Die Landkarte der Liebe
lag in Trümmern, auch das Leben, das sie mit Ed geplant hatte â das Haus, das sie zusammen bauen wollten und in dem eines Tages Kinder spielen sollten.
Sieh doch nur, was du mir angetan hast, Mia! Da hock ich verlassen in Australien und heul in der Gemeinschaftsdusche eines Hostels herum! Meine Beziehung ist Geschichte. Jetzt bleibt mir niemand mehr. Du hast mir alles verdorben! Und wofür? Für einen schnellen Fick in einem Korridor?
Impulsiv drehte sie das kalte Wasser auf. Eine eisige Flut ergoss sich ihr über Kopf und Rücken. Sie keuchte, riss die Augen auf. Ihre Haut kribbelte. Jetzt war sie wach. Sie drehte die Dusche ab und holte Luft. Die Wut verpuffte.
Während das kalte Wasser an ihr hinuntertropfte, dachte sie wieder an Mias Eintrag. Sechs Seiten mit den Einzelheiten jener Nacht, und ganz am Ende dann die Frage: » Warum habe ich mit ihm geschlafen? «
Deine Antwort war sehr knapp. »Weil ich ein Biest bin.«
Aber ich verstehe dich allmählich besser, Mia. Ich glaube nicht, dass du das dunkelhaarige Mädchen mit dem dunklen Gemüt warst, wie du uns weismachen wolltest. Ich weià genau, warum du mit Ed geschlafen hast. Du wolltest mir den wichtigsten Menschen in meinem Leben nehmen.
So wie ich dir Finn genommen habe.
Kapitel 16
Mia
Westaustralien, Februar
Sie tauchte wieder unter. Geschmeidig wie ein Fisch glitt sie durch das Wasser, die Beine bis in die Zehenspitzen gestreckt, die Finger aneinandergelegt. Das Haar trieb dunkel hinter Mia her. Sie hatte die Augen geöffnet, obwohl das Salzwasser in ihnen brannte, in ihren Ohren sprudelte und hallte dumpf das Meer. Dann legte sie die Arme an die Seiten, bog den Rücken durch und strampelte an die Oberfläche, an die Sonne.
Es war vollkommen windstill, das Meer lag ganz ruhig da. Der Strand war menschenleer, der Karriwald dahinter reglos. Mia drehte sich auf den Rücken und schloss die Augen. Die Luft war warm und feucht. Wie aus dem Nichts tauchte ein Gedanke auf: Wie schön es wäre, würde Katie neben ihr im Meer treiben, sie beide leicht und schwerelos. Es war so lange her, seit sie zusammen im Meer geschwommen waren, und Mia fragte sich, warum sie es immer noch so schmerzlich vermisste.
Sie drehte sich auf den Bauch und schwamm zurück. Sie watete auf den Strand zu, Wasser lief an ihr hinab, wrang sich das Haar aus, schüttelte den Sand von ihrem Handtuch und wickelte sich darin ein.
Sie ging zurück zum Hostel. Sandspuren folgten ihr durch den Korridor, auf dem Weg zu Noahs Zimmer. Es war kein Swell vorhergesagt, und darum hoffte Mia, dass er den Tag mit ihr verbringen würde. Zani hatte ihr von einer verlassenen Bucht erzählt, etwa zwanzig Kilometer weiter die Küste entlang, die regelmäÃig von einer Delfinschule besucht wurde. Sie hatte Mia einen Link mit einer Wegbeschreibung gemailt, und dorthin wollte Mia nun mit Noah.
Sie klopfte an die Tür. In Gedanken legte sie bereits das Handtuch ab und schlüpfte in sein Bett, neben seinen warmen Körper. Als keine Antwort kam, drehte sie am Türknauf und ging hinein.
Das Zimmer war leer: Das Bett war abgezogen, seine Sachen waren fort. In ihrem Hals pochte das Blut.
Sie eilte durch den Flur zu Jezâ Schlafsaal. Sie klopfte zweimal, dann trat sie einfach ein: eine Reihe leerer Betten. Mia schluckte. Dafür gab es bestimmt eine Erklärung.
Sie drückte das Handtuch an die Brust, ging nach drauÃen und folgte einem Pfad rings um das Hostel zur Garage. Sie musste eine Weile in der muffigen Düsternis warten, bis sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Das Regal war leer, bis auf das groÃe, verbeulte Surfbrett des Hostels, dem eine Flosse fehlte.
Dann ging sie zu dem Schotterplatz unter den Eukalyptusbäumen.
Auch Noahs Wagen war fort.
Sie lief ins Hostel zurück, zur Rezeption, zu Karin, die wie ihr Mann aus Holland stammte und gemeinsam mit ihm das Hostel betrieb. »Hey, was gibtâs denn?«
»Wo ist Noah? Er war in Zimmer vier.«
Karin schloss ein Auge und blinzelte mit dem anderen zur Decke. »Ausgecheckt«, sagte sie und öffnete das andere Auge wieder. »Und die Jungs von Schlafsaal sieben auch.«
»Was? Wann?«
»Gleich heute früh.«
»Wo sind sie hin?«
»Keine Ahnung«, sagte Karin und schenkte sich eine Tasse Kaffee ein. »Die haben von einer guten Vorhersage geredet. Aber das tun die ja immer.«
»Kommen sie
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