Die Landkarte der Liebe
tatsächlich hier .
Die See glitzerte, eine Brise strich über das Wasser, über Katies Haut. Zwei kleine Mädchen mit Zöpfen paddelten im flachen Meer, an den Händen Schnorchelmasken. Katie lächelte. Sie dachte an Mia. Dann zog sie die Sandalen aus, ging zum Ufer und sank in den kühlen, feuchten Sand ein. Salzwasser schwappte zwischen ihre Zehen. Sie wagte sich noch weiter vor, bis das Wasser auch ihre Knöchel umspülte. Die See war warm und klar, verlockend, und nicht so kalt wie das Meer von Cornwall.
Katie hob das Kleid mit einer Hand an und ging noch ein Stück weiter, bis ihr das Wasser an die Knie reichte. Sie schaute auf, um nachzusehen, ob Finn noch in der Nähe war. Er winkte, und es gelang ihr, ebenfalls eine Hand zu heben und zurückzuwinken.
Einmal hatte er gefragt: »Warum schwimmst du nie im Meer?« Sie hatten gemeinsam in der Wanne gebadet, das Wasser war bereits abgekühlt, der Schaum zu einem milchigen Schleier geworden. Sie hatte an seiner Brust gelehnt, ihre Knie ragten wie zwei weiÃe Hügel aus dem Wasser, und geantwortet: »Ich wäre mit vierzehn Jahren in Porthcray beinah ertrunken. Ich war schwimmen, und plötzlich hat die Ebbe eingesetzt.« Sie war mit den Fingern über den Wannengriff gefahren, hatte Wassertropfen abgerieben und hinzugefügt: »Seitdem ist es mir nicht mehr geheuer.«
Er hatte sich vorgebeugt und sie auf die feuchte Schulter geküsst. Das war die richtige Antwort gewesen.
Seltsam, dachte sie, als sie aus dem Wasser watete, sie hatte Ed nie von ihrer Angst erzählt, nur Finn. Sie setzte sich in den Sand und betrachtete vergnügt die Muster, die das Salz auf ihre trockenen Beine zeichnete. Sie hielt das Gesicht in die Sonne und schloss die Augen. Die Anspannung in ihrem Nacken löste sich.
Wenige Minuten später lieà sich Finn neben ihr in den Sand plumpsen. In der gleiÃenden Sonne sah Katie die grünen Sprenkel in seinen Augen. »Finn«, sagte sie langsam und setzte sich auf, »warum bist du wirklich hier?«
Er nahm einen Stein und spielte damit. »Es war hart, in Cornwall. Ich hab mich irgendwie ⦠entfremdet, fehl am Platz gefühlt. Ich hab immer nur gedacht, wenn ich auf Bali gewesen wäre, als es geschehen ist, würde es mir vielleicht real erscheinen. So aber nicht.«
Sie nickte. »Mir ist es genauso ergangen.«
»Ehrlich?«
»Als die Polizei es mir erzählt hat, das war völlig surreal«, sagte Katie. »In dem Moment hab ich es nicht glauben können. Mia in ihrem Sarg zu sehen, hat geholfen. Ich musste Gewissheit haben.«
»Das war sicher hart.«
Sie nickte.
»Als du angerufen und gesagt hast, wo du bist, ist mir klar geworden, dass ich auch nach Bali fliegen musste. Was du hier machst â diese Reise, dass du dahin fährst, wo Mia war â, das verstehe ich so gut.«
»Wirklich? Manchmal frag ich mich, ob ich es noch verstehe.«
»Du suchst nach Antworten. Das kann ich nachvollziehen.«
»Tu ich das? Oder laufe ich bloà weg?« Sie sah auf ihre Hände.
»Katie?«
»Manchmal denke ich, dass es bei dieser Reise gar nicht um Mia geht. Vielleicht hab ich bloà einen Vorwand gebraucht, um meinem Leben zu entfliehen.« Ed, ihr Job, ihre Wohnung â sie vermisste nichts von alledem. Das sagte doch sehr viel aus.
»Es ist okay, auch deinetwegen hier zu sein. Es muss nicht immer alles wegen Mia sein.«
Sie saÃen eine Weile schweigend im Sand und lauschten den Wellen, die an den Strand schwappten. Die Haut an Katies DekolÂleté prickelte immer stärker. »Ich glaube, ich sollte in den Schatten gehen«, sagte sie schlieÃlich.
Sie nahm ihre Sandalen, und im Gehen fragte Finn: »Dann warst du also auch auf Maui?«
»Ja. Und auch bei Mick.«
Finn wartete darauf, dass Katie weitersprach. Vielleicht wollte er lieber von ihr hören, was Mia in ihr Tagebuch geschrieben hatte.
»Ich weià von Harley.«
»War das ein Schock?«
Katie nickte. »Ich wünschte, sie hätte mir davon erzählt.«
»Das wollte sie.«
»Aber dir hat sie davon erzählt.« Sie sah bestürzt zur Seite. Wie schnell die alte Eifersucht wieder aufgebrochen war. »Tut mir leid, Finn. Das war nicht so gemeint. Ich bin froh, dass du für sie da warst.«
Ein Schatten legte sich auf sein Gesicht. Doch so schnell, wie sich seine Miene verdüstert hatte,
Weitere Kostenlose Bücher