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Die Kunstjaegerin

Die Kunstjaegerin

Titel: Die Kunstjaegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elis Fischer
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Mordkommission? War Rembert nun getötet worden und wenn ja, wieso? Was, wenn sie etwas früher gekommen wären und den Täter überrascht hätten? Hätten sie Rembert retten können? Was, wenn ihr Bild etwas mit seiner Ermordung zu tun hatte? Sie schüttelte den Kopf. Unsinn, es wusste doch niemand, dass sie es zu Wenz gebracht hatte.
    »Flora, nun ist es Zeit für deine Geschichte. Lenk uns ein bisschen ab«, holte Paul Theresa aus ihren Gedanken zurück.
    Ihre Freundin räusperte sich. »Na gut.« Sie begann zu erzählen, wie sie den Praktikumsplatz bei der Polizei bekommen und dort gelernt hatte, aufmerksam zu beobachten, Details wahrzunehmen und strukturiert zu arbeiten. Nach einer Einbruchserie habe sie Egon, der Polizeifotograf, auf eigene Faust losgeschickt. Es sei an diesem Abend hoch hergegangen, typisch für eine Vollmondnacht, in der alle durchdrehen. Flora war zum Tatort gefahren und hatte dort den jungen Revierinspektor Robert Kiesling getroffen.
    »Er sah schon damals phänomenal aus«, seufzte Flora.
    »Und hatte er schon damals dieses schäbige Sakko an? Vermutlich. Falsches Jahrzehnt, falsche Jahreszeit«, brummte Paul dazwischen.
    »He, wer trägt hier seit eh und je graues Flanell?«, rief Flora schnippisch.
    Theresa sah Paul strafend an, legte ihre Hand beruhigend auf Floras Arm und bat sie, weiterzuerzählen.
    »Robert und ich haben ein bisschen geflirtet, die Tele-fonnummern ausgetauscht und es hätte der Anfang einer wunderbaren Beziehung sein können. Doch dann bin ich in das Zimmer gegangen, in dem das Verbrechen geschehen ist. Dass es derart grauenhaft aussehen würde, hatte mir keiner gesagt. Und da habe ich leider den Tatort verunreinigt.«
    »Was hast du?«, fragte Theresa.
    »Ich musste mich übergeben und habe die Arbeit der Spurensicherung zunichtegemacht.«
    »Das wäre jedem passiert«, versuchte Theresa sie zu trösten.
    »Nicht jedem«, erwiderte Paul trocken. Flora warf ihre Locken nach hinten und kniff die Augen zusammen.
    »Und wieso hast du Robert nicht angerufen, um ihn wieder zu sehen?«, lenkte Theresa ab.
    »Ich bin ein konservatives Mädchen und habe gewartet, dass er sich meldet. Was er nicht tat. Na ja, sein Pech. Außerdem habe ich ein paar Wochen später Walter kennengelernt.« Sie sagte es leichthin, doch es beschäftigte sie augenscheinlich mehr, als sie zugab. Mit versteinerter Miene sagte sie zu Theresa: »Du warst übrigens gerade den Sommer über in Italien bei Francesco …
    Keine Freundin da, wenn man eine braucht.«
    »Ach, deshalb kann ich mich an diese Geschichte nicht erinnern.
    Ich habe mir gerade gedacht, komisch, dass ich das vergessen konnte. Doch selbst wenn ich in Wien gewesen wäre, was hätte ich tun sollen?«, fragte Theresa und nahm einen Schluck Kaffee.
    »Komm morgen mit zur Protokollaufnahme und verabrede dich mit ihm.«
    »Nein, es ist zu spät«, antwortete Flora.
    »Ich begleite dich, Thesi«, warf Paul ein. »Ich muss auch hin.
    Wann hast du Zeit?«
    »Am besten, wir bringen es am Vormittag hinter uns, wenn Dino im Kindergarten ist.«
    Vor dem ›Milchkandl‹ wählte Paul die Nummer seiner Tante, um seinen Besuch anzukündigen. Da er sie nicht erreichen konnte, fragte er: »Und was machen wir jetzt? Unternehmen wir etwas gemeinsam? Ich möchte momentan nicht allein sein.«
    »Ich auch nicht«, meinte Theresa. »Leon ist noch klettern und Dino bei meinen Schwiegereltern.«
    »Gehen wir in die Hofburg und schauen, ob wir dort in der Silberkammer die Krüge von deinem Bild finden …«, Flora stockte.
    »Entschuldige Thesi, ich hab ganz vergessen, dass es gestohlen wurde.«
    »Egal, die ›Krönung‹ ist im Moment unwichtig. Zur Ablenkung könnten wir uns allerdings etwas Schönes ansehen.«
    Sie schlenderten schweigend über den Schwedenplatz, die Rotenturmstraße hoch in Richtung Graben. Als am Ende des Kohlmarkts die grüne Michaelerkuppel in Sicht war, lächelte Theresa und dachte an das wunderbare Echo, das in diesem Durchgang herrschte. Zuletzt war sie mit ihrem Vater dort gestanden, als sie gemeinsam eine Antiquitätenmesse besuchten.
    Wie immer hatte er unter der Kuppel gejodelt. Den Erzherzog-Johann-Jodler. Wie immer hatten die japanischen Urlauber applaudiert und fotografiert. Und wie immer war es ihr furchtbar peinlich gewesen. ›Das muss sein, wenn ein echter Steirer zu Besuch nach Wien kommt, meine liebe Theresa‹ – seine Worte klangen in ihren Ohren. Was würde sie dafür geben, ihn noch einmal jodeln zu hören und noch

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