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Die Kunst engagierter Gelassenheit

Die Kunst engagierter Gelassenheit

Titel: Die Kunst engagierter Gelassenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lukas Niederberger
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Frühstücks-Rituale entwickelt. Ich kenne aber auch Leute, die den langen Reiseweg nicht mehr wollten und eine Wohnung in der Nähe der Arbeitsstelle suchten.

    Neue Ziele und Wege wählen
    Der Stein hat keine Hoffnung,
etwas anderes zu sein als ein Stein.
Aber indem er sich mit anderen verbindet,
wird er zum Tempel.
    Antoine de Saint-Exupéry (in: Die Stadt in der Wüste)
    Der Neurologe, Psychiater und Begründer der Logotherapie, Viktor E. Frankl, verlor seine Eltern in Auschwitz, seine Frau im KZ Bergen-Belsen. Er selbst überlebte die Konzentrationslager von Theresienstadt, Auschwitz und Dachau. Seine Eindrücke und Erfahrungen in den Konzentrationslagern verarbeitete er in dem eindrücklichen Buch ... trotzdem Ja zum Leben
sagen (Kösel-Verlag, München 2009). Darin vertritt Frankl die Überzeugung, dass Gelassenheit das Wissen sei, dass uns niemand die Freiheit nehmen könne, die darin besteht, dass wir unsere innere Einstellung zu dem, was geschieht, selbst wählen. Frankl spricht hier zweifellos von der höchsten Form der Gelassenheit. Sie mag vielleicht anpasserisch wirken, ist aber höchst subversiv, weil sie das höchste menschliche Gut, die Freiheit, gegen alle Widrigkeiten aufrechterhält.
    Bereits im ersten Buchteil über das Leben im Hamsterrad habe ich den griechischen Helden Sisyphus erwähnt, der seiner stupiden Arbeit – den Felsbrocken auf den Berg zu bringen – ein neues höheres Ziel abgewinnen konnte. Wäre Sisyphus katholisch, müsste man ihn als Patron der Gelassenheit auf die Altäre erheben. Situationen, die an sich unvermeidlich und unveränderbar sind oder zumindest so erscheinen, ändern sich durch unsere innere Einstellung und durch das Setzen neuer und höherer Ziele.
    Auch wenn uns keine Götter zwingen, Steine auf einen Felsen zu rollen, begegnen wir im Leben immer wieder unangenehmen Situationen, denen wir eine positive Wende verleihen können. Arbeitslosigkeit führt beispielsweise bei manchen Menschen zu Depression, Verzweiflung, Verlust des Selbstwertgefühls oder gar zu Suizid. Andere entdecken darin eine einzigartige und notwendige Chance, um für sich das zu entdecken, was wirklich ihrer eigenen Bestimmung entspricht und ihrem Leben Sinn schenkt. Auch Krankheiten und Unfälle führen bei den einen zum pausenlosen Jammern. Und andere finden darin einen tieferen Sinn und machen daraus das Beste. Ein spanisches Sprichwort sagt: »Wenn dein Haus in Flammen
steht, dann wärme dich daran.« Zugegeben, das ist Gelassenheit für Fortgeschrittene.

    Es ist wie es ist
    »Gelassenheit bedeutet für mich im Frieden sein mit dem Leben, wie es sich mir gerade zeigt und entfaltet. Gelassenheit bedeutet nicht, dass ich alles gutheiße, aber dass ich akzeptiere, dass das Leben jetzt so ist, wie es ist, und dass ich die Bereitschaft aufbringe, mich damit unvoreingenommen auseinanderzusetzen .« (Frau, 41 Jahre)
    Die Konfrontation mit der Realität und das konstruktive Kooperieren mit dem Unvermeidbaren klammern unsere Trauer und Empörung oder auch Ohnmacht und Hilflosigkeit angesichts des Zustands der Welt oder der eigenen Biografie nicht aus. Die Frage nach dem Warum von Leid und Schmerz, Gewalt und Ungerechtigkeit bleibt bestehen. Allerdings versuchen gelassene Menschen, sich nicht auf Negatives und Unveränderbares zu fixieren, sondern ihre Energie auf die Gestaltung der Zukunft zu richten.
    Glücklich ist,
wer vergisst,
was doch nicht zu ändern ist!
    Diese Worte singt Alfred in Johann Strauß’ bekannter Operette Die Fledermaus. Diese Volksweisheit bedeutet nicht, dass wir verdrängen müssen, was wir nicht ändern können, sondern dass wir die Freiheit haben, unsere Gedanken da oder dorthin zu steuern.

    Welt im Wandel – Leben als Prozess
    Annehmen, was nicht zu ändern ist, bedeutet letztlich, nicht nur uns selbst und unser Leben, sondern auch die konkrete Welt als die beste aller Welten zu erkennen und sie nicht nur in und wegen ihrer Vollkommenheit zu bewundern und zu lieben. Die Welt war stets unvollkommen und wird es bis zum Endpunkt der Evolution bleiben. Leidfreies Leben, makellose Menschen, eine Schöpfung ohne Krankheit und Leid gibt es nicht. Der gelassene Mensch akzeptiert, dass er selbst, die anderen Menschen, unsere Organisationen, die Welt und sogar Gott voller realer oder vermeintlicher Widersprüche sind. Gelassenheit ist das JA zur Leere, zum Fehlen, zum Manko, zum Vakuum, zum Nicht-Perfekten, zum Halbfertigen, Unvollendeten und Widersprüchlichen, zur unerfüllten

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