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Die Landkarte der Liebe

Die Landkarte der Liebe

Titel: Die Landkarte der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Clarke
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Tandemmaster vorbeugte, um an einen höheren Griff zu gelangen. Der Wind riss das Band aus ihrem Haar, es schlug gegen die Schutzbrille.
    Â»Nein! Nein!« In ihrem Magen brannte Panik. Jeder Muskel in ihr bog sich von der Tür weg. Dann spürte sie, wie sich ihr Tandemmaster noch weiter nach vorn beugte. Sie hing unter ihm.
    Und dann ließ er los.
    Ihr Mund öffnete sich vom Schock des freien Falls, ihre Lippen wurden so trocken wie die Erde unter ihr. Sie raste durch kalte Luft und Wolkenfetzen. Das Blut rauschte, pochte in ihren Ohren.
    Ein langer, tonloser Schrei brannte in ihrer Kehle. Sie hatte Panik, dass der Fallschirm sich nicht öffnen, die Schnüre sich verfangen, sie sich bei der Landung verletzen würden – doch Katie schrie vor allem deshalb, weil sie in dem Moment verstand, mit welch einem entsetzlichen Gefühl Mia von der Klippe gestürzt sein musste.

Kapitel 12
Mia
Westaustralien, November, ein Jahr zuvor
    Ihre Füße lösten sich vom Rand. Der Wind brüllte in ihr Ohr, ihre Kleidung knatterte, ihr Herz trommelte. Ihr Mund hatte sich zu einem weiten »O« geöffnet. Das Adrenalin jagte mit solcher Macht durch ihre Adern, als ob das Leben erst im Angesicht des Todes kraftvoll durch sie pulsieren wollte.
    Dann gab es einen plötzlichen, harten Ruck. Mia wurde nach oben gerissen. Es rauschte. Die Kappe ihres gelben Fallschirms füllte sich mit Luft. Er öffnete sich wie eine Butterblume.
    Mia holte kurz und scharf Luft.
    Â»Okay?«, rief ihr Tandemmaster, der an ihren Rücken angegurtet war.
    Die Schutzbrille drückte gegen ihre Wangenknochen, das Gefühl der Schwerelosigkeit war auch vorüber. Die Nylongurte schnitten in Oberschenkel und Taille. »Ja«, erwiderte sie schließlich. »Alles okay.« Und dann lachte sie. Es sprudelte nur so aus ihrem Mund, hinaus in den Wind. Ihr Grinsen war so breit, dass die kalte Luft unter die Schutzbrille schlüpfen konnte und ihre Augen zu tränen anfingen. Ihr Körper bebte vor Freude, als sie langsam auf die Erde zuschwebten.
    Unter ihr trug ein roter Fallschirm Finn zu Boden. Er war vor ihr an der Reihe gewesen, hatte seine Brille aufgesetzt, salutiert und die Füße, wild entschlossen, direkt auf die Radstrebe gestellt. Sie hatte zugesehen, wie er mit einem breiten Grinsen aus dem Flugzeug gesprungen war. Danach hatte es kein Zögern mehr gegeben: Wenn Finn da draußen war, musste sie ihm nach.
    Sie betete, dass er heil landete, dann fiel sein Schirm zu einer schlaffen, roten Masse zusammen wie ein leerer Lungenflügel. Mia stellte sich vor, wie er sich aus seinem Gurtwerk befreite, mit einer Hand die Augen gegen die Sonne schützte und am Himmel nach ihr suchte.
    Als sie sich dem Boden näherten, erklärte ihr Tandemmaster noch einmal, was sie bei der Landung zu tun hatte. Während er sie durch die letzten Meter manövrierte, zog Mia die Knie an die Brust. Der Boden war plötzlich da. Sie landeten unsanft inmitten einer Staubwolke. Kaum war Mia losgegurtet, lief sie zu Finn und riss sich die Brille ab.
    Sein Gesicht war feuerrot, auf seiner Stirn stand Schweiß. Er grinste. »Wie war’s?«
    Â»Unglaublich! Ich hab gedacht, mir rutscht der Magen weg – wie in einer Achterbahn –, aber es war, als würde ich fliegen und nicht fallen.« Sie schlang die Arme um ihn, spürte seine Hitze durch den groben Overall. »Danke!« Finn hatte Mia mit dem Fallschirmsprung überrascht und es ihr erst während der unerträglich heißen Busfahrt zum Sprungzentrum verraten.
    Â»War mir ein Vergnügen.«
    Â»Genau so was habe ich gebraucht.« Und genau das hatte Finn gewusst. Es war jetzt einen Monat her, dass er sie in Maui vor der Telefonzelle entdeckt hatte, den Kopf in den Händen vergraben. Er hatte den Arm um ihre Taille gelegt, sie zurück zum Hostel gebracht, ihr süßen Tee gemacht und zugehört, als Mia ihm stockend von Harley erzählte.
    Seit sie in Australien waren, hatte sich Mia neben Finn wie ein Schatten gefühlt, und nachts lag sie wach und schweigend im Zelt. Finn hatte stundenlang mit ihr im Internet recherchiert, auf der Suche nach Informationen über ihren Vater, oder ihr Raum zum Nachdenken gegeben – es war, als ob er stets vor ihr wüsste, was sie gerade brauchte. »Ich war in den letzten Wochen ziemlich scheiße drauf, was?«
    Â»Wenn du nicht gesprungen wärst, hätte ich

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