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Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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empfindliche Abneigung gegen alle Gerüche, die ihre Existenz dem Feuer verdankten. Zwar wollte er im Kampf für den Glauben kein Mittel von vornherein ausschließen, aber er gehörte nicht zu jenen, die leichtfertig ein Autodafé forderten. Dazu kannte er den unerträglich süßlichen Geruch verbrannten Menschenfleisches zu gut. So gut, dass er ihn niemals mehr aus seiner Nase bekommen würde, seit er als neunjähriger Knabe in einem nicht enden wollenden Albtraum durch die Straßen und Gassen seiner Heimat, der kleinen katalanischen Bischofsstadt Tortosa, geirrt war. Überall loderten damals die reinigenden Feuer der Rechtgläubigkeit zum Himmel, und die Schmerzensschreie der Marranos , der zwangsgetauften Juden, hallten immer noch in seinen Ohren wider. Die sich steigernden Oktaven des Schmerzes würde er niemals vergessen.
    Das alles war nun gut zehn Jahre her. Damals war er von einem Augenblick auf den anderen mutterseelenallein gewesen, für immer getrennt vom Vater, von der Mutter, von seinen Geschwistern. Tagelang war er durch die Stadt geirrt, hatte sich von Abfällen ernährt und sich zum Schlafen gelegt, wo es sich gerade ergab. Schließlich hatte er sich, ohne Plan, nur seinem Instinkt folgend, als blinder Passagier an Bord des nächsten Schiffes geschlichen. Der Knabe hatte nicht die geringste Vorstellung, wohin es ging, aber es trieb ihn mit aller Gewalt weg aus der Stadt des Todes. Wie im Taumel floh er von dem Ort seiner Schuld. Sollte der Heilige Geist entscheiden, wie sein Leben weiterverlaufen würde, er selbst vermochte es nicht.
    Die gute Vorsehung hatte ihn auf ein Schiff nach Ostia geführt. Ein mitreisender Predigerbruder erbarmte sich seiner und nahm ihn mit nach Rom in seinen Konvent. Dort nannten sie ihn Il Catalano , den Katalanen, und bildeten den begabten Jungen in allen dafür notwendigen Künsten zu einem Glaubenskämpfer, zu einer scharfen Waffe des Herrn aus. Er liebte den Namen Il Catalano, weil darin, für die anderen nicht sichtbar, sein ganzes bisheriges Leben, Vergangenheit und Gegenwart, verborgen lag.
    Giacomo fuhr sich mit der Hand über die Stirn, um die quälenden Visionen zu verscheuchen. Zuweilen wachte er, von seinen eigenen Schreien geweckt, mitten in der Nacht auf. Um ihn zu martern, bediente sich die Erinnerung furchtbarer Traumbilder, Fleisch, das von den Knochen schmolz, Menschenfett, das in die Feuerzungen tropfte und zischte. Wenn das geschah, suchte Giacomo die nächste Kapelle auf, warf sich vor dem Altar auf den kalten Boden, um seinen fiebrigen Leib zu kühlen, breitete die Arme aus, sodass er selbst zum Kreuz wurde, das er anbetete, und flehte den Allerhöchsten an: » Mea culpa, mea culpa, mea maxima culpa … Vergib mir, oh Herr, meine Sünden und erlöse mich von dem Bösen …«
    Niemand hätte diesem ebenso liebenswürdigen wie schönen jungen Mann solche inneren Qualen zugetraut. Den meisten erschien er wie der wiedergeborene Adonis, schlank und wohlproportioniert. Sein Gesicht zeichnete sich durch einen äußerst feinen Schnitt aus, den das Leben noch nicht verdorben hatte, obwohl es an Gründen dafür nicht mangelte. Die großen blauen Augen unter der hohen Stirn, die noch nichts trübte, flößten Vertrauen ein und ließen in ihm einen guten Kameraden vermuten, der das Herz auf dem rechten Fleck trug. Er war ein Kleriker, wie ihn sich junge Mädchen und reife Frauen als Beichtvater nur allzu sehr wünschten, die einen aus romantischen Gefühlen, die anderen aus Erfahrung.
    Inzwischen hatte Giacomo das eindrucksvolle Hochaltarziborium erreicht. Rechts und links führten Treppen zum Chor hinauf, von dort aus weiter zur Apsis, in deren Scheitel die Cathedra Petri, der Thron des Papstes, stand. Er kniete vor dem Heiligtum nieder, bekreuzigte sich, betete ein Vaterunser, anschließend das Glaubensbekenntnis und bekreuzigte sich erneut. Dann folgte er mit den Augen den vier Säulen, die vom Altartisch nach oben strebten und ein Gebälk hielten, das von einem Tympanon und einer Kuppel gekrönt wurde. Er wandte seinen Blick hoch zu dem Fries des Gebälks, zu der Darstellung des mit dem Kopf nach unten an das grobe Holz genagelten Petrus. Giacomo verstand ihn nur zu gut. Aus Respekt vor dem Herrn, aus dem Wissen über seine Sünden und dem Verrat hatte der Apostel nicht in der gleichen Weise wie der Gottessohn ans Kreuz geschlagen werden wollen, sondern darauf bestanden, dass man seine Qual vermehrte. So wies das Haupt des Petrus auf das Kruzifix auf dem

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