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Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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Räubern und Wegelagerern in die Schuhe schieben können. Warum geschah dieser Überfall erst in Ravenna?
    Bramantes Gedanken überschlugen sich, und seine Furcht wuchs. War es vielleicht noch schlimmer? Sollte er womöglich von ein paar Fanatikern in einem schaurigen Ritus geopfert werden? Was wollte man auch schon von einer Religion erwarten, in deren heiligstem Moment es hieß: »Dies ist mein Leib«, und: »Dies ist mein Blut«! Und in der es darum ging, dass die Gemeinde vom Leib eines Gekreuzigten aß und von dessen Blut trank?
    Wenn er mit heiler Haut davonkommen sollte, schwor sich Bramante, würde er erstens ein paar handgreifliche Worte mit Messèr Leonardo wechseln und zweitens seinen Vorsatz, die Bau- und Kunstwerke der Alten zu suchen, zu studieren, zu vermessen und zu beschreiben, in die Tat umsetzen. Zuvor aber musste er erst einmal aus dieser Glaubensgruft entkommen.
    Während die Häscher ihn vorwärtsdrängten und -schoben, versuchte Bramante mit aller Anstrengung, seine Hände aus den Fesseln zu lösen. Doch vergebens, der Lederriemen schnitt ihm nur bei jedem Rütteln tiefer und schmerzhafter ins Fleisch.
    Rom, Anno Domini 1492
    Das Dach der Vorhalle der alten Peterskirche ruhte auf zwölf Arkaden wie auf den zwölf Aposteln. Die schlanken Säulen des Vorbaus waren von einer erhabenen Schlichtheit. Im Dunkeln konnte Giacomo die Fresken über dem Eingang zur Basilika natürlich nicht erkennen, aber das war auch nicht notwendig. Er trug die Bilder in sich – Jesus Christus, die Gottesmutter, Papst Gregor der Große, schließlich darunter die Evangelisten und die vierundzwanzig apokalyptischen Greise, daneben symbolisch die Städte Jerusalem und Bethlehem. Die seit einiger Zeit geführten Diskussionen über den künstlerischen Wert der Darstellungen erregten den Zorn des jungen Mannes. Nach seiner Überzeugung stand es den Menschen nicht zu, über Darstellungen des Glaubens zu urteilen und sie ästhetisch zu bekritteln. Er fand sie wahrhaftig, und das genügte vollkommen. Die Fresken waren ein Gegenstand der Wahrheit und nicht der künstlerischen Eitelkeit. Überhaupt Künstler! In ihrer Vermessenheit schwangen sie sich immer mehr zu den Herren des Zeitalters auf und waren doch nichts anderes als im besten Falle eitle, aufgeblasene Strolche, im schlimmsten sogar Ketzer!
    In Giacomos Augen hatten die Menschen ihre Demut verloren. Doch wenn der Mensch sich überhob, wurde er unglücklich, neidzerfressen und böse. Überall erhob die Ketzerei ihr verdammungswürdiges Haupt. In Frankreich – er war gerade aus Narbonne zurückgekehrt –, waren es die Waldenser, in Böhmen die Hussiten. Offenbar hatte es nicht viel genutzt, den Ketzer Jan Hus vor gut siebzig Jahren in Konstanz zu verbrennen. Seine Anhänger ließen einfach nicht ab von ihrer häretischen Verstocktheit.
    Innig küsste er die Indulgenzbulle von Bonifaz VIII., die neben dem Portal als Bronzetafel eingelassen war. Der Papst hatte diese im Heiligen Jahr 1300 kurz vor seinem Tod erlassen und forderte darin die uneingeschränkte geistliche und weltliche Macht für den Stellvertreter Gottes, der sich jeder Herrscher unterzuordnen hatte. Genau darum ging es, dachte Giacomo, um die Errichtung von Gottes Regiment auf Erden. Aus keinem anderen Grund hetzte er seit drei Jahren im Auftrag der Frommen in der Kurie atemlos durch ganz Europa. Aus keinem anderen Grund drückte er jetzt zu dieser mitternächtlichen Stunde gegen die schwere Eichentür der Porta Ravenniana, die sich mit leisem Knarren öffnete.
    Das Kircheninnere lag im Halbdunkel, nur erleuchtet durch ein paar Kerzen und Andachtslämpchen. Streifen von hellem Mondlicht, das durch die kleinen Fenster im Obergaden drang, lagen auf dem mit kostbaren Einlegearbeiten aus verschiedenfarbigem Marmor geschmückten Boden des Mittelschiffs. Die vier Seitenschiffe waren in Dunkelheit getaucht. Giacomo ging um einen Steinquader herum, der mitten auf dem Kirchenboden lag, weil er sich vor ein paar Wochen aus dem Mauerverbund gelöst hatte. Es ließ sich nicht leugnen – Gottes Haus wurde immer baufälliger. Reparaturen taten dringend not, wenn die Gläubigen nicht bei Andacht und Buße von herabstürzenden Ziegeln und Steinen erschlagen werden sollten. Wenn man es recht bedachte, war das ein Skandal bei einer Wallfahrtskirche, die doch dem Seelenheil der Pilger und nicht ihrem raschen Ableben dienen sollte!
    Als er einen schwachen Weihrauchduft wahrnahm, rümpfte er die Nase. Er hegte eine

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