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Die kuriosesten Faelle vor Gericht

Die kuriosesten Faelle vor Gericht

Titel: Die kuriosesten Faelle vor Gericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Schlegel
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geschildert, vor allem nicht dargelegt, dass er nach dem "Hochschrecken" einen geistig desorientierten Eindruck gemacht habe. "Hochschrecken" allein kann auch darauf schließen lassen, dass es sich lediglich um einen die geistige Aufnahme des wesentlichen Inhalts der mündlichen Verhandlung nicht beeinträchtigenden Sekundenschlaf gehandelt hat. (...) “
     
     
    Damit ist wohl ein für allemal höchstrichterlich entschieden, ab wann man schläft, oder? Da kann man nur hoffen, dass man selbst, sollte man mal Beteiligter in einem Verfahren sein, kein „schweres Atmen“ von der Richterbank hört... Denn ob das tatsächlich die Aufnahme des „wesentlichen Inhalts“ der Verhandlung ist, mag mit den Maßstäben eines Nichtjuristen bezweifelt werden. Aber wie heißt es so schön: Vor Gericht und auf hoher See ist man allein in Gottes Hand, was auch schon auf den Gegenstand des jetzt kommenden Falles hinweist.
     
     
    ***
     
     

Anwälte schlafen anders als Richter
     
     
    Wie wir durch die vorangegangene höchstrichterliche Entscheidung wissen, schlafen Juristen also anders. Doch das tun, wie eine andere ebenfalls höchstrichterliche Entscheidung zeigt, wohl nur die Juristen, die das Richteramt bekleiden. Denn für Anwälte gelten was das Schlafen angeht deutlich andere Maßstäbe, wie der folgende Fall eindrucksvoll unter Beweis stellt.
     
    Geklagt hatte ein Anwalt, der im Rahmen der gesetzten Frist eine Berufungsbegründung einreichen wollte. Durch die Arbeitsüberlastung und die Anstrengungen in seinem Beruf, ist er jedoch wenige Minuten vor Mitternacht am Tag des Fristablaufs, als er den entscheidenden Schriftsatz noch einmal überprüfen wollte, bevor er ihn einreicht, eingenickt und in einen kurzen Schlaf gefallen. Er erwachte fünfzehn Minuten nach Mitternacht, also damit schon am Folgetag, und bemerkte sein Fristversäumnis. Umgehend reichte er die Begründung der Berufung trotzdem ein und beantragte gleichzeitig eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (so heißt das im Juristendeutsch, wenn man rechtlich den Zustand wiederherstellen möchte, der vor einem bestimmten Tag lag) mit der Begründung, er sei kurz vor dem Fristablauf über dem Schriftsatz eingeschlafen. Der Schriftsatz sollte doch anerkannt und als fristgerecht eingereicht bewertet werden. Das Einschlafen vor dem rechtzeitigen Einreichen sei ein unabwendbarer Zufall gewesen, den er nicht verschuldet habe. Wohlgemerkt, wir reden über wenige Minuten Versäumnis.
     
    Das Gericht jedoch lehnte die verspätet eingereichte Begründung für die Berufung ab und das Urteil gegen den Mandanten, den der Anwalt vertrat, wurde rechtskräftig. Damit wollte sich der Rechtsanwalt nicht zufriedengeben und legte gegen diese Entscheidung weitere Rechtsmittel ein. Immerhin, so argumentierte der Anwalt, sei das plötzliche Einschlafen über einem Schriftsatz ein unabwendbarer Zufall, nach dem eine Wiedereinsetzung in den Stand vor den Fristablauf gerechtfertigt sei. Die Begründung sei rechtzeitig fertig gewesen, was auch daran deutlich wird, dass diese nur wenige Minuten nach dem Ablauf der Frist um Mitternacht, als er wieder aufwachte, von ihm eingereicht wurde.
     
    Der mit dem Rechtsmittel angerufene Bundesgerichtshof musste sich unter dem Aktenzeichen VII ZB 2/70 damit befassen und zeigte in seiner Entscheidung wenig Verständnis für den überlasteten Anwalt. Die Bundesrichter führten aus, dass ein langer und arbeitsreicher Tag nun einmal die Konsequenz habe, dass man nach 23.00 Uhr müde werde und Gefahr laufe einzuschlafen. Dieses Einschlafen könne daher auch nicht „spontan“ erfolgt sein, sondern es hätten sich Anzeichen dafür zeigen müssen, die hätten bemerkt werden können. Außerdem habe der Anwalt nicht ausreichend dargelegt, dass er „bevor er vom Schlaf übermannt wurde, nicht irgendwelche Ermüdungserscheinungen an sich verspürt haben sollte, wie sie erfahrungsgemäß dem ungewollten Einschlafen voranzugehen pflegen. Wenn er sich aber müde fühlte, so war er dadurch gewarnt, und musste in geeigneter Weise der Gefahr des Einschlafens entgegenwirken."
     
    Damit wurde das Rechtsmittel des Anwaltes höchstrichterlich abgelehnt. Schlaf ist also nicht gleich Schlaf, wissen wir jetzt. Oder war es ein Zeichen für die Qualität des verspätet eingereichten Schriftsatzes, dass der Anwalt selbst darüber einschlief, als er ihn Korrektur gelesen hat...?
     
     
    ***
     
     

Madonna mindert Miete nicht
     
    Das Amtsgericht in Münster dürfte

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