Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
Vom Netzwerk:
verzweifelt bemühten, mit dem Papst Schritt zu halten, boten in ihren fliegenden Gewändern einen ausgesprochen erheiternden Anblick.
    Der Bildhauer wollte sich schon verneigen, doch Julius ergriff sogleich seine Hand. In seinen Bewegungen und Gesten wirkte der ältere Mann erstaunlich jung. Michelangelo musste zu dem Papst aufblicken, der auch ihn überragte.
    »Willkommen, alter Freund«, sagte Julius, an Sangallo gewandt, bevor er seine Aufmerksamkeit auf den jungen Künstler richtete. »Ah, Messèr Michelangelo. Schön, dass du Uns endlich besuchst. Hast du schon eine Unterkunft in Rom gefunden?«
    Endlich und schon ist gut, dachte der Bildhauer ärgerlich, antwortete aber für seine Verhältnisse ausgesprochen zurückhaltend: »Ja, Heiliger Vater. Ich wohne hinter der Kirche Santa Caterina.«
    »Ah, bei der Piazza Rusticucci. Ganz in Unserer Nähe also.«
    »Vom Passetto könntet Ihr direkt in meine bescheidene Werkstatt springen.«
    »Und Uns beide Beine dabei brechen? Besten Dank, Herr Bildhauer. Aber vielleicht lassen Wir Uns eine kleine Fallbrücke bauen, um dich leichter besuchen zu können.«
    Michelangelo blickte zu Boden. Die Vorstellung, dass Seine Heiligkeit ohne Vorwarnung, geradezu wie vom Himmel gefallen, plötzlich in seiner Werkstatt stehen könnte, behagte ihm gar nicht. Aber er hatte seine Lektion gelernt und würde künftig seinen Humor im Zaum halten, denn dieser Papst war imstande, selbst das absurdeste Scherzwort mit Leben und Tat zu erfüllen, wenn es seine Stimmung traf und seine Vorstellung beflügelte. Er fasste sich wieder bei dem Gedanken an seine Pietà, die nur wenige Schritte vom Papstpalast entfernt in der Petronillakapelle von Sankt Peter stand. Michelangelo wusste, dass Kardinal Alidosi dem Stellvertreter Christi diese Skulptur gezeigt hatte.
    Als er wieder aufsah, hatte sich die Miene des Papstes verändert. Lauernd sah er den jungen Bildhauer aus leicht zusammengekniffenen Augen an.
    »Wie steht es mit Aufträgen?«
    »Ich habe mich für Euch freigehalten, Heiliger Vater.«
    Auf dem energischen Gesicht von Julius II. erschien ein zufriedenes Lächeln. »Das wirst du nicht umsonst getan haben.« Er legte ihm als Ausdruck seines Wohlwollens die Hand auf die Schulter und fuhr fort: »Die Menschen, mein junger Freund, begreifen nur, was sie sehen. Deshalb müssen wir den Glauben und die siegreiche Kirche verbildlichen, alles, was uns wichtig ist, damit die Menschen es empfinden und durch das Empfinden auch verstehen können. Viele Menschen vermögen nicht zu lesen, aber Bilder und Skulpturen kann jeder betrachten. Sie sprechen direkt zu den Herzen!«
    Michelangelo schielte aus den Augenwinkeln zu dem Mönch hinüber. Dieser beobachtete das Geschehen mit einem undurchdringlichen Blick, der keine Rückschlüsse auf sein Denken oder Empfinden zuließ.
    »Und deshalb, Messèr Michelangelo, sollst du Uns ein Grabmal bauen!«, rief der Papst und breitete die Arme aus. »Aber rasch muss es gehen, wer weiß, wie lange Wir noch Zeit haben.«
    »Ein Grabmal?«, brachte Michelangelo überrascht hervor. »Ihr seid bei Kräften wie kein Zweiter. Ihr werdet uns alle hier überleben!«
    »Mag sein oder auch nicht. Wir können der Vorsehung nicht ins Gewerk schauen! Aber wenn Wir dich, Michelangelo, überleben sollten, werden Wir kein Grabmal mehr aus deiner Hand erhalten. Und wenn auch Wir eines Tages tot sind, wird irgendein Pfuscher ein grauenvolles Mausoleum oder einen schrecklich geschmacklosen Sarkophag zurechtschustern. Nein, so oder so wäre der Tod, sei es der Unsere oder deiner, ein schlechtes Geschäft für Uns. Es bleibt dabei, zu Lebzeiten wollen Wir Unsere letzte Ruhestätte von dir erbaut sehen. Und zwar schnell.«
    »Sehr klug, im Leben noch zu schauen, wo es endet«, warf einer der Bischöfe eifrig ein und nickte zur Bestätigung seiner unglaublichen Erkenntnis wie ein Specht mit dem Kopf.
    »In jedem Falle endet es im Himmel. Oder zweifelst du daran?«, fragte Julius II., der Schmeicheleien verabscheute – zumindest die, die er durchschaute, weil sie seine Intelligenz beleidigten.
    »Nein, nein, natürlich nicht, Euer Heiligkeit! Ihr werdet bei Euren Brüdern im Amte zur Rechten Gottes Platz nehmen«, suchte der Bischoff, der rote Flecken im Gesicht bekommen hatte, den Papst zu beschwichtigen.
    »Ich soll also neben diesem Borgia sitzen, neben diesem Vieh voller Inzest und Sünde?« Julius’ Gesicht war vor Zorn rot angelaufen, die Wangen wechselten bereits gefährlich in

Weitere Kostenlose Bücher