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Die Landkarte der Zeit

Titel: Die Landkarte der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Félix J. Palma
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ihnen die Illusion zu rauben,
     eine Reise in die Zukunft unternommen zu haben? Soll ich ihre Träume zerstören, nur weil sich jemand daran bereichert?»
    «Verstehe», murmelte der Besucher. Und immer noch in diesem ungläubigen Ton, aus dem nun sogar eine gewisse Bewunderung herauszuhören
     war: «Sie sind der einzige Mensch, den ich kenne, der das Ganze für Betrug hält.»
    «Nun ja, vermutlich bin ich dem Rest der Menschheit gegenüber in einem gewissen Vorteil», entgegnete Wells.
    |439| Die immer verwirrtere Miene des jungen Mannes entlockte ihm ein nachsichtiges Lächeln. Jane sah ihn ebenfalls fragend an.
     Der Schriftsteller schnaufte kummervoll. Jetzt war der Moment gekommen, das Brot mit den Jüngern zu brechen, vielleicht konnten
     sie ihm danach helfen, das Kreuz zu tragen.
    «Vor etwas über einem Jahr», erklärte Wells an beide gewandt, «als
Die Zeitmaschine
gerade erschienen war, besuchte mich ein Mann und gab mir einen Roman, den er geschrieben hatte. Wie meiner war auch dies
     ein Zukunftsroman. Er wollte, dass ich ihn läse und, falls ich ihn gut fände, meinem Verleger Henley zur Veröffentlichung
     vorschlüge.»
    Der junge Mann nickte befremdet, als verstehe er nicht ganz, was das alles mit ihm zu tun hatte. Wells kehrte ihm den Rücken
     zu und begann zwischen den Büchern und Mappen zu kramen, von denen das Regal im Wohnzimmer überquoll. Schließlich fand er,
     wonach er gesucht hatte. Es war ein dickes Manuskript, das er auf den Tisch warf.
    «Der Mann hieß Gilliam Murray, und das ist der Roman, den er mir an jenem Nachmittag im Oktober vorigen Jahres übergab.»
    Mit einer Handbewegung bedeutete er dem Besucher, den Titel zu lesen. Der junge Mann trat näher und las mühsam, als müsse
     er jedes Wort gut durchkauen:
    « Hauptmann Derek Shackleton – die wahre und erschütternde Geschichte eines Helden aus der Zukunft
, von Gilliam F.   Murray .»
    «Ja», bestätigte Wells. «Und wollen Sie wissen, worum es darin geht? Der Roman spielt im Jahr 2000 und handelt vom Krieg der
     aufständischen Roboter gegen die Menschen, |440| deren Anführer der tapfere Hauptmann Derek Shackleton ist. Kommt Ihnen die Geschichte bekannt vor?»
    Der Besucher nickte, doch aus seinem ratlosen Blick schloss Wells, dass er immer noch nicht verstand, worauf er hinauswollte.
    «Wenn Gilliam den Roman nach der Gründung seines Unternehmens geschrieben hätte, hätte ich außer meiner angeborenen Skepsis
     keinen Grund gehabt, an der Existenz seines Jahres 2000 zu zweifeln. Aber dieses Manuskript gab er mir ein Jahr vorher. Ein
     Jahr! Verstehen Sie, was ich damit sagen will? Gilliam hat seinen Roman einfach in die Wirklichkeit umgesetzt. Und Sie sind
     sein Protagonist.»
    Wells nahm das Manuskript, suchte eine bestimmte Seite und las zur Verwunderung des jungen Mannes:
    «Hauptmann Derek Shackleton war ein Prachtexemplar von Mensch, ausgestattet mit einer eindrucksvollen Muskulatur und dem Gesicht
     eines Draufgängers, in dessen Augen die Wildheit eines in die Enge getriebenen Panthers glomm.»
    Der junge Mann errötete bei dieser Beschreibung. Das sollte er sein? Mit Augen von der Wildheit eines in die Enge getriebenen
     Panthers? Möglich wäre es, denn seit seiner Geburt hatte er sich in die Enge getrieben gefühlt, von seinem Vater, vom Leben
     an sich, vom Pech und zuletzt von Mr.   Murrays Schlägern. Er schaute den Schriftsteller an und wusste nicht, was er sagen sollte.
    «Es ist die grauenhafte Beschreibung von einem Autor ohne jedes Talent; aber Sie müssen zugeben, dass sie für Sie absolut
     zutreffend ist», sagte Wells und warf das Manuskript mit verächtlicher Geste wieder auf den Tisch.
    |441| In den nächsten Sekunden sprach niemand ein Wort.
    Dann sagte Jane:
    «Trotzdem, Bertie, dieser junge Mann braucht deine Hilfe.»
    «Ah ja, richtig», antwortete Wells widerwillig, der nach seiner geschickten Enthüllungsvorstellung den Besuch als erledigt
     betrachtet hatte.
    «Wie ist Ihr wirklicher Name?», fragte Jane den jungen Mann.
    «Ich heiße Tom Blunt, Mistress», antwortete der mit einer höflichen Verbeugung.
    «Tom Blunt», wiederholte Wells höhnisch. «Klar, das hört sich nicht so heldenhaft an.»
    Jane bedachte ihn mit einem tadelnden Blick. Sie mochte es nicht, wenn ihr Mann herablassend wurde, um seinen schrecklichen
     Minderwertigkeitskomplex zu überspielen, der ihn jedes Mal in Gegenwart körperlich überlegener Menschen befiel.
    «Also, Tom», sagte Wells nach einem

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