Die Kunstjaegerin
darauf, sie in Sicherheit zu wiegen, damit sie sich verriet? ›Theresa, reiß dich zusammen, du hast nichts getan!‹, ermahnte sie sich.
Um ihre Unschuld zu untermauern, sagte sie: »Ich bin gerne bereit, Ihnen Fingerabdrücke zu geben.« Um dann ewig im System zu sein? Eigentlich lieber nicht …
Es war zu spät, einen Rückzieher zu machen, Kiesling nickte.
»Gut, dass Sie das ansprechen. Wenn Sie am Mittwoch bei Rembert Wenz waren, ist es ziemlich wahrscheinlich, dass wir Spuren von Ihnen finden. Die Tatwaffe wurde zwar abgewischt, ebenso das Treppengeländer … Geza, kommst du mal?«
Zipser sprang auf, zog sich Handschuhe über und kam mit einem Stempelkissen zu Theresa. Er blickte sie entschuldigend an, als er zuerst ihren Daumen, dann alle anderen Finger hineindrückte.
Sie ließ die Prozedur willenlos über sich ergehen und ertappte sich dabei, wie sie den muskulösen Bizeps musterte, der sich unter dem Hemdsärmel des Inspektors abzeichnete.
Sie versuchte ihre Gedanken zu sortieren und sich zu fassen.
Ihre Abdrücke waren am Tatort! Daran hatte sie natürlich nicht gedacht, als sie die Abnahme leichtfertig vorgeschlagen hatte. Na ja, die wären ohnehin auf der Kaffeetasse … Mist, dort auch noch ihre DNA! ›Theresa, es ist egal, wenn sie deine DNA haben, du bist unschuldig!‹, flüsterte ihre innere Stimme wieder.
Als Zipser fertig war, gab er ihr ein feuchtes Tuch zum Abwischen, bedankte sich höflich und verließ den Raum. Theresa scheuerte an ihren Fingerkuppen, um die Farbe abzukriegen.
»Rauchen Sie?«, fragte Kiesling beiläufig.
»Nicht mehr, seit ich auf unserer Hochzeitsreise eine Bronchitis bekommen habe und …« Sie stockte. Das durfte den Chefinspektor wohl nicht interessieren. »Jetzt hätte ich aber durchaus Lust auf eine …«
Kiesling unterbrach sie: »Das war kein Angebot, sondern eine Frage.«
Aha, die Spurensicherung hatte wahrscheinlich einen Stummel gefunden, schloss Theresa blitzschnell. Das war positiv, dann wäre sie aus dem Schneider. Wenn die DNA der sichergestellten Zigarette mit der von ihrer Kaffeetasse verglichen werden würde …
»Und dürfte ich mir kurz Ihre Unterarme ansehen?« Der Chefinspektor ließ ihr keine Atempause.
»Wieso?« Theresa beugte sich vor und starrte Kiesling wütend an. Glaubte er jetzt wirklich, sie sei ein Junkie und habe einen Raubmord begangen, um Stoff zu besorgen?
»Reine Routine.«
Was war das bitte für eine Routine, fragte sich Theresa, während sie die Ärmel ihres Pullovers hochschob. Sie spürte, dass sich ihre Nackenhärchen aufstellten. In diesem Moment sah sie durch die Glasscheibe, dass Paul gekommen war und nebenan von Zipser befragt wurde. Beruhigt lehnte sie sich zurück. Jetzt war sie nicht mehr allein. Ja, sie war zwar unschuldig, aber Justizirrtümer kamen vor. Mit Fingerabdrücken an Tatort fing es an.
»Gut, ich habe alles gesehen. Sie können sich wieder, ähm, ich meine, die Arme bedecken. Kommen wir zu den gestohlenen Gegenständen. Haben Sie die Fotos dabei?«
Theresa reichte ihm einen Umschlag mit einigen Ausdrucken.
Ihre Hand zitterte. Der Chefinspektor zog die Fotos heraus und betrachtete sie. »Wie soll ich das Bild für die Akten nennen?«
»›Krönung‹, Gemälde, Öl auf Leinwand, circa 60 mal 80
Zentimeter, 17. Jahrhundert«, antwortete Theresa, ohne den Namen Sustermans zu erwähnen. War der Zettel auf der Rückseite nicht ohnehin unbedeutend?
»Wir gehen davon aus, dass bald ein Teil der Beute am Markt auftaucht. Die Kollegen vom Raub haben ihre Hehler, die auf solche Dinge spezialisiert sind. Wir werden das Gemälde finden.
Das wäre es fürs Erste. …«, er stockte kurz, »und bestellen Sie liebe Grüße an Flora.«
»Soll ich ihr noch was ausrichten?«, fragte Theresa neugierig.
Verwundert sah Kiesling sie an. »Nein, eigentlich nicht.
Wiederschauen.«
Theresa verabschiedete sich und winkte zu Paul rüber. Der zwinkerte und signalisierte, dass er sie anrufen würde. Beim Verlassen des Raumes wühlte sie in ihrer Tasche auf der Suche nach ihrem Handy, das sie wieder irgendwo hatte – nur nicht hier.
Dafür fand sie Dinos bunte Kinderuhr.
Die Vernehmung hatte gerade einmal eine halbe Stunde gedauert, Theresa war es wie eine Ewigkeit vorgekommen. Im Taxi ging sie das Gespräch noch mal durch. Dass Kiesling glaubte, den Raub und somit den Mord bald aufklären zu können, war ein gutes Zeichen. Doch wenn der Täter ein paar Jahre wartete, bevor er versuchte, etwas zu verkaufen?
Weitere Kostenlose Bücher