Die Lady auf den Klippen
jetzt der Wind, dachte Rex, überrascht und verstört. „Mylord war nicht nötig, als wir Seite an Seite in Spanien standen und Franzosen töteten, während wir zusahen, wie unsere Kameraden starben.“
„Diese Tage sind lange vorbei“, sagte Mowbray voller Abscheu. „Und ich habe keine Zeit. Ich bin spät dran.“ Er warf die Zeitung auf den Teetisch und machte Anstalten zu gehen.
Am liebsten hätte Rex ihn gepackt – und noch lieber geschlagen. Stattdessen sagte er so leise, dass niemand ihn hören konnte: „Ich werde mit Stephen sprechen.“
Mowbray fuhr herum. „Das glaube ich nicht“, erklärte er.
„Der gegenwärtige Zustand ist in meinen Augen nicht länger erträglich.“
Zuerst wirkte Mowbrays Blick erstaunt, dann kühl.
„Das heißt nicht, dass ich schockierende Erklärungen abgeben will“, sagte Rex finster. „Aber ich möchte ihn gern treffen. Ich möchte ihn besuchen, und ich kann nicht länger warten.“
Mowbray trat näher und flüsterte: „Ich werde keine Veränderungen in der Vereinbarung tolerieren.“
„Ich möchte keine grundsätzlichen Änderungen. In jeder Beziehung außer der natürlichen ist Stephen euer Sohn. Dennoch habe ich ein paar Rechte. Und ursprünglich hatten wir Besuche vereinbart.“
„Du hast deine Rechte schon vor langer Zeit aufgegeben – was du auch tun solltest –, damit Stephen eine Zukunft hat. Ich lasse mich nicht zum Narren machen!“, sagte Mowbray. Seine Stimme klang aufgebracht.
Rex kümmerte das nicht. „Es überrascht mich, dass du nicht vorbringst, du würdest Stephens Zukunft nicht aufs Spiel setzen wollen.“
„Ich habe ihn als meinen Sohn aufgezogen. Er genießt alle Privilegien. Ich will keine alten Gerüchte erneut zum Leben erwecken.“
„Das ist auch nicht meine Absicht“, gab Rex zurück, finster und erschüttert. Liebte Mowbray Stephen tatsächlich wie einen Sohn? Bisher war er immer davon ausgegangen, denn andernfalls hätte Mowbray mühelos die Wahrheit verbreiten können. Doch jetzt war er unsicher geworden und fühlte sich unbehaglich. „Ich möchte ihn nur besuchen. Wir beide sind alte Freunde. Ich habe dir im Krieg das Leben gerettet – das ist allgemein bekannt. Eines Tages wird Stephen davon erfahren. Ich habe genug Gründe, um Clarewood zu besuchen, und das wirst du auch Stephen sagen.“ Er zögerte, sein Herz schlug heftig. Als Mowbray ihn nur mit offensichtlichem Abscheu ansah, fügte er hinzu: „Du schuldest mir etwas.“
„Den Teufel tue ich“, erwiderte Clarewood. „Es ist zehn Jahre her, und ich habe meine Schuld beglichen.“ Er wirkte wütend. „Dann komm vorbei, wenn du es unbedingt willst. Aber lass es nicht zur Gewohnheit werden.“ Damit ging er davon.
Rex stand da und spürte, dass er schwitzte. Was war mit Clarewood geschehen, das aus dem sorglosen Jungen einen harten Mann gemacht hatte?
Allerdings hatte er vollkommen überrascht gewirkt. Hätte Tom Mowbray sich auf einen Briefwechsel eingelassen, wäre diese Auseinandersetzung nicht nötig gewesen.
Rex drückte seine Krücke viel zu fest, als er wieder zu seinen Stiefbrüdern ging. Nachdem er sich gesetzt hatte, musterte Sean ihn aus seinen blassgrauen Augen. „Was war da eben zwischen dir und Clarewood?“
„Wir sind alte Freunde“, erklärte Rex, ohne dem Bruder in die Augen zu blicken. „Ich habe ihn nicht mehr gesehen, seit wir zusammen im Krieg waren. Und das ist Jahre her.“
„Das war ein sehr herzliches Wiedersehen“, erklärte Sean ironisch.
Rex lächelte ihn an. „Hast du gelauscht?“
„Kaum. Mein Stuhl zeigt in die andere Richtung.“
Rex bemerkte, dass das stimmte. „Ich wollte eine alte Bekanntschaft erneuern, aber Clarewood hat sich stark verändert.“
„Er ist ein kalter, harter Mann“, sagte Devlin. „Ich hatte mit ihm zu tun. Er wirkt sehr verbittert. Hast du ihm nicht in Spanien das Leben gerettet?“
Rex wirkte plötzlich angespannt, lächelte aber. „Ich trug ihn vom Schlachtfeld, als er nicht gehen konnte. Also könnte ich wohl sagen, dass es so war.“
Devlin nippte an seinem Whiskey. Seine Miene war schwer zu deuten. Rex bemerkte, dass seine Stiefbrüder, beide sehr kluge Männer, ihn jetzt misstrauisch ansahen. Er wechselte das Thema. „Wirst du diesen Sommer auch auf Adare sein, Sean? Wenn ich die Stadt verlassen habe, werde ich dort eine Weile verbringen.“
Sean lächelte, als wüsste er,
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