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Die Landkarte der Zeit

Titel: Die Landkarte der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Félix J. Palma
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seiner intensiven schwarzen Augen und die Sicherheit,
     die aus jeder seiner Bewegungen sprach, waren vielleicht die einzigen Qualitäten, die ihn über das absolut Gewöhnliche hinaushoben.
     Doch die, dachte Wells, hatten auch wenig mit der Zukunft zu tun, konnte man sie doch ohne weiteres auch in der gegenwärtigen
     Zeit finden, die ja glücklicherweise von durchaus resoluten und charismatischen Vertretern ihrer Rasse bevölkert war, für
     die die drei hier Anwesenden nicht als repräsentativ zu gelten hatten.
    «Ich nehme an, Mr.   James, der Ort unserer Zusammenkunft ist wie maßgeschneidert für Sie», bemerkte der Zeitreisende spöttisch.
    James, der Gralshüter des Unausgesprochenen, antwortete mit einem ebenso wohlerzogenen wie distanzierten Lächeln:
    |609| «Ich will nicht leugnen, dass Sie recht haben, doch wenn Sie gestatten, werde ich es Ihnen erst zusprechen, wenn sich herausgestellt
     hat, dass diese Zusammenkunft die verheerende Wirkung, die die Reise von Rye hierher auf meinen Rücken gehabt hat, wirklich
     wert gewesen ist.»
    Der Zeitreisende schürzte die Lippen, als sei er nicht ganz sicher, Henry James’ labyrinthische Antwort verstanden zu haben.
     Wells schüttelte nur den Kopf.
    «Wer sind Sie, und was wollen Sie von uns?», fragte Stoker schüchtern, ohne den Blick von den bewaffneten Bütteln abzuwenden,
     die wie starre Schatten am Rande des Lichtkreises standen.
    Der Zeitreisende heftete seine Augen auf den Iren und betrachtete ihn mit amüsierter Nachsichtigkeit.
    «Sie brauchen nicht in diesem erschrockenen Ton mit mir zu sprechen, Mr.   Stoker. Ich versichere Ihnen, dass ich Sie allein aus dem Grund zusammengerufen habe, um Ihnen das Leben zu retten.»
    «Verzeihen Sie unsere Verstocktheit, aber Sie werden verstehen, dass die Tatsache, dass Sie, um unsere Aufmerksamkeit zu erregen,
     bedenkenlos drei Menschen umgebracht haben, nicht unbedingt dazu angetan ist, an Ihre menschenfreundlichen Absichten zu glauben»,
     meldete sich Wells, der, wenn er wollte, genauso geschraubte Sätze drechseln konnte wie James.
    «Ach, das   …», sagte der Zeitreisende abwinkend. «Die drei wären ohnehin gestorben, glauben Sie mir. Guy, der Bettler aus Marylebone,
     hätte in der nächsten Nacht bei einem Streit mit zwei Saufbrüdern den Tod gefunden. Mr.   Chambers drei Tage später bei einem Überfall, der auf ihn verübt wurde, als er seine Kneipe abschloss. Und |610| am Morgen desselben Tages wäre die verehrungswürdige Mrs.   Ellis von einer durchgehenden Pferdekutsche in der Cleveland Street überrollt und zu Tode gebracht worden. Ich bin dem Tod
     der drei nur ein wenig zuvorgekommen. Darum habe ich sie ja ausgewählt. Und ich brauchte drei Personen, die mit unseren Waffen
     getötet wurden, damit sie zusammen mit den Fragmenten Ihrer noch unveröffentlichten Romane in der Presse auftauchten und Ihnen
     dadurch zur Kenntnis gebracht wurden. Ich wusste, wenn ich Sie davon überzeugen konnte, dass ich aus der Zukunft komme, bräuchte
     ich nur noch den Treffpunkt bekanntzugeben, und Ihre Neugier würde den Rest besorgen.
    «Dann stimmt es also», sagte Stoker, «dass Sie aus dem Jahr 2000 kommen?»
    Der Zeitreisende lächelte belustigt.
    «Ich komme von viel weiter als aus dem Jahr 2000, in dem es natürlich auch keinen Krieg gegen Maschinenmenschen gibt. Ich
     wünschte, wir hätten keine anderen Sorgen als diese Spielzeuge.»
    «Was wollen Sie damit sagen?», rief der Schriftsteller empört. «Wir wissen doch alle, dass die Maschinenmenschen im Jahr 2000
     die Welt   …»
    «Ich will damit sagen, Mr.   Stoker», unterbrach ihn der Zeitreisende, «dass die Firma ZEITREISEN MURRAY ein einziger Betrug ist.»
    «Betrug?», stammelte der Ire ungläubig.
    «Ja, ein recht einfallsreicher Betrug zwar, aber doch immer noch ein Betrug, der leider erst im Lauf der Zeit aufgedeckt werden
     wird», informierte sie ihr Gastgeber und fügte milde hinzu: «Ich hoffe, Sie sind kein Leidtragender, Mr.   Stoker.»
    |611| «Nein, nein», murmelte der Schriftsteller, ebenso enttäuscht wie erleichtert, «der Preis des Billetts übersteigt bei weitem
     meine Möglichkeiten.»
    «Seien Sie froh, dann haben Sie wenigstens nicht Ihr Geld zum Fenster hinausgeworfen», sagte der Zeitreisende munter. «Tut
     mir leid, dass ich Sie mit der Wahrheit über die Zeitreisen enttäuscht habe; aber sehen Sie es doch einmal positiv: Erfahren
     haben Sie es von einem echten Zeitreisenden, denn wie der Stadtplan in

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