Die Kunst engagierter Gelassenheit
nicht den Dingen nachtrauern, die nicht mehr möglich sind, sondern die Dimensionen des Lebens und jene Tätigkeiten entfalten, die möglich sind, Sinn ergeben und bisher vielleicht zu kurz kamen.
Die lange Liste der Gelassenheitshemmer erweckt den Eindruck, dass Ungelassenheit nur durch negative Faktoren verursacht, beeinflusst oder ausgelöst wird. Was ist mit all den Glücksmomenten, die uns in emotionale Ausnahmezustände versetzen? Wenn wir im Lotto gewinnen, uns verlieben, Schmetterlinge im Bauch spüren, in Ekstase sind, mit den Skis über einen frisch verschneiten Schneehang schwingen, im Hochsommer ins kühle Meer springen, ein Klavierkonzert von Rachmaninow hören oder unser Baby lächeln sehen?
Diese Sternstunden und Traummomente können unseren Puls selbstverständlich ebenso hochtreiben wie Horrorfilme, traumatische Erfahrungen und schwere Schicksalsschläge. Aber unser Geist, unser Herz und unsere Seele erleben selbst bei extremen positiven Emotionen innere Ruhe und Frieden, Heiterkeit und Leichtigkeit.
Die folgenden Aussagen laden Sie ein, Ihre eigenen Gelassenheitshemmer klarer kennen zu lernen.
■ Ich erlebe mich ungelassen ... im Privatleben (mit PartnerIn, Kindern, Eltern, FreundInnen) im Beruf oder gesellschaftlichen Engagement (mit KollegInnen, Vorgesetzten, Untergebenen, KlientInnen etc.)
gegenüber Politik/Wirtschaft/Religion/Kultur/Medien/Gesundheits- und Sozialwesen
... wenn ich mich ärgere über ...
... wenn ich mich fürchte vor .../bedroht fühle durch ...
... wenn ich gestresst bin und unter Druck wegen ...
... wenn ich Feuer und Flamme bin für ...
... wenn ich mich unverstanden/verletzt fühle durch ...
... wenn ich ... annehmen muss und nicht ändern kann ...
... wenn ich die Geduld nicht habe für ...
... wenn ich mich nicht distanzieren und abgrenzen kann von
...
... wenn ich ... verändern/loslassen/aufgeben muss ...
■ Wo und wann habe ich besondere Mühe mit Loslassen?
■ Wann habe ich das Loslassen schon als Chance erlebt, neuen Raum zu geben?
■ Was braucht es an Veränderung bei mir, damit ich gelassener werden kann?
■ Was braucht es an Veränderung bei PartnerIn und in der Familie, damit ich gelassener werden kann?
■ Was braucht es an Veränderung am Arbeitsplatz (Organisation, Unternehmen), damit ich gelassener werden kann?
■ Was braucht es an Veränderung in der Politik (national und global), damit ich gelassener werden kann?
Angeboren oder lernbar?
Person bin ich,
Charakter habe ich,
Persönlichkeit werde ich.
Viktor E. Frankl (Psychiater, 1905 – 1997)
Manche Menschen sind offenbar von der Natur her hektisch und ungeduldig, andere phlegmatisch und in sich ruhend. Ist Gelassenheit eine vererbte Charaktersache, eine angeborene Gemütsverfassung oder eine Folge von Lernen und Üben? Oder ist sie die Frucht religiösen Glaubens oder erzeugt durch das soziale Umfeld? Wie weit spielen die verschiedenen Temperamente, Sternzeichen und Enneagramm-Typen eine Rolle? Oder
ist Gelassenheit einfach die Frucht unserer reflektierten Erfahrungen? Manches lässt aufVererbung und Prägung in den Kindheitsjahren schließen. Das Spektrum der Meinungen ist breit:
»Ein Mensch, dem in der Kindheit viel Vertrauen geschenkt wurde, hat viel Selbstvertrauen: das ist ein riesiges Geschenk! Selbstvertrauen ist eine Grundlage der inneren Ruhe und der Gelassenheit.« (Mann, 62 Jahre)
»In schwierigeren Situationen sind zum Auffinden der inneren Ruhe das soziale Umfeld und ein tragendes Beziehungsnetz bestimmt ebenso wichtig wie der eigene W ille , möglichst gelassen zu bleiben.« (Frau, 46 Jahre)
»Gelassenheit ist eine angeborene Charaktersache. Besonders mein Vater war cool. Gleichzeitig hat mir das spirituelle Training viel geholfen.« (Mann, 51 Jahre)
»Gelassenheit wurde wesentlich von meiner Familie und Freunden geprägt. Heute hängt sie mehr mit meiner persönlichen Gottesbeziehung zusammen.« (Frau, 46 Jahre)
»Den größten Einfluss schreibe ich meinem familiären Umfeld während meiner Kindheit zu. Die Sicherheit, die damals dominiert hat, füllte meine Körperzellen mit einer riesigen Portion Urvertrauen. Die Gelassenheit meiner Eltern hat sich auf mich übertragen. « (Frau, 38 Jahre)
»Gelassenheit ist wohl eine Mischung aus Naturell, Erfahrungen und einer gewissen Demut, dass im Leben alles seinen Sinn hat und ich nicht alles zu 100 Prozent steuern kann und muss.« (Frau, 54 Jahre)
»Ich vermute, es ist Charaktersache und auch ein Resultat kognitiver
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