Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Lady in Weiß

Titel: Die Lady in Weiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miranda Jarrett
Vom Netzwerk:
meldete sich.
    „Ich liebe dich auch, Caro“, sagte er sanft. „Was immer du auch von mir denken magst, vergiss das nie. Und nun sollten wir gehen. “
    Der Himmel war schon rot gefärbt, bald würde die Sonne aufgehen. Die Reisenden, die an Deck geschlafen hatten, waren schon auf den Beinen und hatten sich zu Gruppen zusammengetan, um zu frühstücken. Doch jetzt waren die Blicke aller gen Osten gerichtet, auf die imposante Silhouette eines Korsaren, der kaum einhundert Fuß entfernt ruhig im Wasser lag. Jeremiah, der direkt in die aufgehende Sonne blickte, konnte nicht viel erkennen, doch was er sah, genügte, um ihn zu beunruhigen. Korsaren wurden vor allem von Piraten benutzt, die vor der nordafrikanischen Küste ihr Unwesen trieben, und er hatte noch nie gehört, dass man diesen Schiffstyp auch für ehrlichen Handel verwendete.
    Keine Flagge zeigte die Nationalität des Korsaren, und anders als sonst, wenn sich zwei Schiffe auf See begegneten, wurden auch keine Grüße hin- und hergerufen. Nur ein Ruderboot bewegte sich auf die Colomba zu. Jeremiah kniff die Augen zusammen, um das Schiff nach Kanonenluken abzusuchen. Er war bereit, einhundert Pfund darauf zu verwetten, dass das Schiff bewaffnet war und dass der Kapitän es absichtlich ins Licht der aufgehenden Sonne gesetzt hatte, um eben das zu verbergen.
    Hand in Hand mit Caro ging er zu Tomaso, der mit seinem Maat sprach. Trotz der frühen Stunde war der Kapitän der Colomba bereits frisch rasiert, und sein langes Haar wurde von einem sauberen Band gehalten. Offensichtlich hatte er sich auf den Besuch vorbereitet.
    „Was, zum Teufel, ist hier los, Tomaso?“, fragte Jeremiah. „Was ist das für ein Schiff?“
    „Buon giorno, Capitano, Contessa“, erwiderte Tomaso mit einem dümmlichen Grinsen. „Ich bin überrascht, Sie so schnell wieder auf den Beinen zu sehen. Vor allem Sie, signora. Haben Sie nicht gut geschlafen?“
    Es gab keinen Zweifel darüber, was er meinte, und Jeremiahs erster Impuls war, Tomaso niederzuschlagen. Doch Caro legte ihre Hand auf seinen Arm und ergriff das Wort.
    „Aber doch, vielen Dank, Captain Tomaso“, sagte sie hoheitsvoll, jeder Zoll eine Countess. „Wie freundlich von Ihnen, sich danach zu erkundigen.“
    Verwirrt durch ihr Benehmen, zog Tomaso vor ihr den Hut. Zu einem anderen Zeitpunkt hätte Jeremiah laut gelacht. Caro war als Lady Byfield immer wieder erstaunlich.
    Mit einer leichten Handbewegung deutete sie auf den Korsaren. „Warum haben wir wegen dieses Schiffs gehalten?“ Tomaso errötete und warf Jeremiah einen unbehaglichen Blick zu. „Ein paar kleine Geschäfte zwischen Handelsleuten, Contessa. Nichts Ungewöhnliches.“
    „Was Sie nicht sagen, Tomaso.“ Jeremiah wünschte, der Mann würde immer noch lächeln. Seine schuldbewusste Miene und die offensichtlichen Lügen verhießen nichts Gutes. „Ist es für Sie nicht ungewöhnlich, mitten auf dem Meer mit Leuten auf einem Schiff zu handeln, das es nicht wagt, seine Flagge zu zeigen?“
    Tomaso zuckte die Schultern. „Ich bin kein reicher Mann, Capitano. Dieser Krieg zwischen England und Frankreich
    hat Neapel ruiniert. Ich muss sehen, wo ich bleibe.“
    Nur äußerste Selbstbeherrschung hinderte Caro daran, sich hinter Jeremiahs Rücken zu verstecken. Er hatte recht, irgendetwas stimmte hier nicht, und das betraf nicht nur Tomasos Unverschämtheit. Ob Jeremiah bemerkt hatte, dass nur noch der Kapitän bei ihnen stand? Alle anderen, Passagiere und Seeleute, waren von ihnen abgerückt, sodass sie auf dem überfüllten Deck allein waren. Caro spürte das Gewicht der Pistole und fragte sich, ob sie sie doch noch benutzen musste.
    Das Ruderboot schlug an der Bordwand der Feluke an, und Tomaso eilte sichtlich erleichtert nach Backbord.
    Jeremiah drückte beruhigend Caros Hand. „Halte durch, Liebste“, flüsterte er ihr zu, „du machst das großartig.“
    Sie drehte den Kopf, um ihm zuzulächeln, und erstarrte. Die sechs Männer aus dem Beiboot des Korsaren kletterten an Bord, und selbst sie in ihrer Unerfahrenheit erkannte, dass es keine gewöhnlichen Handelsfahrer waren.
    Alle sechs waren groß und breitschultrig, finstere Männer mit dunkler Haut. Sie trugen weiße Turbane und lange dunkle Bärte. Anstelle von Hemden trugen sie kurze, bunte Westen, und in ihren Schärpen und Gürteln steckten Pistolen und gekrümmte Säbel. Jeder, der an Bord kam, ließ zunächst seinen Blick abschätzend über das Deck gleiten, und obwohl keiner von ihnen eine Waffe

Weitere Kostenlose Bücher