Die Lanze Gottes (German Edition)
sympathisierte. Dennoch gehörte er seit Kurzem zur Bruderschaft. Das verpflichtete ihn in gewisser Weise zur Königstreue. Das Treffen der Bruderschaft fand auf seinem Palas, der Burg Gleichen, statt. Rheinfelden hatte darauf hingewirkt. Den Zwiespalt, im Herzen ein Sachse zu sein und zum anderen der Mauritiusbruderschaft die Treue geschworen zu haben, wollte Wilfrieds Lehnsherr ausnutzen, um Eckbert und andere Zweifler endgültig auf seine Seite zu ziehen. Der junge Markgraf schien, wie viele seiner sächsischen Landsleute, hin und her gerissen zwischen dem König und Otto von Northeim. Die Burg war wie geschaffen, den sächsischen Angehörigen der Bruderschaft zu beweisen, dass es höhere Ziele gab, als die der Abstammung.
Wilfried nickte seinem Lehnsherrn zu. Rudolf erhob sich und richtete das Wort an die Gemeinschaft. »Meine Brüder, Wilfried von Breyde hat Beweise dafür gefunden, dass die echte Heilige Lanze noch existiert. Wenn sie jemand findet und Heinrich etwas über die Mauritiusbruderschaft erfährt, wird man uns Betrug und Gotteslästerung vorwerfen, und wir sind alle des Todes.«
Wilfried schwieg und überließ Rheinfelden das Reden. Er beobachtete, wie ein großer verwachsener Mann sich erhob und um das Wort bat. Rudolf gewährte es ihm. Es handelte sich um Gottfried den Buckligen, Herzog von Niederlothringen.
»Rudolf, wir können die Lanze Gottes nicht vernichten. Sein Zorn und ewige Verdammnis wären uns gewiss. Es ist schon schlimm genug, dass wir alle dazu verdammt sind, mit einer Lüge zu leben, und ein jeder hier hofft darauf, dass Gott ihm vergibt, denn er weiß, es geschieht zum Wohl des Reiches. Doch Ihr könnt nicht von uns verlangen, dass wir eine echte Reliquie zerstören.«
Es ging ein Raunen durch die Halle und die Fürsten sprachen wild durcheinander. Ein jeder von ihnen wusste, dass Gottfried der Buckelige recht hatte.
Rudolf hob seinen Arm und das Gemurmel verstummte. Alle blickten ihn an. »Ich stimme Euch natürlich zu, Gottfried, aber das werden wir auch nicht tun. Von Breyde wird die Heilige Lanze für uns finden. Die Mauritiusbruderschaft wird sie dann beschützen. Die Waffe im Besitz des Königs ist zu bekannt. Wenn sich die beiden Lanzen ähneln, tauschen wir sie einfach aus und das Geheimnis
bleibt bewahrt. Ähneln sie sich nicht, wird die echte an einen sicheren Ort gebracht, der nur der Bruderschaft bekannt ist, und wir bewahren sie zum Schutz des Königs, zum Schutz des Reiches und zu Ehren Gottes«, antwortete Rudolf.
Die Männer nickten einstimmig und Wilfried erhob sich. »Ich weiß das Vertrauen der Bruderschaft zu schätzen und werde es nicht enttäuschen.« Er spürte, wie ihm der Schweiß ausbrach, als er die Worte aussprach, versuchte jedoch, sich nichts anmerken zu lassen und blickte Rudolf an, der sich wieder allen zuwandte. »Wie Ihr wisst, weitet sich die Fehde mit den Sachsen aus. Es sei denn, der König entschließt sich, Otto von Northeim und sein Gefolge in Goslar zu empfangen. Vielleicht kommt es dort zu einer Einigung. Wenn nicht, wird es einen Bruderkrieg geben. Und auch unter uns sind sächsische Fürsten.«
»Kein ehrbarer Fürst in Sachsen wird sein Schwert gegen den König erheben!«, stellte Gottfried der Bucklige klar und die Männer nickten zustimmend.
Rudolf blickte ernst in die Runde. »Das ist wahr, jedoch ist der König nicht gänzlich unschuldig an diesem Konflikt. Einen Bruderkrieg zu riskieren, ist eines gerechten Herrschers nicht würdig.«
Wilfried wusste, einige Mitglieder der Mauritiusbruderschaft waren nicht einverstanden mit der Sachsenpolitik Heinrichs und er wartete gespannt auf ihre Reaktionen. Einen Augenblick herrschte Schweigen, dann stand Eckbert von Meißen auf. »Ihr seid ein weiser und gerechter Mann, Rudolf von Rheinfelden. Ihr wäret ein gerechterer König als Heinrich!«
Rheinfelden erhob sich ebenfalls, trat auf den jungen Markgrafen zu und legte seine Hand auf dessen Schulter. »Ihr seid ein treuer Freund! Doch sprecht nicht solche Worte, wir sind alle dem Reich und dem König verpflichtet, auch wenn die Zeiten schwierig sein mögen.« Dann blickte er wieder zu den Männern. »Es ist gleichgültig, ob wir nun Schwaben, Bayern oder Sachsen sind, Gottes Zorn wird denjenigen treffen, der dem Reich Schaden zufügt.«
Eckbert nahm sein Schwert vom Tisch und zog es aus der Scheide. »Hoch lebe Rudolf von Rheinfelden und die Bruderschaft des Heiligen Mauritius!«, proklamierte er mit erhobener Waffe.
Die anderen
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