augenzwinkernd, über seine Worte nachzudenken. »Das Geheimnis liegt in der Absicht; aber das weißt du schon«, sagte er. »Die Zauberer verschieben ihren Montagepunkt, indem sie es beabsichtigen, und sie fixieren ihn auch, indem sie es beabsichtigen. Für das Beabsichtigen aber gibt es keine Technik. Man beabsichtigt einfach, indem man beabsichtigt.« An diesem Punkt war es unvermeidlich, daß ich mir wieder einmal kühne Vorstellungen über meinen Wert als Zauberer machte. Ich hatte grenzenloses Vertrauen, daß irgend etwas mich auf die richtige Spur bringen würde, wie ich meinen Montagepunkt in die Idealposition beabsichtigen könnte. Schon früher waren mir alle möglichen Manöver gelungen, ohne daß ich wußte, wie sie mir gelangen. Don Juan selbst staunte über meine Fähigkeit oder mein Glück, und ich war sicher, daß es auch diesmal klappen würde. Das war ein schwerer Irrtum. Was ich auch tat, wie lange ich auch wartete, gelang es mir doch nie, meinen Montagepunkt an irgendeiner Stelle zu fixieren, geschweige denn an der idealen. Nach Monaten ernsten, wenn auch erfolglosen Bemühens gab ich es auf. »Ich dachte wirklich, ich könnte es«, sagte ich zu Don Juan, kaum war ich bei ihm eingetreten. »Ich fürchte, ich leide mehr denn je an Selbstüberschätzung.«
    »Nicht wirklich«, sagte er lächelnd. »Tatsächlich bist du wieder einmal auf deine Neigung hereingefallen, Begriffe falsch zu interpretieren. Du suchst die ideale Stelle des Montagepunktes, als suchtest du deine verlorenen Autoschlüssel. Und dann willst du den Montagepunkt festbinden, als ginge es darum, deine Schuhe zu binden. Die ideale Stelle und die Fixierung des Montagepunktes sind doch Metaphern. Beides hat nichts mit den Wörtern zu tun, die wir zu ihrer Beschreibung verwenden.« Und nun bat er mich, ihm von den letzten Ereignissen meiner Traumübungen zu berichten. Als erstes erzählte ich, daß mein Zwang, mich von Einzelheiten absorbieren zu lassen, tatsächlich nachgelassen hatte. Vielleicht lag es daran, meinte ich, daß ich mich in den Träumen unaufhörlich - wie zwanghaft - bewegte. So könnte diese Bewegung mich daran gehindert haben, mich in die Details zu stürzen, die ich beobachtete. Auf diese Weise gebremst zu werden, gab mir aber die Chance, den Vorgang des Absorbiertwerdens durch Details näher zu untersuchen. Ich kam zu dem Schluss, daß unbelebte Materie wirklich eine lähmende Kraft hatte: ich sah sie stets als dunklen Lichtstrahl, der mich an Ort und Stelle festhielt. Manchmal sandte zum Beispiel ein winziger Fleck an den Wänden oder auf dem Parkettboden meines Zimmers eine Lichtlinie aus, die mich versteinerte. Von dem Augenblick, da meine Traum- Aufmerksamkeit sich auf dies Licht konzentrierte, drehte sich der ganze Traum um diesen winzigen Fleck. Ich sah ihn vergrößert - manchmal bis zum Umfang des ganzen Kosmos. Solche Bilder hielten an, bis ich erwachte - meist mit der Nase an der Wand oder am Holzboden des Zimmers. Ich hatte dann immer den Eindruck, daß dieses Detail, erstens, real war; und daß ich es, zweitens, beobachtet hatte, während ich schlief.
    Don Juan lächelte und sagte: »All dies geschah dir, weil dein Energiekörper vollständig war, als er sich von selbst

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