Die langen Schatten der Erleuchtung
Frau vor einem Milchkaffee und sprach dabei mit angestrengtem Blick in ihr Handy: „...ich habe heute Ulrich am Schulterblatt getroffen, - da hat er gerade mit Erna telefoniert! Ja, Ulrich ist ein netter Typ, - der hat es gerne, wenn man ihn anruft.....“
Als die weibliche Bedienung kam, bestellte Hanif zweimal das große Frühstück. „Nach dem Frühstück, Meister Jojo, benötige ich einmal deinen Rat! Es sind da einige Probleme aufgetaucht!“
Hanif saß bereits vor seinem leeren Teller und trank seine zweite Schale Milchkaffee, während Jojo ein Brötchen mit Butter und Marmelade bestrich. Hanif holte aus der Tasche seiner Latzhose eine Schachtel Zigaretten und zündete sich eine an.
„Die Sache ist nämlich die…“, begann Hanif, lehnte sich bequem in seinem Rollstuhl zurück, zog an seiner Zigarette und blies den Rauch über Jojos Marmeladebrötchen, „seit einiger Zeit fühle ich wieder die Versuchung. Und diesmal scheine ich ihr nicht mehr widerstehen zu können wie früher. Mit fortschreitendem Alter scheint diese Schwäche wieder von mir Besitz zu ergreifen!“
Meister Jojo schluckte den letzten Bissen seines Marmeladebrötchens herunter: „Um was für eine Art von Versuchung handelt es sich denn, Hanif!"
„Eigentlich um mehrere, Meister Jojo, aber die stärkste Verlockung stellen wohl die Frauen für mich dar!“
„Das ist bei deinem Alter sehr erstaunlich!“
„Ich habe da etwas übertrieben, eigentlich ist es nur eine Frau!“
„Das macht es aber nicht weniger erstaunlich, Hanif! Kenne ich sie?“
„Wohl kaum, Meister Jojo! Diese Frau sagt nichts zu mir - und dennoch geschieht etwas mit mir. Ich glaube, ich verliere die Kontrolle über mich! Du sagst zwar immer, das Leben sei ein wundervolles Spiel, in dem alles erlaubt ist wie in einem Traum...... Doch wie kann es nur sein, dass der Anblick dieser Frau soviel Unruhe in mir erzeugt?! Was soll ich nur tun, um meinen Seelenfrieden wieder zu finden?“
„Mein lieber Hanif, ja, ich weiß, dass dieser Traum hier in der Fremde sehr verführerisch ist. Aber gerade deshalb eine gute Gelegenheit, noch wacher zu werden. Zunächst einmal rate ich dir, nimm das Lachen ein bisschen ernster. Und mache dir keine Sorgen. Bitte, gehe deiner Verwirrung auf den Grund und überlasse dich der Versuchung. Man sollte nämlich auch die Mäßigkeit nicht bis ins Extrem treiben...!“
„So etwas Ähnliches habe ich mir auch schon gedacht! Ich habe nämlich im Krankenhaus viel Zeit gehabt, meine Gefühle zu ordnen! - Nur kann ich jetzt noch nicht ohne Beschwerden gehen! Könntest du mich nicht zu ihr hinfahren, Meister Jojo?“
Jojo aß sein zweites Brötchen auf. Vor wenigen Minuten hatte er noch gedacht, er könnte auf das Frühstücksei verzichten, aber jetzt war er froh, noch etwas auf dem Teller zu haben.
„Ist es weit bis zu ihr, Hanif?“
„Für einen Mann deiner Statur - nicht der Rede wert!“
„Der hat doch tatsächlich auf der Terrasse geschlafen, Jutta!“
„Ich habe keine Ahnung, Marlies! Ich war heute Nacht nicht zuhause! Ich bin mit Giaccomo um die Häuser gezogen - bis heute morgen! Dann haben wir noch wunderbar gefrühstückt, und wenn ich nicht im Delirium war, dann meine ich, Jojo und Hanif im Rollstuhl auf der Piazza gesehen zu haben!“
„Das kann gut angehen: Jojo wollte Hanif ja abholen! Obwohl ich es ein wenig übertrieben von Lissy finde, gleich mit einem Rollstuhl anzurücken! Sie meinte ja, man müsse den Leuten nur einreden, sie seien sehr krank und schwach, dann gehen sie um so mehr dagegen an!“
„Ach, weißt du, Marlies! Das interessiert mich jetzt alles gar nicht - Hanif in seinem Rollstuhl oder Jojo auf seiner Terrasse, der unbedingt wie ein Pfadfinder im Garten schlafen will! Sollen sie doch alle! Mein Giaccomo ist da ein ganz anderes Kaliber! Der weiß, was einer Frau wie mir gefällt! Erst waren wir japanisch essen! Toll, sage ich dir! Mit rohem Fisch! Dann sind wir später ins Fools gegangen, haben etwas getrunken und bis in den frühen Morgen getanzt! Es war herrlich! Und Giaccomo ist ja auch beruflich so erfolgreich, er hat einen schicken Wagen und auch noch eine Eigentumswohnung, stelle dir das mal vor!“
„Sieht er auch gut aus?“
„Jaaa!!!! Schlank und dunkle Haare! Na ja, er ist nicht gerade groß, aber er kleidet sich modisch, der läuft nicht so in dem typischen Sachbearbeiter-Outfit herum. Alles Grau in
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