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Die Landkarte der Liebe

Die Landkarte der Liebe

Titel: Die Landkarte der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Clarke
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zurück?«
    Â»Kann schon sein, gebucht haben sie allerdings nicht.« Karin zog mit einer Hand einen blauen Ordner zu sich heran und blätterte lässig durch die Kunststoffseiten. »Nee, in den nächsten vierzehn Tagen ist hier nichts.«
    Er konnte nicht einfach so verschwinden! Vor zwei Tagen erst hatten sie zusammen auf dem Rasen gelegen, und Noah hatte ihr von all den Orten erzählt, die er gesehen hatte, von Inseln ohne Straßen, von Wellen, die über Algenwäldern brachen, von geflügelten Fischen und singenden Walen. Und sie hatte all das vor sich gesehen und sich neue Abenteuer ausgemalt, an Ufern, die von zwei Paar Fußabdrücken gesäumt wurden. »Haben Sie eine Nachricht für mich?«
    Karin öffnete die Hände. »Tut mir leid, Mädchen. Ich hab nichts.«
    Â»Mia!«
    Sie fuhr erwartungsvoll herum. Es war Finn. Er kam auf sie zu, ein Toastbrot in der Hand. Marmelade lief über seinen Daumen. »Na, gut geschwommen?«, fragte er, dann leckte er sich den Finger sauber.
    Â»Er hat ausgecheckt«, sagte sie. »Noah ist weg.«
    Finn musterte sie gründlich. Sie hatte sich das nasse Haar aus dem Gesicht gestrichen, ihre Wimpern klebten zu dunklen Dreiecken zusammen. Sie hielt einen Zipfel des Handtuchs vor die Brust, Wassertropfen perlten auf den Schultern, den Handgelenken, an ihrem Kinn.
    Sie sah so jung aus: die Mia aus Teenagerzeiten, die vor seinem Klassenzimmer gewartet hatte, weil ihr irgendjemand das BMX-Rad gestohlen hatte. An diesen Tag erinnerte sich Finn genau. Sie war so außer sich gewesen, dass er nach der Schule zum Schrottplatz gegangen war, dort ein altes Shopper-Rad mit einem gebogenen Radlauf aufgetrieben und das ganze Wochenende mit der Reparatur verbracht hatte. Er hatte den Rost abgeschmirgelt, die Bremsklammern ausgetauscht und den Rahmen himmelblau gestrichen – ihre Lieblingsfarbe. Als er es am Sonntagabend zu ihr geschoben hatte, hatte sie so sehr gegrinst, dass ihre Augen wässrig wurden. Es hatte ihn glücklich gemacht, dass er ihr helfen konnte, doch diesmal wusste er nicht, wie.
    Â»Hast du ihn gesehen? Hat er irgendwas zu dir gesagt?«
    Die leise Hoffnung in ihrer Stimme rührte an sein Herz. Aber was sollte er ihr sagen? Dass Noah zufällig in die Küche gekommen war, als sich Finn gerade einen Kaffee machte, und beiläufig erwähnt hatte, dass er nach Bali fliegen wollte? Sollte er ihr sagen, dass er Noah gefragt hatte: »Weiß Mia das?«, und Noah geantwortet hatte: »Ich hab sie nirgendwo gesehen. Sagst du es ihr?«
    Seine Beiläufigkeit war eine Beleidigung. So etwas konnte Finn Mia nicht erzählen. Und darum erwiderte er nur: »Tut mir leid, ich hab ihn auch nicht gesehen.«
    Ihr Blick richtete sich auf den Boden.
    Finn sah die zarten Sommersprossen auf der Nase, die sie seit der Reise hatte. Er hätte Mia so gern in seine Arme geschlossen, aber es zog sie nicht in seine Arme.
    Â»Er ist den Wellen nachgereist.«
    Sie biss sich auf die Lippen. Finn hatte Angst, dass sie weinen würde. Das hätte er nicht ertragen.
    Â»Er hätte es mir sagen müssen. Ich fass das einfach nicht.«
    Ich auch nicht , dachte Finn.
    Sechs Wochen lang waren sie Noahs Route gefolgt, und Finn hatte von den Kulissen aus zusehen müssen, wie sich ihre Liebe entwickelte. Nachts hatte er im Schlafsaal wach gelegen und die anderen Gäste gehört, während er auf Mia wartete. Irgendwann war leise die Tür aufgegangen, durch den Spalt Licht ins Zimmer gefallen, dann war sie über das Linoleum getappt. Ihre dunkle Gestalt war die Leiter zu ihrem Bett hinaufgeklettert, dann hatte er gehört, wie sie sich über ihm bewegte, sich Kissen und Laken zurechtzupfte, und sich gefragt: Wieso lässt er sie gehen?
    Er hatte sich abgelenkt, indem er sich mit anderen Touristen angefreundet hatte, die den Herbst in Margaret River verbrachten. Er hatte vierzehn Tage lang mit ihnen auf einem Weingut bei der Lese geholfen und seinen Verdienst beim abendlichen Pokerspiel verdoppelt. Es war nicht schwierig, Noah aus dem Weg zu gehen – er verbrachte den ganzen Tag am Wasser und verließ den Strand erst bei Sonnenuntergang.
    Eines Nachmittags hatte Finn eine Wanderung gemacht und sich auf einer Landzunge niedergelassen, um die großen Brecher zu beobachten. Ein Wagen war herangefahren, und Noah war ausgestiegen. Er hatte Finn zugenickt, dann hatte er sein Brett genommen und war

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