Die Landkarte der Liebe
ihr Ebenbild zersplitterte in Hunderten von kleinen Spiegeln.
Der Mann schob Katie ein Knie zwischen die Beine. Sie pressten die Hüften aneinander, Katie legte die Hände an seine Taille, damit sie nicht das Gleichgewicht verlor. Dann legte sich sein Mund auf ihren, feucht und hungrig. Katie schmeckte Salz und Whisky.
Sie tanzten weiter, er wirbelte sie herum, bis die Tanzfläche verschwamm. Katie schwitzte, ihr Kopf begann zu dröhnen.
Sie machte sich los. »Ich muss zur Toilette.«
»Ich komm mit«, sagte er, und sie lieà sich von ihm führen. Er wartete drauÃen.
In den Toiletten stank es nach Urin und Erbrochenem. Katie hatte Mühe, die Tür zu schlieÃen. Sie stolperte, als sie ihre Unterhose nach unten zog, und musste sich am Toilettenrollenhalter festklammern.
»Alles okay da drinnen, SüÃe?«, kam eine Stimme aus der Nachbartoilette.
»Bestens«, brachte sie heraus. Alles drehte sich.
Sie wusch sich die Hände in einem Waschbecken, das mit Papierhandtüchern verstopft war, und wusste, drauÃen wartete der Mann. Sie würde mit diesem Fremden mit seinen kräftigen Armen und gierigen Küssen schlafen. Sie würde es tun, weil sie viel zu betrunken war, um es nicht zu tun. Sie würde es tun, weil sie nicht die Frau war, in die sich Ed verliebt hatte. Sie würde es tun, weil ihr in dem Moment alles gleichgültig war.
Sie torkelte aus der Toilette, ihre Hände waren noch feucht. Jemand packte sie am Handgelenk, dann wurde sie zur Bar gezogen.
Stimmen, in ihrer Nähe waren Stimmen zu hören. Katie öffnete die Augen einen Spaltbreit und rutschte auf dem Bett herum. Sie konnte vage etwas erkennen. Sonne schien ins Zimmer. Sie hob schützend eine Hand vor die Augen. Wo war sie?
Sie schluckte, ihr Mund fühlte sich trocken und geschwollen an. Sie hatte getrunken. Sie erinnerte sich: Ed, die Seiten aus dem Tagebuch in seiner Hand. Sie hatten sich entzweit, entlobt. Sie tastete nach ihrem Ring. Nicht mehr da.
Sie richtete sich auf. Ihr Blick fiel auf zwei leere Betten. Sie war in einem Hostel. Die Wandergruppe. Sie war mit den drei Mädchen ausgegangen. Dann fiel ihr ein, wie sich die Lippen eines fremden Mannes auf die ihren gepresst hatten. Ihr wurde übel, sie taumelte aus dem Bett und musste mehrmals Luft holen.
Was, um Himmels willen, war geschehen? Hatte sie mit ihm geschlafen? Sie hatten nebeneinander an der Bar gestanden. Sie hatte ihm gesagt, sie hieÃe Mia. Später hatten sie zusammen getanzt. Sie erinnerte sich auch noch, dass sie irgendwann auf die Toilette gegangen war ⦠Mit ihm?
Sie sah an sich hinunter, sie trug immer noch das gleiche Kleid. Es war an der Taille verdreht, auf dem Rock war ein Bierfleck. Ihr Herz raste. Am liebsten hätte sie sich in ein Loch verkrochen. So also ist es, du zu sein?
Sie zerrte an ihrem Kleid, riss die Knöpfe auf und zog es aus. Sie warf es auf den Boden. Dann stand sie schwer atmend in Unterwäsche da. Was hab ich bloà getan? Sie stolperte gegen einen Tisch, eine Flasche Wasser fiel um und blieb neben einem Zettel liegen, auf dem ihr Name stand.
Liebe Katie,
wahrscheinlich wirst du die da brauchen. (Zwei Pfeile wiesen auf die Wasserflasche und eine Schachtel Kopfschmerztabletten.) Hoffe, das war okay, dass wir eingegriffen haben. Irgendwie war das nicht dein Typ!
Alles Liebe,
Jenny
PS: Und denk daran, verkauf den Ring! Gönn dir davon ein Ticket nach Neuseeland und komm vorbei!
Es war Jenny gewesen. Jenny hatte sie am Arm gepackt und von der Toilette weggeführt. In dem Moment fiel es ihr wieder ein. Der Fremde hatte protestiert â eine Ader an seinem Hals war bedrohlich geschwollen â, er würde sie nach Hause bringen. Vergeblich.
Eine Welle der Erleichterung durchströmte sie. Sie nahm zwei Tabletten, wickelte sich in ein Handtuch und ging zu den Duschen. Sie drehte das heiÃe Wasser auf und trat in die Kabine. Das Wasser trommelte auf sie herab, auf ihrer Brust bildeten sich rote Flecken. Dampf stieg auf. Katie wusch sich die Haare und seifte sich ein, dann duschte sie sich ab.
Plötzlich flossen Tränen. Das Prasseln des Wassers übertönte die tiefen, rasselnden Schluchzer. Sie drückte die Hände auf die Augen, ihr Kopf dröhnte. Das war alles viel zu viel. Ed. Die Hochzeit musste abgesagt, die Gäste ausgeladen, Buchungen storniert werden. Doch das war nicht das Schlimmste. Denn nicht nur ihre Beziehung
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