Die Landkarte der Liebe
dich gestoÃen.«
Sie fing an zu lachen, doch dann liefen ihr Tränen über das Gesicht. »GroÃe Güte«, sagte sie und drehte sich verlegen weg.
»Mia?«
Sie fuhr sich mit dem Handrücken über das Gesicht. »Alles bestens.« Doch der Adrenalinrausch hatte eine Blockade gelöst, und die Tränen flossen ungebremst.
»Ich hätte dich geschubst«, sagte Finn, »ich hätte deine Leinen durchgeschnitten. So gibt es keine Zeugen.«
Mia lachte und weinte zugleich. »Tut mir leid! Guck gar nicht hin. In meinem Kopf ist ein einziges Chaos.«
»Du hast viel zu verkraften.«
Sie zuckte mit den Schultern.
»Na komm, sprich mit mir.«
Sie sah nach oben und blinzelte, um die Tränen zurückzuhalten. Ihre Hände waren zu Fäusten geballt. »Das ist alles so beschissen. Daran ist wirklich alles nur beschissen.«
»Reden wir von Harley?«
Sie nickte, dann zupfte sie sich die Ãrmel des Overalls über die Hände. »Ich bin doch bloà aus einem einzigen Grund nach Maui gefahren, ich wollte wissen, wie Mick wirklich ist. Ihn richtig kennenlernen.« Sie machte eine Pause. »Und eigentlich wollte ich sehen, ob ich wie er bin.«
»Und nun hast du erfahren, dass er gar nicht dein Vater ist. Sondern dass Harley es ist.«
Sie nickte wieder. »Mum hat uns ein Leben lang belogen. Sie hat uns nicht einmal die Wahrheit gesagt, als sie im Sterben lag. Und ich frage mich die ganze Zeit: warum?« Sie schniefte und wischte sich die Augen mit dem Ãrmel trocken. »Vielleicht sollten wir ja nicht erfahren, dass sie eine Affäre hatte oder dass wir Halbschwestern sind. Oder vielleicht«, sagte sie gedehnt, »sollte ich nichts von Harley erfahren.«
Finn wartete.
»Als Mick von ihm gesprochen hat, hab ich die ganze Zeit gedacht, er spricht von mir. Das war so surreal. Es gibt so viele Ãhnlichkeiten zwischen uns.«
Finn hörte aufmerksam zu.
»Er hat sich erhängt.« Sie schluckte. »Mein Dad hat sich erhängt, als er in meinem Alter war.«
Ein kleines Flugzeug startete in einer Wolke roten Staubs.
»Mia?«
Ihre Stimme klang kläglich, die Wut war verraucht. »Ich hab solche Angst, dass ich wie er bin.«
Finn trat dicht vor Mia und zwang sie, aufzuschauen, ihm in die Augen zu sehen. »Was ich dir jetzt sage, sage ich nur ein Mal, also präge es dir gut ein.«
Sie hielt seinem Blick stand.
»Du bist nicht Harley. Und auch nicht Grace. Oder Katie. Du, Mia Greene, bist du .«
»Aber weià ich, wer das ist?«
Er legte einen Arm um ihre Schulter und lächelte. »Ich weià es.«
Sie kehrten kurz ins Hostel zurück, um zu duschen und sich umzuziehen, dann brachen sie zum Essen auf. Finn schritt forsch über die Dünen, Mia folgte ihm. »Bei mir ist heute Fleischtag«, sagte er und träumte von einem groÃen Steak mit GorgonzolasoÃe.
»Bei mir ist Cheeseburger-mit-doppeltem-Speck-Tag.«
»Wehe, du schaffst mehr als ich.«
Als die Dünen anstiegen, rannte Mia los. »Wer als Letzter oben ist, zahlt die Drinks!«
Finn stürzte ihr nach, Kaskaden von Sand rutschten die Düne hinunter. Er holte sie fast ein, zog an der GesäÃtasche ihrer Shorts und hielt Mia fest. Sie lachte, schlug nach seinem Arm, riss sich los und stürmte die letzten Meter bis zur Kuppe.
Als Finn bei ihr war, sah er auf einen Strand voller Menschen. Musik dröhnte aus Lautsprechern, die auf der Ladefläche eines Pick-ups standen. Davor wurde wild getanzt. Eine andere Gruppe saà im Schneidersitz um ein flackerndes Strandfeuer herum, Bongos und ein Didgeridoo erklangen. Es roch nach verbranntem Holz und Marihuana.
»Willst du mal gucken gehen?«, fragte Finn.
Sie sprangen gemeinsam die Dünen hinunter und schaufelten sich dabei die Turnschuhe voller Sand. Unten angekommen, schoben sie sich durch eine Gruppe von Leuten, die sich um einen rauchenden Grill drängten. An der Flutlinie parkte ein alter Bedford Van, seine Scheinwerfer strahlten aufs Meer, einige Männer bodysurften in der donnernden Gischt. Finn und Mia mischten sich unter die Leute, Mia wiegte sich zum Rhythmus der Musik.
Sie blieben bei einem Kreis aus Fackeln stehen, in dessen Mitte ein silbern bemaltes Mädchen einen Reifen um die Taille schwang. Es hob graziös einen Arm, und der Reifen schlängelte sich bis zu den Fingerspitzen nach oben. Mit einer raschen Handbewegung
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