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Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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göttliche und menschliche Liebe. Ganz gleich, dieses Gemäuer war alt, es war baufällig, und es hatte ausgedient, und vor allem war es schlecht gebaut! Wer einen bildhaften Eindruck davon gewinnen wollte, wie ein muffiges Christentum die heitere und schöne Welt der Alten erstickt hatte, so fand Bramante, musste sich nur dieses Ungetüm anschauen, dem es an der Grazie der Formen und dem Humor des Lebens gebrach. Eine Architektur des schlechten Gewissens, des Verdruckstseins, nicht des Frohsinns.
    Zudem entsprach es in seinem wilden Durcheinander der Proportionen und Stile in keiner Weise den Regeln der guten Baukunst. Wenn man überhaupt von Proportionen und Stilen reden konnte. Bramante fühlte sich mit einem Mal wie ein junger Ritter, der den alten Drachen aus Stein erlegen würde. Er lachte so heftig über den albernen Vergleich, dass es ihm die Tränen in die Augen trieb und sich die Leute auf der Straße nach ihm umdrehten. Ein Verrückter, ein Narr in Christo, mochten sie denken. Aber es gelang ihm einfach nicht, seiner Heiterkeit Zügel anzulegen. Der Cavaliere Donato Bramante saß jetzt auf einem sehr hohen Ross, und er wusste und genoss es. So jung, so gut, so kraftvoll hatte er sich lange nicht mehr gefühlt!
    Mit dem guten Christengott hatte das alles, was er plante, herzlich wenig zu tun. Vielmehr mit einer Wiederkehr der großen alten Zeit unter einem neuen Julius, zwar nicht Cäsar, sondern della Rovere, der aber ebenso kriegerisch, kraftvoll und klug war. Der zweite Julius würde das Römische Reich wiederaufrichten und die Muslime aus Byzanz und Jerusalem vertreiben. Das Genie Gaius Julius Cäsars war in der Person dieses Papstes zurückgekehrt, wenngleich dieser alt war und sich sputen musste. Julius’ Pläne lieferten sich auf der Kampfbahn der Zeit ein gnadenloses Rennen mit seinem Alter. Doch nie hatte es einen Stellvertreter Christi gegeben, der dem Titel eines Pontifex maximus, des größten Brückenbauers, gerechter wurde als Giuliano della Rovere, der in der Tat eine Brücke schlug vom Altertum über die dunkle mittlere, die gotische Zeit hinweg bis zur Gegenwart.
    Bramante und Julius II., Baumeister und Herrscher, Hiram und König Salomon, auf diesem Paar ruhte die Geschichte der Menschen. Er, Bramante, würde den Tempel für die Rückkehr des Weltenherrschers, des Cäsars Julius, erschaffen. Der Sohn eines Bauern aus Monte Asdrualdo in der Nähe von Urbino konnte die Ewigkeit, in die er eingehen würde, bereits mit den Händen fühlen. Wenn er nur einen Bruchteil seiner Begeisterung im Papst erwecken könnte, dann wäre das Projekt gewonnen. Er ermahnte sich streng, einen kühlen Kopf zu bewahren. Jetzt nur keinen Fehler machen! Nicht zu hastig sein!
    In der Stanza della Segnatura wurde Bramante bereits vom Papst erwartet. In seiner Gesellschaft befanden sich der Augustiner-Eremit Egidio da Viterbo, der Erzpriester des Petersdomes, Frà Giacomo, der Architekt Giuliano da Sangallo und – zur großen Freude des Baumeisters – der Bankier Agostino Chigi. Bramante hatte ihm eine Nachricht geschickt, und er war tatsächlich gekommen.
    »Na, mein Sohn, so guter Laune?«, fragte der Papst.
    »Oh ja«, sagte Bramante noch ein wenig außer Atem. »Verzeiht mir altem, sündigem Mann, dass ich lache, dass ich mich freue, dass ich tanzen möchte, wo ich Gott auf Knien danken müsste, still und in aller Demut. Denn hier«, verkündete er und hielt die Rolle mit dem Entwurf wie eine Trophäe in die Höhe, »hier habe ich die Lösung für alle Probleme, die mit der Aufstellung des Grabmals verbunden sind!«
    Als Julius sich fragend im Kreis umsah, nutzte Bramante die Gelegenheit, Frà Giacomo verschwörerisch zuzuzwinkern.
    »Dann zeig sie Uns endlich!«, forderte der Papst. »Oder willst du Schabernack mit Uns treiben?«
    Mit vor Aufregung zitternden Händen breitete Bramante den Plan auf dem großen Tisch im Studierzimmer des Papstes aus. Man konnte die Erregung förmlich spüren, die von Julius II. Besitz ergriff, als er sich über den Entwurf beugte.
    »Es ist nur halb ausgeführt, aber das macht nichts, das macht gar nichts. Wir können alles klar erkennen. Das ist der Plan einer Kirche. Hast du vergessen, Donato, dass Wir bereits eine haben?«
    Bramante frohlockte innerlich, Julius war gleich zum Wesentlichen gekommen. Er verbeugte sich höflich vor dem Papst und wandte sich an Frà Giacomo. »Sankt Peter ist baufällig, Eminenz. Ist das richtig?«
    »Ja«, antwortete der Dominikaner mehr

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