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Die Lagune Der Flamingos

Die Lagune Der Flamingos

Titel: Die Lagune Der Flamingos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sofia Caspari
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die Indianerdörfer genannt wurden, tötete ein paar Indios und machte Gefangene, die sich bald darauf im Dienste reicher Städter wiederfanden oder auf den Zuckerrohrfeldern rund um Tucumán.
    An den Strafexpeditionen nahmen stets auch Minas Stiefvater und Stiefbruder teil, obwohl sie selbst noch niemals Opfer eines malón, eines Indianerüberfalls, geworden waren. Ihnen bereitete der Krieg Vergnügen. Sie liebten es, zu töten. Einmal hatte Mina zu fragen gewagt, wie man sich denn für ein Leid rächen könne, das einem gar nicht widerfahren sei. Die Antwort ihres Stiefvaters hatte sich noch Tage danach in Form einer erst rot, dann bläulich, später gelbgrün verfärbten Wange gezeigt. Den Nachbarn hatte sie sagen müssen, sie sei die Treppe hinuntergestürzt. Mina fröstelte unwillkürlich, zog unter dem Rock die Beine an und umklammerte ihre Knie mit den Armen.
    »Wartest du schon lange?«, riss sie gleich darauf eine tiefe, warme Stimme aus ihren Gedanken.
    Das junge Mädchen warf den Kopf herum und sprang auf. »Frank, endlich!«
    »Du warst aber heute gar nicht vorsichtig. Was gibt es denn so angestrengt zu denken?«
    »Ach, dies und das.«
    Mina sah den Freund liebevoll an. Er war seit fünf Jahren, seit ihren ersten Tagen in diesem Land, ihr steter Begleiter gewesen, ihre einzige Hoffnung. Manchmal fragte sie sich, wo seine Kinderstimme geblieben war. Aber natürlich war Frank mit seinen siebzehn Jahren längst ein Mann, von dem man erwartete, dass er schwere Arbeit leistete. Kurz musste sie jetzt den Blick senken. Da war plötzlich wieder einer dieser seltsamen Gedanken, die sie neuerdings bei seinem Anblick überfielen, ein Bedürfnis, ihn anzufassen, seine warme Haut zu spüren, seinen so vertrauten Geruch einzuatmen.
    Ich will ihn festhalten und nie wieder loslassen.
    Es kostete Mina Kraft, den Kopf zu heben und Frank anzusehen. Sie wollte keinesfalls, dass er merkte, wie verwirrt sie war. Es machte sie unsicher.
    »Wie war es heute?«
    »Du meinst die Arbeit mit deinem Vater?«
    »Nenn ihn nicht so!«, beschwerte Mina sich ärgerlich.
    Frank zuckte die Achseln. »Entschuldige.« Er seufzte tief. »Na ja, die Arbeit war wie immer«, erwiderte er dann knapp.
    Mina nickte verstehend. Sie sah, dass Franks einfache Kleidung staubbedeckt war. Auch sein Gesicht war schmutzig, doch seine fast schwarzen Augen funkelten übermütig. Diese Augen waren es gewesen, die ihr bei ihrer ersten Begegnung als Erstes aufgefallen waren. In einem Moment waren sie unergründlich, im nächsten schien der Übermut förmlich aus ihnen zu sprühen. Es waren Augen, in denen sie versinken wollte. Augen, die sie vor sich sah, wenn sie nicht schlafen konnte. Niemand hatte solche Augen, nur Frank.
    Einen kurzen Moment später saßen sie nebeneinander in ihrer Senke, in ihrem Versteck. Franks Hand suchte Minas und umschloss sie. Eine Weile hockten sie schweigend da. Neuerdings mussten sie nicht immer sprechen, es genügte ihnen, einander nahe zu sein.
    »Es wird bald sehr dunkel werden«, bemerkte Mina endlich. »Es war gerade Neumond.«
    »Ich habe eine Laterne dabei«, erwiderte Frank ruhig und zeigte auf einen Beutel, den er achtlos neben sich auf den Boden gelegt hatte.
    »Gestohlen?«
    Mina sah den Freund prüfend von der Seite an. Franks dichtes dunkelblondes Haar hing ihm wieder einmal wirr ins Gesicht. Es erschien ihr immer, als wollte es sich nicht zähmen lassen. Jetzt strich er es mit einer Hand zurück. Seine dunklen Augen blitzten herausfordernd, als er ihren Blick erwiderte.
    »Geliehen.« Er grinste.
    »Von wem?«
    Mina bemerkte, wie sich fast wie von selbst eine Falte zwischen ihren Augenbrauen bildete, während ihre hellbraunen Augen schmal wurden, wie die einer Katze kurz vor dem Sprung.
    Frank runzelte die Stirn. Mit einer Hand schob er eine Strähne ihres kastanienbraunen Haars über ihre Schulter zurück.
    »Ach, verdammt, Mina, ich will nicht immer buckeln, und ich will auch nicht immer vorsichtig sein. Ich habe niemandem etwas getan, ich habe niemandem Schaden zugefügt. Morgen ist die Laterne wieder an ihrem Platz. Versprochen. Niemand wird es bemerken.«
    Mina schluckte die Warnungen hinunter, die ihr auf der Zunge brannten. Ein Frösteln überlief sie. Dann, nur einen Augenblick später, fühlte sie Franks Arm auf ihren Schultern. Sie erstarrte. Als Kinder hatten sie einander kennengelernt und waren gemeinsam erwachsen geworden. Berührungen dieser Art hatten sie bislang nie ausgetauscht, doch im nächsten

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