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Die Landkarte der Liebe

Die Landkarte der Liebe

Titel: Die Landkarte der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Clarke
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bezeichnete ihren Vater als verantwortungslos , und Mia fürchtete sich auf einmal vor Verkehrslärm.
    Als sie am nächsten Tag aus dem Krankenhaus gekommen waren, waren ihr Vater und all seine Sachen fort. Doch das war nicht die einzige Veränderung. Ihre Mutter wirkte mit einem Mal teilnahmslos und verlassen, und wenn sie abends badete, hörte Katie ihr Weinen über das Rauschen des Wassers hinweg.
    Selbst als Kind hatte Katie den Zusammenhang zwischen Mias Unfall und dem Verschwinden ihres Vaters erkannt. Sie hatte nie vergessen, wie sie eines Morgens vor dem Schlafzimmer ihrer Mutter gestanden und ihr beim Schminken zugeschaut hatte. Ihre Mutter hatte sich Abdeckcreme auf die dunklen Schatten unter den Augen getupft. »Hat Daddy uns wegen Mia verlassen?«, hatte Katie gefragt. Ihre Mutter hatte das goldene Töpfchen fallen lassen, war in drei hastigen Sätzen zur Tür geeilt, hatte Katies Arm gepackt und ihr mit der anderen Hand von hinten auf die Beine geschlagen. Drei Monate später wurden Kisten gepackt, und Katie, Mia und ihre Mutter saßen im Bus nach Cornwall.
    Katie hatte das ungute Gefühl, dass die Begegnung mit Mick Mias weitere Reise überschattet hatte. Sie war so in das Tagebuch vertieft, dass sie nicht bemerkte, wie neue Gäste das Zimmer be­­traten und verließen, und sie hörte auch nicht, wie der tropische Regen an das Fenster schlug. Sie las weiter, denn nun kam sie zu dem Abend, an dem Mia vor der Haustür ihres Vaters gestanden hatte.

Kapitel 8
Mia
Maui, Oktober, ein Jahr zuvor
    Mia wartete vor der Tür. Es war immer noch warm, selbst die Dämmerung brachte keine Linderung. Mia schob einen Finger unter den Bund ihrer Shorts, damit etwas Luft an die Haut kam. Auch unter den Armen und zwischen den Brüsten kitzelte der Schweiß. Sie wartete.
    Sie lauerte auf Schritte, sie wagte kaum, zu atmen, doch schließlich hörte sie, dass jemand rasch zur Tür kam. Sie wich ein Stück zurück, verschränkte die Arme, löste sie und verschränkte sie erneut, dieses Mal nicht ganz so fest.
    Mick war genauso groß wie sie. Er trug ein lässiges weißes Hemd über schwarzen Shorts, an denen ein Handy befestigt war. Sein Gesicht war runder, als Mia es vom Foto her in Erinnerung hatte. Sein Haar war stahlgrau, kurz und wurde an den Seiten dünn. Er hatte Katies Augen. Haselnussbraun mit blassen Wimpern.
    Sie musterten einander. Mia fragte sich, was er mit der jungen, schweigsamen Frau vor seiner Tür wohl anfing. War sie richtig angezogen, so lässig in Shorts und Flip-Flops? Oder wären ein Kleid und Sandalen angebracht gewesen, im Stil von Katie und ihrer Mutter?
    Dann sprach Mick sein erstes Wort. Es war wie eine Ohrfeige. »Ja?«
    Er wusste nicht, wer sie war.
    Sie schlug die Augen nieder. Ihr Blick blieb auf der Türmatte hängen, eine Fliege hatte sich im Bast verfangen und mühte sich verzweifelt nach oben. In Mias Vorstellung – und Mia hatte sich diese Begegnung oft, sehr oft sogar ausgemalt – hatte es eine Umarmung gegeben; Mick hatte sie instinktiv in die Arme geschlossen und eine unausgesprochene Verbindung zwischen Vater und Tochter besiegelt. Auch auf Zurückweisung war sie vorbereitet; dann hatte Mick gesagt, dass seither zu viel Zeit vergangen sei, oder er hatte sie vor den Blicken einer neuen Frau verbergen müssen, die von Mias Existenz nichts ahnte. Doch in keiner ihrer Fantasien hatte sie auch nur in Erwägung gezogen, dass er sie nicht erkennen würde.
    Als sie wieder aufsah, stand Mick noch immer wartend vor ihr, die Augenbrauen hochgezogen, den Kopf geneigt. Ein Mundwinkel hatte sich zu einem halben Lächeln angehoben. Es konnte eine freundliche Aufforderung zum Sprechen sein, oder Belustigung über ihr Schweigen.
    Â»Ich bin –«, setzte sie an und erforschte sein Gesicht, in der Hoffnung, dass es ihm dämmerte und ihr die Erniedrigung erspart blieb. »Ich bin Mia.«
    Er verzog keine Miene.
    Musste sie es sagen? Musste sie ihm sagen, dass er ihr Vater war? Wie gut, dass Finn sie nicht begleitet hatte. Hierbei einen Zeugen zu haben, hätte ihre Kräfte überstiegen.
    Schließlich sagte sie: »Ich bin deine Tochter.«
    Das halbe Lächeln verschwand, die Farbe wich aus dem Gesicht. Mick blinzelte, tastete Mia mit den Augen ab. Vielleicht suchte er nach Anhaltspunkten, die ihm zuvor entgangen waren. »Tut mir leid, ich … Mir war

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