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Die kuriosesten Faelle vor Gericht

Die kuriosesten Faelle vor Gericht

Titel: Die kuriosesten Faelle vor Gericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Schlegel
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nicht schlecht gestaunt haben, als es über den folgenden Fall entscheiden musste. Ein Mieter in einem Mehrfamilienhaus hatte über mehrere Monate hinweg die Miete gekürzt und der Vermieter verlangte jetzt vom Gericht, dass dieser Mieter dazu aufgefordert wird, die ausstehende Miete zu zahlen. Ein auf dem ersten Blick sehr gewöhnlicher Fall für deutsche Gerichte, wäre da nicht die Begründung, die der Mieter für seine Mietkürzung angegeben hat. Dieser Mieter gab nämlich als Begründung für seine Mietkürzung an, dass im Treppenhaus des Mietshauses eine Madonnenfigur aufgestellt sei und er als Protestant dadurch jedes Mal, wenn er die Treppe zu seiner Wohnung nimmt, einen derart großen Schock erleide, dass seine Wohnqualität darunter leide.
     
    Die Richter am Amtsgericht Münster folgten in ihrer Entscheidung unter dem Aktenzeichen 3 C 2122/03 dieser Argumentation nicht und stellten fest, dass auch für einen Protestanten eine Madonnenfigur keinen „besonderen Schock“ darstellen würde. Darüber hinaus, so die Richter weiter, wurde auch nach dem evangelischen Glauben Jesus durch Maria geboren, sodass diese Figur keinen Anlass für die Erschütterung seiner Religionsfestigkeit geben könnte. Ein Recht auf Mietminderung stünde ihm daher nicht zu.
     
    Bei solchen Fällen meint man fast, dass es einen Trend in die Richtung gibt, die Gerichte mit scheinbaren Banalitäten zu beschäftigen (liegt darin vielleicht der Grund für die Überlastung?). Doch wer glaubt, die Frage, ob die Jesusmutter einen Schock auslösen könnte sei dabei schon die Krönung, der irrt gewaltig. Denn der folgende Fall zeigt deutlich, dass dem Einfallsreichtum deutscher Kläger scheinbar keine Grenzen gesetzt sind.
     
    ***
     

Der nicht vorhandene Staat
     
     
    Dass Steuersünder nicht nur sehr kreativ sind, was ihre Steuererklärungen angeht, sondern ihre Kreativität auch vor Gericht eindrucksvoll unter Bewies stellen, zeigt der Fall, denn das Finanzgericht Rheinland-Pfalz unter dem Aktenzeichen 3 K 2775/04 zur Entscheidung vorgelegt bekam. Ein Fall, der tatsächlich an Kreativität kaum zu überbieten ist.
     
    Hintergrund der Klage war ein vorausgegangener Streit zwischen dem Finanzamt und einem Steuersünder, dem das Finanzamt, als er seiner Zahlungsaufforderung nicht nachkam, kurzerhand das Konto gepfändet hatte. Rechtsmittel gegen diese Pfändung blieben erfolglos und alle Einspruchs- und Widerspruchsfristen waren erfolglos verstrichen. Gegen die Kontopfändung konnte der Mann wie es schien nichts mehr ausrichten. Doch dann bekam er Hilfe in Gestalt eines Freundes, der beim Finanzgericht eine Argumentation einreichte, die schließlich zur Beschlussfassung und Entscheidung durch das Gericht führte.
     
    Der Mann argumentierte, mit der Kontopfändung sieht er sich in seiner Existenzgrundlage gefährdet (wohlgemerkt: Der Mann, der diese Klage einreichte war selbst von der Pfändung nicht betroffen). Dafür brachte er eine Argumentation ins Spiel, die vermutlich einzigartig ist: Er argumentierte nämlich weiter, dass bei der Wiedervereinigung beider deutscher Staaten das Grundgesetz geändert wurde und diese Änderung den deutschen Staat quasi auflöste und er damit aufhörte nach den Regeln des Völkerrechts zu bestehen. So wurde im Jahre 1990 zum Beispiel der Artikel 23 des Grundgesetzes gestrichen (später durch einen neuen ersetzt), der den Geltungsbereich des Grundgesetzes absteckte, in dem er die einzelnen Bundesländer aufzählte. Da dieser Artikel aber in der neuen Fassung nach der Wiedervereinigung fehlte, also damit der Geltungsbereich des Grundgesetzes und der Verfassung nicht definiert wurde, konnte folglich auch kein deutscher Staat existieren. Denn die neue Verfassung definierte nach der erfolgten Streichung des Artikel 23 nicht mehr das Staatsgebiet. Ohne Staatsgebiet aber auch keine legitime und vom Völkerrecht gedeckte Staatsgewalt, ergo kein Finanzamt, das im Auftrag des Staates Steuern eintreiben dürfe. Denn ein Staat ohne völkerrechtliche Legitimation dürfe keine Steuern erheben und damit auch kein Finanzamt mit der Beitreibung eben jener Steuern beauftragen. Damit sei die Kontopfändung rechtswidrig gewesen.
     
    Als wenn das nicht schon genug wäre, griff der Kläger mit dieser Argumentation auch gleich das Gericht an. Denn er führte weiter aus, dass durch den fehlenden Staat auch kein Gericht Urteile „Im Namen des Volkes“ verkünden dürfe, also auch wenn das Gericht die Kontopfändung

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