Die Landkarte der Zeit
an seinen Zeitreisen teilgenommen hatten.
|127| «Doch, Mr. Murray», antwortete Charles nach kurzem Zögern. «Es war wirklich aufregend. Ich dachte nur …»
«… dass wir in jede Richtung des Zeitstroms reisen könnten», beendete der Unternehmer den Satz. «Ja, ja, ich weiß. Aber so ist
es leider nicht. Ich fürchte, die Vergangenheit entzieht sich unserer Kompetenz.»
Murray betrachtete seine Gäste mit ehrlicher Untröstlichkeit, als wäge er ab, welche Schäden seine Worte bei ihnen angerichtet
haben könnten.
«Das Problem, Gentlemen», seufzte er und lehnte sich in seinem Sessel zurück, «ist, dass wir nicht im Zeitstrom reisen, wie
der Romanheld von Wells, sondern am äußeren Rand entlang. Wir reisen gewissermaßen außerhalb der Zeit durch die Zeit. An der
Rinde entlang.»
Er schwieg und schaute ihnen, ohne zu blinzeln, in die Augen, unerschütterlich, wie Katzen es tun.
«Das verstehe ich nicht», bekannte Charles.
Gilliam Murray nickte, als hätte er keine andere Antwort erwartet.
«Ich will Ihnen ein einfaches Beispiel geben. Ein Gebäude kann man von innen begehen, indem man jedes Zimmer aufsucht. Man
kann es aber auch von außen über die Veranda begehen, nicht wahr?»
Charles und Andrew nickten verdrossen, nicht sehr erbaut darüber, als dumme Jungen behandelt zu werden, wie Murray das anscheinend
für angebracht hielt.
«Es mag Ihnen sonderbar erscheinen», fuhr ihr Gastgeber fort, «aber ich habe mich nicht durch das Buch von Mr. Wells zur Erforschung von Zeitreisen entschlossen. Wenn Sie sein Buch gelesen haben, werden Sie wissen, dass Wells sich damit
begnügt, der Wissenschaftswelt |128| den Handschuh hinzuwerfen und eine Richtung für ihre Forschung vorzugeben. Wenn es allerdings um das Funktionieren seiner
Erfindung geht, umgeht er, im Gegensatz zu seinem Kollegen Verne, geschickt jede realistische Erklärung und beschreibt uns
die Maschine mit Hilfe seiner ausufernden Phantasie, was ja, da es sich um einen Roman handelt, vollkommen legitim ist. Bevor
jedoch die Wissenschaft nicht nachweist, dass der Bau so einer Apparatur möglich ist, bleibt seine Maschine ein Spielzeug.
Ob die Wissenschaft dazu imstande sein wird? Glauben will ich es. Die Erfolge, die unsere Wissenschaftler in diesem Jahrhundert
erzielt haben, stimmen mich überaus optimistisch. Sie werden mir zustimmen, Gentlemen, dass wir in einer einzigartigen Zeit
leben. Einer Zeit, in der der Mensch jeden Tag aufs Neue Gott in Frage stellt. Welche Wunder hat uns die Wissenschaft nicht
in den letzten Jahren beschert! Viele dieser Erfindungen erleichtern uns das tägliche Leben, wie die mechanische Rechenmaschine,
die Schreibmaschine oder der elektrische Fahrstuhl. Andere aber geben uns das Gefühl von Macht, weil sie das Unmögliche nicht
mehr gelten lassen. Dank der Lokomotive können wir lange Entfernungen zurücklegen, ohne einen Schritt gehen zu müssen, und
schon bald können wir uns mit Leuten am anderen Ende des Landes unterhalten, ohne uns von der Stelle bewegen zu müssen, wie
die Amerikaner das schon mit Hilfe des sogenannten Telefons tun. Natürlich wird es immer welche geben, die sich dem Fortschritt
widersetzen, die es als gotteslästerlich ansehen, dass der Mensch seine Grenzen überschreitet. Ich persönlich finde, dass
die Wissenschaft den Menschen erhebt und seinen Anspruch auf die Unterwerfung der Natur festigt, so wie Bildung und |129| Moral uns helfen, unsere ursprüngliche Barbarei zu überwinden. Sehen Sie sich zum Beispiel diesen Chronometer an», sagte er
und zeigte ihnen ein Holzkästchen, das er von seinem Schreibtisch nahm. «Heute wird er in Serie gefertigt, und sämtliche Schiffe
auf den Weltmeeren verfügen über einen. Aber nicht immer wurde nach Chronometern navigiert, denn obwohl es uns jetzt so vorkommt,
als hätte es ihn immer schon gegeben und er zu unserem Alltag gehört, musste die Admiralität erst einen Preis in Höhe von
zwanzigtausend Pfund Sterling ausloben für den, der eine Methode erfand, die Längengrade auf dem Meer zu berechnen, da kein
Uhrmacher in der Lage war, eine Uhr herzustellen, die das Schwanken eines Schiffes verkraftete. Den Wettbewerb gewann ein
gewisser John Harrison, der vierzig Jahre seines Lebens darauf verwandte, eine Lösung dieses wirklich dringenden Problems
zu finden. Als er den Preis schließlich in Empfang nehmen konnte, war er achtzig Jahre alt. Ist das nicht faszinierend? Hinter
jeder
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