Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
Vom Netzwerk:
Furcht in den Augen des Kardinals. »Was ist geschehen?«, fragte er.
    »Was geschehen ist?«, keuchte Morone. Er musste erst ein paar Mal tief durchatmen, um sich zu beruhigen. »Der Heilige Vater hat die Sacra Congregatio Romanae et universalis Inquisitionis als Kardinalkommission gegründet, an deren Spitze Carafa steht und der alle seine Spießgesellen angehören.«
    »Carafa als oberster Glaubenswächter! Das ist, als ob man den Wolf zum Hirten der Schafe einsetzt«, empörte sich Contarini.
    »Jetzt haben auch wir einen Heinrich!«, stöhnte Pole.
    »Aber warum macht Alessandro das?«, fragte Vittoria Colonna konsterniert, die wie Paul III. aus einem der großen römischen Adelsgeschlechter stammte. Man kannte sich.
    »Weil er Angst hat, die Lutheraner würden Italien erobern und die Kirche hinwegfegen«, antwortete Morone.
    »Aber wir können uns mit den Protestanten einigen, so viel trennt uns nicht. Im Gegenteil, sie stehen uns in manchem näher als …« Pole machte eine vage Handbewegung, weil er keine Namen nennen wollte.
    »Pst, Reginald, sag das nicht zu laut, ab heute sind diese Gedanken lebensgefährlich«, warnte Morone.
    »Was sollen wir bloß tun?«, fragte Vittoria und rang die Hände.
    Michelangelo wünschte sich sehnlich eine Wand mit nassem Putz oder einen Marmorblock herbei, denn das Gespräch hatte eine ungünstige Wendung genommen. Weder lagen diese Dinge in seinem Interesse, noch konnte er etwas zur Diskussion beisteuern. Er war kein Theologe und auch kein Politiker, nur Künstler – und nicht mehr, aber auch nicht weniger wollte er sein. Im Gegenteil, es gab keinen Beruf, in dem man Gott näherkommen konnte. Was sollten ihm also diese überflüssigen und vor allem zeitraubenden Machtkämpfe?
    »Wie dem auch sei, wir müssen vorsichtig sein, sehr vorsichtig. Brandgeruch liegt in der Luft. Carafa will Menschen brennen sehen!«, warnte Contarini.
    Michelangelo zog den Umhang fester um die Schultern, weil ihn plötzlich fröstelte. Giovanni Morone trank zwei Gläser verdünnten Weißweins gleich hintereinander. Seine Hand zitterte beim Einschenken, nicht wegen des Alkohols, denn er trank mäßig. »Wir brauchen einen Papst«, verkündete er fest, nachdem er das Glas geleert hatte. Alle schauten ihn verblüfft an. »Paul III. wird die Mitte wahren, aber Carafa darf niemals die Cathedra Petri besteigen. Das wäre unser Ende – und das Ende der Kirche! Nicht mehr ein Ort der Nächstenliebe, sondern des Verhörs und der Folter, nicht mehr ein Quell des Glaubens, sondern ein vergifteter Brunnen der Denunziation! Wie auch immer wir es anstellen, aber der nächste Papst muss aus unseren Reihen kommen!«
    Contarini fuhr entsetzt zurück und legte die Handbeuge wie eine Schlinge an seine Kehle. »Ich kann das nicht. Ich bin Theologe!«
    Morone musste lächeln. »Von dir erwartet das auch keiner. Ich kann es nicht werden, ich bin zu jung und besitze zu wenige seelsorgerische Meriten. Nein, es gibt nur einen unter uns, der die Autorität und das Format besitzt: Reginald!«
    Michelangelo sah Giovanni Morone bewundernd an. Der vollkommene Politiker, allerdings mit Gewissen und Überzeugungen.
    »Heilige Jungfrau Maria!«, rief Pole aus, dem bei Morones Worten alles Blut aus dem Gesicht gewichen war. »Wenn es möglich ist, lasst diesen Kelch an mir vorübergehen!«
    Giovanni Morone bekreuzigte sich, bevor er sprach. »Es ist nicht möglich, Reginald. Im Ernst, ich sehe den nächsten Papst vor mir. Du bist geehrt, geachtet. Du besitzt Charisma, und du weißt, dass Charisma eine Gottesgabe ist. Deine Familie und auch du persönlich, ihr habt Opfer, Blutopfer für unsere gute katholische Sache gebracht. Ein Licht des Martyriums deiner Mutter fällt auf dich. Hinzu kommt, dass du ein begnadeter Prediger bist und ein exzellenter Theologe. Du bist unser Papst!«
    »Giovanni hat recht«, pflichtete ihm Vittoria bei.
    »Wir müssen vorsichtig sein und für das nächste Konklave Reginald den Boden bereiten«, sagte Contarini und malträtierte wieder seinen langen Bart, wie er es nur allzu gerne tat.
    Zur gleichen Zeit, als die Reformer im Garten des Kloster San Silvestro al Quirinale über die Zukunft der Kirche sprachen, begab sich Ascanio zu seiner Geliebten, einer Wirtin in Trastevere. Er war gerade im Begriff, das Haus zu betreten, als er sich von mehreren Bewaffneten umstellt sah, die ihm aufgelauert hatten.
    »Ascanio Romano?«, herrschte ihn ein stattlicher Mann mit einem schwarzen Bart an.
    »Wer will das

Weitere Kostenlose Bücher