Die Kunstjaegerin
sie abgesehen! Sie verbiss sich eine Antwort, schluckte ihren Ärger hinunter und sah ihren Mann mit zusammengezogenen Augenbrauen an.
Leon ignorierte den Gewitterblick und fuhr ruhig fort: »Wir sollten Kiesling verständigen und ihm …«
»Nein! So wie der mich behandelt hat, will ich nie wieder mit ihm zu tun haben. Außerdem würde er uns für verrückt halten!«
Theresa begoss mit einem großen Schluck Wein ihren Protest, während Flora ihre Gedanken weiterspann.
»Wir könnten uns in die Klinik einweisen lassen. Das wäre bestimmt lustig: nachts im Schloss schnüffeln und tagsüber in den schönen oststeirischen Hügeln spazieren gehen, beim Mostheurigen einkehren …«
Ein gellender Schrei aus Dinos Zimmer unterbrach all ihre Überlegungen. Theresas warf ihren Stuhl nach hinten und stürmte hinaus, dicht gefolgt von Leon.
»Mama, da war ein … Monster am Fenster!«, stammelte Dino, als seine Eltern an seinem Bett angekommen waren.
Seine Augen waren vom Schlaf noch verquollen. Theresa nahm ihren Sohn in den Arm und wiegte ihn zur Beruhigung sanft hin und her.
»Es war ganz schwarz und hatte Hörner! Und es hatte nur ein riesengroßes Gl uuu tschauge.«
Leon drehte sich zu Paul, der hinter ihnen in den Raum getreten war, und flüsterte: »Er meint Glupschauge.«
»Mäuschen, da hast du geträumt, es gibt keine Monster.«
Theresa drückte Dino fester an sich.
»Nein! Es war da, mit schwarzem Haar und Hörnern so groß, wohin versteck ich mich bloß?«, widersprach Dino und verzog das Gesicht. Theresa signalisierte den zwei Männern zu gehen, legte Dino wieder ins Bett und kuschelte sich dann zu ihm.
Nachdem Dino eingeschlafen war, ging sie zurück ins Wohnzimmer, wo ihre Freunde in der Zwischenzeit das Geschirr abgeräumt und auf dem Tisch Platz für Laptops und Notizzettel gemacht hatten.
»Wo sind wir stehen geblieben?«, fragte Theresa.
»Bei Peck, der die ›Krönung‹ möglicherweise als einen Rubens enttarnt hat. Falls er das Bild hat, wie sollte er es verkaufen? Ist das nicht bei heißer Ware ziemlich schwierig?«, bemerkte Boris.
»Sie muss nicht offiziell auf den Markt kommen. Es gibt Sammler, die gestohlene Kunstwerke in ihren Kellern ausstellen und sie ausschließlich Freunden zeigen. Mit einem Dokument, das das Gemälde als echten Rubens auswiese – das hätte schon was.
Ein cooles Understatement«, sagte Paul. Als er die erstaunten Blicke der anderen sah, räusperte er sich und fügte nach kurzer Pause hinzu: »Wenn es legal wäre.«
»Dann sind es auf keinen Fall die Russen gewesen, die wir bei der Auktion gesehen haben. Die kennen kein Understatement, nur Over-Protzment«, lachte Flora.
»Dafür braucht man als Hehler jedoch Verbindungen. Auf gut Glück ein Bild zu stehlen und dafür einen Mord in Kauf zu nehmen …« Boris schüttelte den Kopf.
»Außerdem war das Verbrechen ungeplant. Es geschah ohne Vorsatz, 70 Millionen abzustauben«, ergänzte Paul.
»Wie kommst du darauf?«, fragte Flora.
»Ich schließe es aus den Indizien, Watson. Der Mörder improvisierte mit dem Mordwerkzeug: ein Kerzenleuchter, der zufällig in der Nähe stand. Der Täter führte keine Waffe bei sich und hatte folglich nichts geplant. Alles geschah im Affekt.«
»Soll ich den Peck jetzt als verdächtig markieren?« Boris sah sich ungeduldig um.
In der Zwischenzeit hatte Theresa aus seiner Liste einen Papierflieger gebastelt, den sie schnell wieder auseinanderfaltete, glatt strich und ihm zurückgab. »Ja, besser einer zu viel als zu wenig«, sagte sie beschwichtigend.
»Gut, wen noch? Und etwas mehr Seriosität bitte, liebste Theresa.« Paul zwinkerte ihr versöhnlich zu und beugte sich über das Blatt, um die Namen entziffern zu können. »Als nächstes lese ich ›Sustermans-Experten‹. Einer davon könnte das Gemälde sofort als echt identifiziert haben. 150.000 Euro sind für einen Kunsthistoriker wiederum viel Geld.«
»Wie wäre das zeitlich abgelaufen? Er hätte sich nach Thesis Mail ins Auto setzen und nach Wien rasen müssen, um das Bild zu stehlen. Um im Anschluss mit heißer Ware abzuhauen. Darüber hinaus passt die Wanze nicht zu dieser Theorie«, überlegte Boris.
»Genau! Kommen wir überhaupt wieder zurück zur ersten Frage.
Wieso war dieses Ding in Thesis Handy? Wer hat es wann und wo installiert?«, warf Flora in die Runde. »Das sollten wir zuerst klären.«
Auf eine kurze Denkpause folgten von allen Seiten wilde Spekulationen.
»Jemand wollte über die Ermittlungen
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