Die langen Schatten der Erleuchtung
Kopf.
„Zum Glück ist es nur eine harmlose Platzwunde“, meinte der Arzt in der Notaufnahme, „wir haben sie mit zwölf Stichen genäht. Und eine Rippenprellung wird ihr Freund auch haben. Natürlich steht er unter Schock. Wir haben ihm ein Beruhigungsmittel gegeben. Er schläft jetzt. Wir behalten ihn vorsichtshalber über Nacht da. Aber morgen können Sie ihn nach Hause holen!“
Abends saßen sie auf der Terrasse bei Käthchen und sprachen über Hanif und seine Verletzung.
„Ach, das wird schon wieder“, meinte Käthchen auf der Terrasse zu Jojo, „und zum Winter-Schlussverkauf passiert das Hanif bestimmt nicht noch einmal!“
In diesem Augenblick kam Gary mit Lissy durch den Garten geschlendert. Er führte seine neue, gelbe Jacke vor und sah besser aus denn je. Lissys rot-grüner Irokesenschnitt war frisch gefärbt. Trotz des warmen Wetters trug sie eine Jeans und darüber einen karierten Schotten-Rock. Dazu geschnürte Springerstiefel mit einem metallenen Stachelsaum. Sie schob einen Rollstuhl vor sich her. „Darf ich euch meine Lissy vorstellen?“, strahlte Gary alle an. Lissy blickte rotzfrech in die Runde und sagte: "Ey, Leute! Ich hab´ mir gedacht, ich bring´ euch mal einen AOK-Shopper mit, wenn ihr euren Hanif morgen abholt. Schließlich muss er sich noch ein wenig schonen!“ Sie stellte den Rollstuhl auf der Terrasse ab. Dann gingen Gary und sie ins Haus. Wenig später drang aus Garys Zimmer laute Punkmusik. Vera, die das Zimmer unter Gary hatte, erschien auf der Terrasse und schüttelte genervt den Kopf: „Erst diese entsetzliche Musik, und jetzt treiben sie es wohl noch auf der Sonnenbank, meine Lampe an der Decke scheppert nur so!“
„Oh, wie romantisch!“, meinte Jutta und lächelte spitzbübisch. „Habe ich euch eigentlich schon erzählt, dass ich heute Abend mit Giaccomo verabredet bin. Er hat mir den Bikini verkauft! Er ist Italiener. Oder fast. Seine Mutter ist Deutsche! Aber das Temperament und den Charme hat er von seinem italienischen Vater. Er hat mich zum Japaner eingeladen. Zum Sushi essen! Mal was anderes, als diese ewigen Nudeln und Käseaufläufe. Ja, der Junge ist was ganz Besonderes, das hab ich gleich gemerkt! Es kann also sein, dass es heute später wird, und dass ich ihn mitbringe, Jojo!“
„Es gibt nichts Schöneres als liebe Gäste…! Ich wünsche euch einen schönen Abend!“, antwortete Jojo, der sich inzwischen ein wenig mit dem Rollstuhl vertraut machte, denn er sollte morgen Hanif abholen.
Käthchen hatte wieder ihre Lampions angezündet und ein Teelicht auf den Tisch gestellt. Harald gähnte. „Ich habe morgen wieder einen anstrengenden Tag!“, meinte er und erhob sich. Marlies blieb noch. Jutta schaute auf ihre Uhr: „Ja, da will ich auch mal langsam los - ich darf meinen Giaccomo nicht zu lange warten lassen! Man sieht sich…“ Mit diesen Worten schlenderte sie mit schwingenden Hüften durch den Garten zur Straße.
Die Punkmusik aus Garys Zimmer war verstummt. „Das Konzert ist wohl zuende“, hoffte Vera, „vielleicht habe ich ja jetzt meine Ruhe! Bis morgen!“
Schließlich saßen nur noch Käthchen, Marlies und Jojo auf der Terrasse.
„Und wie geht es dir so, Jojo?“, fragte Käthchen.
„Wie immer“, antwortete Jojo, der eines der neuen T-Shirts trug, „ich bin zufrieden. Nur bin ich es ja gewohnt, im Freien zu übernachten und nicht in einem Haus. Ich habe eine Bitte: Könnte ich nicht hier auf deiner Terrasse schlafen?“
„Mach das, mein Jung!“, antwortete Käthchen.
„Stört es dich überhaupt nicht, Jojo, dass Jutta jetzt mit dem Verkäufer ausgeht?“, fragte Marlies mitfühlend.
„Man sollte sich immer freuen, wenn es allen gut geht, Marlies! Und man darf nicht an vergangenem Glück haften. Unser Leid beginnt damit, dass wir unsere glücklichen Momente festhalten und wiederholen wollen. Und auch Jutta hängt nicht an der Vergangenheit, wie du siehst. Und das ist gut so.......“
Die streunenden Katzen der Umgebung mieden von dieser Nacht an verstört den Garten vor Käthchens Terrasse. Das tiefe Schnarchen von Jojo ließ sie furchtsam einen großen Bogen um das Haus machen.
Alles geht, - nur der Frosch hüpft!
Hanif
Hanifs Genesung oder wie Meister Jojo ihm zur Wunderheilung verhilft.
Hanif, du hast ein riesengroßes Loch im Kopf! Wenn du nicht wachsam bist, gehen die Traumvögel wie
Weitere Kostenlose Bücher